Bevor der Sommer Rum ist

… noch ein paar laue Abende auf dem Balkon verbringen. Dazu passt Rum, besser als was Rauchiges von Islay. Nach meiner Einstiegsexkursion nun ein paar Vertreter aus der Preisklasse 50-100€:

Eine Flasche Cerro Negro aus Nicaragua.

Cerro Negro 1989 mit 42%Vol.

Ein Jahrgangsrum aus Nicaragua, benannt nach einem in diesem Land gelegenen aktiven Vulkan. Hergestellt aus Melasse, gelagert in Kentucky Bourbon Casks.

Nose: Liegt ölig und schwer im Glas. Die süßen, dunklen Fruchtnoten erinnern mich an die Korinthen, die ich als Kind heimlich aus dem Speiseschrank meiner Oma genascht hab. Marzipan und Kaffee haben dezente Röst- & Kräuteraromen im Schlepptau. Vanille und Kleber verweisen auf das Eichenholz aus Kentucky.

Taste: Röst- & Kräuteraromen sind von Anfang an dabei und verschwinden auch nicht mehr. Die Süße fährt zweigleisig: Einerseits Pflaumenlikör, andererseits Melasse; das spiegelt sich auch in der Konsistenz wieder.

Finish: Erst saftig-süße Rosinen, dann stoßen einige Gewürze hinzu und machen den Weg frei für trockenes Eichenholz – schöner Effekt, aber mir stecken da eine Spur zu viele Tannine und Kräuter drin.

Fazit: Diese Art von Kräuter (jägermeisteresk) waren noch nie so meins. Rum schätze ich eigentlich wegen seiner fruchtigen Seiten. Die kommen hier definitiv zu kurz. Als Gesamterfahrung aber durchweg positiv. (83)

Eine Flasche Rum aus der Epris Distillery, abgefüllt von Duncan Taylor in Großbritannien.

Epris 1999 DT Cask 8 mit 46,3%Vol.

Ein Einzelfass aus der Epris Distillery in Brasilien, destilliert im Oktober 1999 im Column Still-Verfahren. Im Februar 2016 bekam der unabhängige Abfüller Duncan Taylor noch 158 Flaschen aus dem Fass.

Nose: Relativ leicht und sanft, außer Lakritz und Kümmel findet sich lediglich etwas fruchtige Melasse.

Taste: Etwas harscher, als man es nach 16 Jahren erwartet, New Make-Feeling kommt auf. Neben Bittermandeln und Kaffee werden auch Kräuter aktiv. Röstaromen manifestieren sich.

Finish: Vogelbeeren in Alkohol, geröstete Getreidekörner und Marzipan laufen flach aus.

Fazit: Wirkt sehr jung. Hinzu kommt, dass relativ tote Hose ist, die wenigen Aromen können nicht überzeugen und passen oft auch nicht zueinander. (71)

Eine Flasche 15-jährigen Guyana-Rums.

Berry’s Own Finest Guyanan Rum 15 Jahre mit 46%Vol.

Noch ein Melasse-Rum, diesmal aus der letzten verbliebenen Brennerei Guyanas, der Diamond Distillery, die unter dem Dach der Demerara Distillers. Ltd. für viele verschiedene Rum-Marken, z.B. El Dorado, verantwortlich ist. In den Verkehr gebracht vom Abfüller Berry Bros. & Rudd.

Nose: Vanille und weiche Gummibärchen – gelbe, weiße, orangene. Watte. Eiche hebt kurz die Hand und plötzlich sind da Rosinen und Trockenpflaumen.

Taste: Simpel und geradlinig in der Struktur. Vanille und Kleber, das Eichenholz bestimmt den Rum.

Finish: Die Vanille wird von einer nussigen Süße begleitet. Angenehmes Eichenholz kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Alkohol nicht gut integriert ist. Aber das Gras gefällt mir.

Fazit: Nichts besonderes, nichts herausragendes. (75)

Eine Flasche Rum von La Réunion.

Rivière du Mât 2011 LMDR Batch 4 mit 49%Vol.

