Eins-Null-Null-Null

Und da begab es sich zu jener Zeit, dass die Zahlen immer größer wurden und der kleine Whiskyblogger sich langsam um das anstehende Jubiläum kümmern musste. Er ging in sich befragte sich, ist das wieder ein klassischer 100er? Soll ich Octomores verkosten? Warum nicht, dachte er. Aber es ist eine große Zahl, also müssen es viele sein. Und es braucht ein echtes Finale! Mit diesem Gedanken im Kopf machte er sich auf und ging an die Samplekiste, befragte die Whiskyszene nach möglichen Kandidaten und legte alles zurecht. Denn der Tag würde bald kommen. Der Tag ist heute. Vorhang auf, erster Akt neunhundertvierundneunzigster Akt.

Octomore Edition 09.2 διάλογος / 156 PPM (994)

Eine Flasche Octomore 09.2

Der jüngste im heutigen Bunde. Also zumindest was das Abfülldatum angeht. 2018 mit fünf Jahren in 12000 Flaschen gefüllt. Das Bordeaux Finish bringt es auf 58,2%. Es wurde 100% schottische Concerto Gerste verwendet, die auf 156PPM getorft wurde. Abgefüllt wurde exklusiv für den Travel Retail. Link zur Whiskybase

Nase: Am Anfang total verschloßen. Das erwartest du dass dich der Dram anschreit und prüfst nochmal ob du nicht dein Wasserglas zum Nosen genommen hast. Nach einiger Zeit kommen dann Früchte, vor allem vergorene. Leicht beissende Dämpfe, die aber nicht unangenehm sind. Da ist auch noch Vanille.

Mund: Schöne Frucht, wenn man ihn lang genug kreisen lässt. Rote Beeren und auch helle Früchte. Allerdings… das ist doch ein Octomore. Für mich fühlt sich das nicht danach an. Mit Wasser ist es schon eher treffend.

Abgang: Ein wenig helle Frucht, ein wenig Bitterstoffe. Torf kommt nach einiger Zeit erst raus. Das ist quasi das Highlight. Zusammen mit dem leicht betäubten Mundraum. Hm… Wasser macht ihn trocken, das ist von Vorteil.

Fazit: Ziemlich farblos und enttäuschend. Für einen Octomore zumindest. An sich ist das kein schlechter Whisky. Nur nicht was ich erwarten würde. Adam Hanett sagt „This is going to be legendary in years to come.“ – vielleicht muss ich ihn einfach in ein paar Jahren nochmal probieren. 84/100

Octomore Edition 08.1 Masterclass / 167 PPM (995)

Eine Flasche Octomore 08.1 Masterclass

Ein Jahr früher kam die Masterclass Serie auf den Markt. Die 08.1 hatte damals 8 Jahre in Fässern aus verschiedenen Bourbon Destillerien hinter sich. U.a. Buffalo Trace, Clermont Springs, Four Roses, Heaven Hill und Jack Daniels. Es müssen ziemlich viele Fässer gewesen sein, denn man hat es auf satte 42000 Flaschen mit 59,3% geschafft. Link zur Whiskybase

Nase: Salzig und torfig geht es los. Da ist außerdem sehr viel grüner Tee. Dazu kommt etwas Vanille und Holz. mit der Zeit ein paar Nüsse und eine süße Creme aus einem Gebäck. Eine leicht vergorene Fruchtigkeit ist auch noch da.

Mund: Im ersten Moment leicht scharf. Pfeffer und Ingwer. Dann kommt eine dichte und cremige Textur. Er ist leicht mineralisch, dann prickelnd fruchtig. Immer Salz und Torf beigemengt.

Abgang: Süß und fruchtig, dann plötzlich ganz kurz Bleistift. Danach klingt er leicht prickelnd und wärmend aus. Torf ist fast gar keiner mehr da. Das geht dann leicht in nussig-erdiges Profil über.

Fazit: Ziemlich leckerer Stoff. Es fehlt ein wenig das allerletzte „Wow“, aber sonst ist da nicht viel zu meckern. 89/10

Octomore 10-year-old Second Edition (996)

Eine Flasche Octomore 10-year-old Second Edition

Als kleiner Einschub zur normalen Reihe einer der Zehnjährigen. Die 2te Edition davon kam 2016 auf den Markt. Die 18000 Flaschen wurden aus First Fill Bourbon mit einem Finish in Grenache Blanc mit 57,3% gefüllt. Link zur Whiskybase

Nase: Unglaublich intensive Torfnoten und eine sehr dichte Süße. Speck, so dick mit süßer BBQ-Sauce bestrichen, dass man quasi nichts mehr davon sieht. Dazu auch Rauch und Metall. Nach einiger Zeit verfliegt der Torf etwas. Dann kommt eine Creme Catalan, mit ordentlich Vanille. Dazu gezuckerte Früchte.

Mund: Kräuter, Salz und Rauch bieten den ersten Eindruck. Dabei ist er für die Stärke und die Intensität erstaunlich trinkig. Das Weinfass ist präsent. Getorfte Trockenbeerenauslese. Viele Früchte, schöne Balance.

