Port Ellen Distillery

Old & Rare Flight 011 – Sechs Jahre keinehalbendrinks.de

Sechs Jahre gibt es diese kleine Seite nun schon. Wahnsinn. Oder eigentlich auch nicht. Ist ja nur mein privates Pet-Project. Klassische Hobbyspinnerei. Aber irgendwie ist es dann doch mehr. Alleine schon weil es mich mit so vielen tollen Menschen verbindet!
Offizielle Feierlichkeiten, wie im letzten Jahr, gibt es diesmal leider nicht. Pandemiebedingt. Das soll mich aber nicht davon abhalten den Single Malt zu ehren mit einigen alten und seltenen Abfüllungen. Sechs Reviews von Abfüllungen verlorener Destillerien habe ich zusammengestellt. Passt für sechs Jahre, würde ich sagen.

Port Ellen 2nd Release

Eine Flasche Port Ellen 2nd Release

Es gab eine Zeit, da hat die Diageo Special Release jedes Jahr eine Port Ellen Abfüllung enthalten. Die gute alte Zeit 😉 Hier im Glas habe ich die zweite davon aus dem Jahr 2002. 12000 Flaschen mit 59,35% und 24 Jahren wurden abgefüllt. Link zur Whiskybase

Nase: Zitronenmotoröl gefiltert durch Quarzsand. Dazu Buttercreme und Kräuter und Vanillekipferl im Torfmoor. Klingt alles wild, ist aber genial.

Mund: Mineralisch, salzig, zitruslastig, wachsig und vollkommen perfekt. Nah an Clynelish und Springbank und trotzdem eindeutig keines von beidem. Dann kurz alter Bourbonwhisky. Dazwischen auch immer wieder etwas Rauch und Torf und alles von der Tankstelle.

Abgang: Vanillegebäck mit einem unglaublichen Schmelz. Irgendwann übergossen mit einem Kräutersud oder eher -sirup. Dann genialste Salzzitronen.

Fazit: Meine Welt. Ein fantastisches Bottling. Ich bin kein Freund von „früher war alles besser“. Dennoch, das hier ist definitiv großartig und unabfüllbar in heutiger Zeit. Ein Batch dieser Größe würde man nicht mehr produzieren, denn die Flaschen wären in einer ganz anderen Preiskategorie. Und damit sind 12000 Flaschen zu viel. Egal wie: Das ist geniales Zeug. 92/100

Port Ellen 1982 – Acorn

Eine Flasche Port Ellen 1982 von Acorn

Von der Batchabfüllung zum Single Cask. Ein Refill Sherry Butt von Eichhörnchen gehamstert. Der japanische Abfüller Acorn hat diesen Port Ellen 2007 nach 24 Jahren auf 294 Flaschen mit 55,6% gezogen. Link zur Whiskybase

Nase: Eine Wolke aus Schwefel, Gummi, Metall und Torf quillt aus dem Glas. Die Intensität ist fast schon überwältigend. Erst mit ein wenig Geduld kommt herb-fruchtig die Beruhigung. Mit ganz viel Blutorange. 

Mund: Die Rezeptoren auf der Zunge werden vor allem bei Salz und dann weit dahinter mit Süße bespielt. Schwefel und Gummi kriegen jetzt Asche und Bleistiftspäne dazu. Auch hier gibt es wieder einen Konter durch pfeffrige Würze.

Abgang: Im Finish nehmen Schwefel und Gummi deutlich ab. Es bleibt aber salzig und wird recht trocken. Die herben Früchte sind wieder da. Ich würde sagen Grapefruit mischt sich dazu. Bitterstoffe fliegen damit auch mit rein. Dunkel gerösteter Kaffee.

