Altes Zeugs (III)

Im Zuge der monatlichen Sampleinventur fällt mir immer wieder mal ein Fläschchen in die Hand, das mich neugierig macht, sich aber thematisch nicht so recht in meine geplanten Beiträge integrieren lässt. Sind diese Whiskys aber alt genug, finden sie in dieser Rubrik Platz; ergibt dann immer einen schönen bunten Haufen.

Tamnavulin 1970 The Stillman’s Dram Casks 2571 – 2573

Eine Flasche Tamnavulin 'The Stillman's Dram', destilliert in 1970. Die Fässer Nr. 2571, 2572 & 2573 wurden hierfür verwendet.

Oak Casks 06.1970 bis 08.1986 / 40%Vol. / Link zur Whiskybase

Ein Stillman ist für die Überwachung des Brennvorgangs zuständig, er trennt Vorlauf und Nachlauf vom Herz des Brandes ab. Diese Abfüllung wurde aus drei Fässern kreiert, welche zusammen 1.224 Flaschen ergaben, dieses Sample stammt aus Flasche Nummer 32.

Nose: Ein Gedicht aus Apfel, Honig und Zimt. In der zweiten Strophe Vanille, Karamell und Aprikosenkompott. Vorgetragen in einem Raum voller alter Leder- und Holzmöbel, eine Bienenwachskerze brennt, Staub und OBF liegen in der Luft, die ihm aber etwas zu schnell ausgeht. Currymischung? (86)

Taste: Poliert und ölig, später auch wachsige Strukturen. Das Eichenholz transportiert feine Gewürze, sehr sophisticated. Zartbitterschokolade mit Mandeln und Haselnüssen, leicht ledrig ist er auch. Spuren von Apfel und Vanillesauce bestätigen die Wohlfühlatmosphäre. (86)

Finish: Die Eiche legt nochmal einen drauf, kaum zu glauben, dass der nur 16 Jahre alt ist. Vielerlei Sorten Nüsse und Gewürze verbreiten schokoladige Wärme. Äpfel, Honig und grasige Akzente können nicht ganz verhindern, dass der Malt ein bisschen stumpf wirkt. (85)

Fazit: Ein typischer Vertreter alter Tamnas. Leichte, florale Elemente verbinden sich mit winterlichen Aromen. Die nur 40% Alkohol drücken etwas auf’s Gesamterlebnis.

Fettercairn 26 Jahre The Stillman’s Dram

Eine Flasche 26 Jahre alter Fettercairn. Die Abfüllung trägt den Beinamen 'The Stillman's Dram'.

Eichenfässer bis 2001 / 45%Vol. / Link zur Whiskybase

Gleich noch einen Stillman hinterher, 10 Jahre älter und mit ein paar Volumenprozenten obendrauf.

Nose: Vanille, Butterkekse und wachsiger Honig haben eine einladende Wirkung. Das Eichenholz kann mit seinen feinen Gewürzen punkten. Neben zurückhaltenden Rosinen finden sich auch einige reife oder getrocknete Früchte wie Aprikosen und Äpfel. (87)

Taste: Wachsig und facettenreich würzig, das Eichenholz bringt auch einige Tannine ins Spiel. Noten von Gerstenmalz, Mandeln und Tabak treten sukzessive in Erscheinung. Frucht gibt es nur in Ansätzen. (86)

Finish: Die Gewürze wärmen ordentlich, das Mundgefühl ist wunderbar schokoladig, nussig und wachsig. Poliertes Eichenholz auf der einen und abgebrannte Zündhölzer auf der anderen Seite verkörpern zwei sehr unterschiedliche Impressionen von Holz. (85)

Fazit: Stellenweise macht das Fassholz einen richtig guten Eindruck, unterminiert diesen jedoch an anderer Stelle teils wieder. Der Malt selbst versucht sich in die Kategorie ‚Old school‘ einzureihen, schafft dies aber eher halbherzig. Insgesamt hätte ich mir schon mehr Komplexität erhofft.

A Secret Speyside Distillery 1990 BR Cask 18005

Die Umverpackung des unbekannten Speysiders von Berry Bros & Rudd.
Eine Flasche aus dem Fass Nummer 18005 von Berry Bros & Rudd, welche Brennerei aus der Speyside sich dahinter verbirgt, wird nicht erwähnt.

Sherry, Red Bordeaux Wine Finish 29 Jahre bis 2020 / 49,6%Vol. / Link zur Whiskybase

Abgefüllt von Berry Bros. & Rudd für den Importeur Kirsch Import und somit für den deutschen Markt. Das war im Frühjahr 2020 und zwei Jahre später sind immer noch reichlich Flaschen in den Shops erhältlich. Sicherlich kein Schnäppchen, aber für 29 Jahre Fassreifung werden heutzutage teils deutlich saftigere Preise aufgerufen.