Abgang: Erst trocken, dann salzig, dann fruchtig. Aber nicht Fruchtsüß, eher die Fruchtigkeit die gekochtes Gemüse entwickeln kann. Er ist immer sehr präsent. Extrem intensiv. Bleibt sehr lange. Später kommt dann auch noch ein Kaffeelöffel den man sehr lange im Mund behält. 

Fazit: Puh… den fand ich jetzt fast anstrengend. Beziehungsweise fordernd ist das bessere Wort. Trotzdem ist er irgendwie trinkig. Überrascht hat mich, wie gut es das Weinfass noch durch den Rauch schafft. Oder auch wieder nicht, das funktioniert auf diese Art eben genau bei Octomore. Vielleicht nicht der beste, aber sicher kein schlechter Vertreter. 89/100

Octomore Edition 07.1 / 208 (997)

Eine Flasche Octomore Edition 07.1

Und immer weiter in die Vergangenheit: Bereits 2015 wurden die 07.x abgefüllt. Die erste davon ist aus schottischer Gerste vom Festland destilliert. Diese wurde auf ganze 208ppm getorft. Abgefüllt wurde mit 59,5% in eine diesmal unbekannte Zahl an Flaschen. Die Eckdaten sagen rohe Gewalt voraus. Link zur Whiskybase

Nase: Viel süßlicher Rauch rund um ein Vanillegebäck. Warmes Fett glänzt noch auf der Oberfläche. Etwas Banane, eher noch unreif. Limettensaft darüber. Ein Lagerfeuer am Strand wird entzündet.

Mund: Viel Kohlenstaub und Asche blitzen kurz auf. Dann wird es schnell sehr fruchtig und gleichzeitig recht würzig. Pfeffer, Zitrone, Vanille als Marinade über einem Stück Bauchspeck am Grill.

Abgang: Saftige Früchte drücken sich zwischen die Trockenheit und den Rauch. Dazu etwas sehr Grünes. Erbsen oder Bohnenkraut? Dazu deutlich salzig.

Fazit: Ziemlich lecker und damit auf dem oberen Ende der „sehr solide“-Skala. Es bleibt aber kein Eindruck den man von dem Preis oder Mythos eines Octomore erwarten würde. Die Brutalität, die man vermuten könnte, hat er mMn auch nicht. 87/100

Octomore Edition 07.3 / 169 (998)

Eine Flasche Octomore 07.3

Die x.3-Abfüllungen sind immer die Local Barley. Lokal heißt in diesem Fall von nur einer Farm (Octomore) und sogar von nur einem Feld (Logba). Die Reifung erfolgt sowohl in American Oak als auch in Ribera del Duero Weinfässern. Link zur Whiskybase

Nase: Wunderbar torfige und farmige Noten verbinden sich mit den fruchtigen Noten der Weinfässer. Da sind schwere Weißweinnoten. Moment mal. In der Ribera del Duero wird doch kein bzw. kaum Weißwein angebaut. Nach einer kurzen Zeit wird es dann auch anders. Eher dunkle Früchte kommen dazu. Genauso wie Tabak und intensive Gewürze.

Mund: Süßlich und erstmal kaum torfig. Ein wenig Kuchenboden. Der Fruchtmix oben drüber. Dann kommt eine torfige Marinade oben drauf. Und ab in den Ofen für ein paar schöne Röstaromen. Auch ein paar Kräuter sind dazwischen.

Abgang: Jetzt wird es wieder eher Octomore-typisch. Gestampfter Boden, Kuhstall, Torf. Die Süße ist mittlerweile weniger fruchtig, mehr puderzuckrig.

Fazit: Er beginnt aufregend und flacht dann hinten raus ab. Ein schöner Dram, mit dem man viel Zeit verbringen kann. Er ist aber schon eher für Fans torfiger Whisky mit heftigem Fassfinish. Auf der Suche nach dem Gral der Octomore wird man hier am Ende vergeblich graben. 88/100

Octomore Edition 05.1 / 169 (999)

Eine Flasche Octomore 05.1

Weiter zurück geht es in der Zeit. 2012 kam die Nummer 05.1 auf den Markt. 18000 Flaschen, gefüllt aus American Oak Casks. 59,5% stark und mit 169ppm getorft. Link zur Whiskybase

Nase: Das ist erstmal eine Gewalttat für das Geruchsorgan. Mit einem riesigen Torffeuer, Kalkstaub der in die Luft gewirbelt wird. Schieferplatten werden immer heißer. Eine fruchtige Kräuterlimonade wird ins Feuer gekippt und verdampft sofort. Es wird ruhiger. Gischt und eine Meeresbrise geben langsam den Duft vollreifer Früchte frei. Ein wenig Holz kommt dazu.

Mund: Die fast 60% sind sofort spürbar. Das Zwicken in der Zunge wird dann schnell fruchtig, mit einem leichten Einschlag in Richtung Menthol. Salz kommt auf dazu und begleitend auch wieder der Torf. Viel zahmer allerdings als noch in der Nase. Lässt man ihn durch den Mund kreisen, dann dominieren Zitrusfrüchte, Asche und Rauch.