Die 1886 gegründete Brennerei Rivière du Mât liegt auf der Insel La Réunion, einem französischen Übersee-Département. Es handelt sich um einen aus Zuckerrohrsaft hergestellten Rhum Agricole, der bis 2021 in ehemaligen Cognacfässern und in neuen, zuvor unbehandelten Fässern aus französischer Eiche lagerte. Aus der „La Maison du R(h)um“-Serie, Output war 3.224 Flaschen.

Nose: Als wäre man im Wald in eine Hecke gefallen: Blütenblätter, Nadelsträucher, Brennnesseln und die eine oder andere Beere. Zu dieser aromatischen Mischung gesellen sich noch harzige, wachsige und honigsüße Komponenten. Orangeat und Berberitzen verbreiten wohlige Wärme.

Taste: Harz und Kiefernnadeln all over the place. Der Alkohol drückt ein bisschen, lässt den Rhum sehr würzig erscheinen.

Finish: Wieder dieses Harz und die Nadelblätter, fast schon ätherisch. Holz hinterlässt würzige Eindrücke.

Fazit: Wie ein ausgiebiger Waldspaziergang. Beim Trinken eindimensional, da kommt leider sehr wenig. (82)

Eine Flasche Monymusk-Rum.

Monymusk 2012 R&BT Small Batch 01 mit 46%Vol.

Ein jamaikanischer Rum abgefüllt von Rest & Be Thankful. Grundzutat ist Melasse, welche nach der Fermentation auf Pot Stills am 21.09.2012 gebrannt wurde. Bis zum 02.03.2022 lagerte der Rum in amerikanischer Eiche. Das Batch besteht aus 24 Fässern und ergab 6.076 Flaschen.

Nose: Ausgesprochen frisch und fruchtig; zwischen Birne, Banane und hellen Trauben verbergen sich auch einige kandierte Ananasstückchen. Weiter geht’s mit Rosinenbrötchen und Rapshonig, später noch Harz und frische Datteln.

Taste: Auch hier kommen die Ester gut raus, die hellen Früchte sprechen für sich. Kräuter, Harz und Honig strahlen etwas künstliches aus. Auch die Röstaromen sind ein Spielverderber.

Finish: Hat was von Hustensaft. Melasse und verbrannte Kräuter ziehen den Abschluss in die dunkle Richtung. Harz und Zitronengras betonen nochmal die Frische.

Fazit: Hier finde ich endlich mal die fruchtigen Ester, die mir bei Rum so gut gefallen. Allerdings passt die Balance nicht so ganz und am Gaumen wirken einige Aromen ziemlich fehl am Platz. (81)

Eminente – Ron de Cuba 7 Jahre mit 41,3%Vol.

Eine weitere Karibikinsel, ein weiterer Melasse-Rum. Gereift auf Kuba in Bourbonfässern. Die Marke „Eminente“ gehört Moët Hennessy.

Nose: Vielversprechender Start mit Kokos, Karamell und Aprikose. Verwoben und ruhig. Der Kokos wird immer würziger bis endlich Eichenholz daraus geworden ist. Mit Limette, Vanille und Honig bleibt es auch weiterhin gefällig.

Taste: Fruchtige Esternoten breiten sich aus. Bananen hauptsächlich, aber auch Honigmelone und gelber Apfel. Mandeln und Harz schlagen eine neue Richtung ein, es harmoniert aber ganz gut.

Finish: Ein Dialog zwischen fruchtigem Ester und nussig-würzigem Eichenholz, bestens ausbalanciert. Schade, dass er so schnell vorbei ist. Nur ein paar Grashalme und Mandelöl halten länger durch.

Fazit: Runde Sache, lieblich im Auftritt und leicht. Fehlnoten glänzen durch Abwesenheit. Jetzt noch etwas Schmackes und Finesse, dann kann ich mir schon vorstellen, mir regelmäßig auch mal einen Rum ins Glas zu gießen. (83)

Final überzeugt bin ich nicht von der Auswahl. Bei R(h)um gibt es – wie beim Whisky – viele unterschiedliche Stile, da muss ich mich als Neuling wohl weiter durchprobieren, bis ich was für meinen Geschmack finde.

Samples privat gekauft, eine Zugabe von Robin | Bilder mit freundlicher Genehmigung von Robin bzw. eigenangefertigt