Nose: Cremige Vanille und prickelnde Gewürze, ich denke da an Zimt und Rosmarin, begleiten rote und säuerliche Früchte: Himbeeren, Kirschen, Orange… insgesamt sehr beerig, da spricht der Bordeaux. Der Honig bekommt seine Momente und mit der Zeit wird der Malt auch ölig. (86)

Taste: Trotz der ausgeprägten Würze und Eiche wirkt der Malt nicht sonderlich vollmundig. Die Säure ist etwas präsenter als die Süße, da vermisse ich einen Ausgleich. Reichlich Gerstenmalz und Tannine wecken das Bild eines müden, ausgelaugten Fasses. Vanille und Beeren, in der Ferne Honig. (82)

Finish: Erneut Gerstenmalz und Bitterkeit, diesmal gemischt mit einer mäßigen Dosis Schwefel. Die sanften und holzigen Gewürze, die Spuren der langen Reifezeit also, sind dennoch erspürbar. Einzig Mandeln und Harz liefern eine gute Vorstellung. (79)

Fazit: Meh, wirkt sehr modern, konstruiert. Die Nase ist noch in Ordnung, aber der Rest… die Sherryreifung scheint schief gelaufen zu sein, der Bordeaux sollte wohl retten. Aber wer kann schon einen Malt retten, der zu lange im Fass war und dennoch keine Tiefe bekommen hat?

Longmorn 1975 DD

Eine Flasche 35-jährigen Longmorns von The Nectar.

Eichenfässer 35 Jahre bis 2011 / 50,8%Vol. / Link zur Whiskybase

Ein ‚Daily Dram‘ vom belgischen Abfüller The Nectar; 35 Jahre in Fassstärke sind eine Hausnummer.

Nose: Es beginnt mit zarten Aromen von Vanille, Apfel und Karamell. Die Stimmung ist von süßlichem Bienenwachs und verstaubten Gewürzen geprägt. Nach zehn Minuten wird er intensiver, dicker und öliger; tropisches Obst, wie Banane und Mandarine, steigt auf. Mit Nussmus und harzig Waldhonig geht es in die nächste Runde. (91)

Taste: Die Eichenholzwürze schiebt an, man merkt deutlich, dass der lange Zeit am Fassholz geleckt hat. Kardamom, Zimt, Sandelholz… und viele Nüsse bemächtigen sich des Mundraums. Es gibt ein Wiedersehen mit Banane und Apfel, auch der wachsige Honig taucht nochmal auf, in Begleitung von Möbelpolitur. (90)

Finish: Ui, hintenraus ist der Holzeinfluss fast übertrieben dominant. Aber immerhin bedeutet das auch, dass reichlich von den tollen Gewürzen und Nüssen vorhanden sind. Apfelstückchen in Honig machen die Angelegenheit ein wenig geschmeidiger. (89)

Fazit: Keinen Tag zu früh abgefüllt, der delikate Brand hätte kaum mehr Fass vertragen können. Aber so ist die Reifung geglückt und das Ergebnis ist ein stimmiger, mehrdimensionaler Malt. Die 35 Jahre schmeckt man.

Port Ellen 1982 McG

Eine Flasche Port Ellen 1982 von Douglas McGibbon.

18 Jahre in Eichenfässern vom Winter 1982 bis Winter 2001 / 43,0%Vol. / Link zur Whiskybase

Das Finale bestreitet ein Port Ellen von Douglas McGibbon. Rubinrot und verheißungsvoll wartet er im Glas…

Nose: Eine gelungene Kombi aus Ruß, Maschinenöl und edlen Fruchtlikören wie Aprikose und Kirsche. Mit dem Karamell und der Nussschokolade kommen dann auch die typischen, hellen Zitrusfrüchte mit Salz. Ein wenig Standzeit lassen den Malt wachsig und würzig werden, etwas Iod ist ebenfalls dabei. (90)

Taste: Ölig, rußig, würzig, salzig, wachsig, erdig… fruchtig – erneut der Mix aus Port Ellen-Style-Zitrus und roten Kirschen mit Karamell. Tabak, Iod und Nüsse bringen noch einige weitere Nuancen ins Spiel. Trotz Trinkstärke ist der Malt vollmundig, außerdem könnte man ihn auch für älter als 20 Jahre halten. (90)

Finish: Eine Mischung aus Erde, Schießpulver, Lagerfeuerasche und verstaubtem Gewürzregal. Das alte Fassholz kommt schön durch. Salz und Kakaopulver wirbeln herum, die Früchte sind diesmal sehr dezent gehalten. (88)

Fazit: Dieser PE ist sehr offen und zeigt, was er zu bieten hat. Und das sind verschiedenste Aromen, welche meist gut aufeinander abgestimmt sind und nie auch nur den Gedanken an Langeweile aufkommen lassen. Der Nachklang reiht sich schwefelbedingt nicht ganz in diese tolle Performance ein.

Zwei Highlights konnten definitiv entschädigen für die eine Enttäuschung (Rotweinfinish nach Sherryreifung bei 29 Jahren hätten eigentlich genug Warnung sein müssen^^). Auch wenn die Samples jetzt leer sind, bin ich froh, so alte Whiskys überhaupt probieren zu können. Eine empfehlenswerte Erfahrung, wenn sich die Gelegenheit denn bietet.

Samples privat gekauft | Bilder eigenangefertigt bzw. mit freundlicher Genehmigung der Whiskybase