Abgang: Erst würzig und wärmend, dann zitronig und torfig, dann nussig und trocken geht es dem Ende zu. Der Speichel im Mund wird immer weniger und die Aromen kleben sich an die Schleimhäute. Ein Vanilleblätterteiggebäck kommt daher. Auch das passt noch irgendwo dazwischen.

Fazit: Der ist lecker. Ich bin erstaunt, dass er in der Base gar nicht so gut wegkommt. Trotz der Brachialität, die er immer wieder ausstrahlt, ist trotzdem viel Balance da. Gefällt mir! 88/100

Octomore Edition 02.2 / 140 Orpheus (1000)

Eine Flasche Octomore 02.2 Orpheus und ein Hochlandrindplüschtier

Der letzte Akt. Vorhang auf. Bühnenbild in schwarz, silber und rot. Orpheus betritt die Bühne.
So heißt nämlich die Nummer 1000. Der 2009 abgefüllte und fünf Jahre junge Octomore, der ist zu großer Berühmtheit geschafft hat. Nicht durch 61% oder 15000 Flaschen. Sondern durch die Château Petrus Weinfässer in denen er gefinished wurde. Und angeblich ist er auch noch einer der besten Octomore überhaupt. Wir werden sehen. Link zur Whiskybase

Nase: Verschlossen. Sehr verschlossen sogar. Eine leichte Süße, ein leicht beißender Rauch, wenn man ganz tief einatmet. Er lässt sich Zeit. Nach ein paar Minuten und einigen Umdrehungen im Glas geht es dann los. Gletscherbonbons in einem Kübel feuchter Erde. Gezuckerte Rote Früchte, Lederriemen, edle Hölzer. Fruchtiger Tabak und Früchtetee. Orangenmarmelade. Ihr wisst, die mit Schale drin. Das ganze wird umschlossen von Torf, Rauch und manchmal auch ein wenig Kuhstall. Mehr rahmengebend als einschließend.

Mund: Eine süße Melange aus Rauch, Asche und Hölzern nicht den ganzen Mund ein. Dabei ist er erstaunlich weich für den hohen Alkoholgehalt und weniger erstaunlich fordernd in den Aromen. Die roten und dunklen Früchte können sich kaum noch durchkämpfen, zusammen mit etwas Honig gelingt es ihnen nur hier und da.

Abgang: Auf dem Rost über dem Torfrauch trocknen Tabakblätter und Eukalyptus. Rosa Pfeffer wird aufgebrochen und auf einem Kuchen mit Honigglasur und Johannisbeeren verteilt. Asche und Hölzer sind weiterhin sehr präsent. Die Länge ist gigantisch.

Fazit: Nun, Orpheus war ein Dichter. So wie auch er vielleicht sprachliche Bilder malte kann man dies auch mit seinem flüssigen Namensvetter tun. Ich hatte viel Spaß damit, wenngleich ist zugeben muss: Der ist sicher nicht für jede*n geeignet. Ich würde sogar sagen nichtmal für jede*n Peathead. Geht es in der Nase noch vergleichsweise harmlos zu, ist dann im Mund schnell Feierabend. Das muss man schon aushalten können. Ein Kunstwerk oder ein künstliches Werk? Ich finde es ist eine Bereicherung für die Whiskywelt, aber nicht der beste Octomore, den ich je getrunken habe. 90/100 Vorhang zu.

Nie wieder Octomore!

Weil ich schon alles gesehen und getrunken habe? Nein, sicher nicht. Ich hab auch nicht vor nie wieder Octomore zu trinken und zu reviewen. Allerdings nicht mehr für die 100er. Dank der kräftigen Mithilfe von Astrid purzeln die Zahlen hier eine nach der anderen. Und auch wenn es mir wichtig war die 1000 noch in der Tradition abzuschließen, betriebe ich es weiter, dann würde es mir zu anstrengend. So mache ich den Weg frei für neue Dinge, die hier in Zukunft passieren können. Und das nicht ohne Danke zu sagen:
Danke Priscilla wie auch meinem ganzen Umfeld, die mich einfach machen lassen und meine Verrücktheit nicht hinterfragen!
Danke Stefan, der wohl vor 20 Jahren den Grundstein hierfür gelegt hat!
Danke den Herstellern, Abfüllern und Händlern für den immer neuen Stoff!
Genauso wie den Freund*innen aus der Whiskywelt und der inspirierenden und pulsierenden Whiskybloggerszene!
Danke für eure Aufmerksamkeit, die Teil des Antriebes darstellt!
Und last but definetly not least danke den Beteiligten hier am Blog. Allen voran Astrid und Christian, die beide ganz individuell einen guten Teil hier überhaupt möglich machen!

Eintausend! EINF*CKINGTAUSEND REVIEWS! Ich kann es immer noch kaum glauben.

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Bilder: Eigene Anfertigung und freundliche Überlassung der Whiskybase
Samples: Eigene Flaschen und privat gekauft