Fazit: Ziemlich lecker. Der Schwefel kann als gut integriert bezeichnet werden. Dennoch Ist es der Teil, auf den ich hier gerne verzichtet hätte. Für mich ist damit ein wenig Charakter des Destillates verloren gegangen. 89/100

Was war eigentlich los im sechsten Jahr? Ein paar Zahlen und Hintergründe

Kleines Intermezzo. Im sechsten Jahr haben wir hier auf keinehalbendrinks.de alle Rekorde gerissen. Mehr Reviews denn je (um die 400!) und in Folge auch mehr Besucher denn je (ca. 100 pro Tag). Kontinuierlich sind jetzt zwei Autor*innen am Werk und damit war dies auch möglich.
Hier mal wieder direktes Danke an Astrid, die mittlerweile weit mehr als eine Ergänzung im Blog ist. Ein frischer und anderer Blick auf andere und manchmal auch gleiche Whisky. Tolle Auswahl, klare Meinung. Ich freue mich, dass sie an Board ist. Kennengelernt haben wir uns über eine Flaschenteilung. Daraus wurde eine Anfrage per Mail von ihr, wie das mit der Bloggerei so funktioniert, sie interessiert sich auch dafür. Dann haben wir telefoniert und nun… der Rest der Geschichte ist jetzt Teil des Blogs. Was bei uns beiden identisch ist: Astrid ist genauso unabhängig wie ich. Es geht uns um unsere persönlichen Eindrücke und wir investieren viel Zeit und auch Geld in unser Hobby. Diese Unabhängigkeit ist integral für uns!

Port Ellen 1983 – Art of Whisky

Eine Flasche Port Ellen 1983 von Art of Whisky

Von Japan nach Deutschland. Der Abfüller Art of Whisky aus Neuenkirchen zeichnet sich durch individuell gestaltete Labels für die Single Malts aus. Genauso wie Port Ellen verloren ist scheint auch dieser Abfüller den Betrieb seit 2010 eingestellt zu haben. Dieses Bottling stammt aus 2006 und dafür wurden einem Bourbon Cask nur 120 Flaschen mit je 56,8% entlockt. Destilliert wurde der Stoff in den letzten Monaten vor der Schließung von PE. Link zur Whiskybase

Nase: Lampenöl, Lederfett, Salzkruste, Torf, Seetang, Zitrone, nasser Kalk. Schönes Bourbon Cask. Nach ungefähr einer Stunde im Glas ist es, wie wenn man gerade frisch einen Adventskranz ausgepustet.

Mund: Ordentlich Wumms. Der Antritt ist mehr als ordentlich. Dann wird es süß und salzig. Gischt spritzt hoch, Torf wird geschaufelt. Jemand mahlt Pfeffer.

Abgang: Salzig, würzig geht es auch dem Finale zu. Mit Pfeffer, helleren Früchten – einer willkommenen Abwechslung – und wenig Torf und Rauch. Das geht dann eher Richtung Methol und Aschenbecher.

Fazit: Sehr lecker, man würde sich vielleicht etwas mehr Tiefe wünschen. Ansonsten ziemlich „typisch“ und sehr clean in der Nase 89/100. Christian sagt 87. Er ist ihm etwas zu anstrengend.

Port Ellen 1982 – Douglas Laing

Eine Flasche Port Ellen 1982 von Douglas Laing

Ein letzter PE für heute. Diesmal ein etwas aktuelleres Bottling. 2018 von Douglas Laing nach stolzen 35 Jahren abgefüllt. Die Abfüllung erfolgte zum 70ten Jubiläum und ihm Rahmen der XOP Platinum Reihe. Der Saft stammt aus einem Refill (ich vermute Sherry) Butt und hat 54,4%. Link zur Whiskybase

Nase: Leicht speckig, rostig, mit Sherryeinschlag. Dazu Gummi und Paraffine. Sehr rauchig, mit Blutorange. Gesmokte Blutorange. Ich leg mich dann auch fest, selbst wenn es nicht auf der Flasche steht: Das war ein Sherry Butt.

Mund: So geht es auch weiter, mit viel Sherry und wenig Port Ellen. Rauch ist allerdings schon da. Und auch Pfeffer. Er ist sogar manchmal sehr würzig, fast Richtung Chili.

Abgang: Die Gewürze schlagen dann um in Zimt. Der Rauch bleibt und wird ergänzt um Asche und Torf. Beim Ausklang wird es sauer-trocken. Nach einiger Zeit kommt dann Honig und Zimt-Zucker bestreute Früchte.

Fazit: Auch sehr schön. Das Fass ist relativ dominant, ich hab aber Freude daran. 89 von 100 sowohl für Christian als auch mich.

Was war eigentlich los im sechsten Jahr? Die Webseite

Eigentlich hat sich nicht viel getan. Ein paar Kleinigkeiten und ein Killerfeature, zumindest für mich. Entstanden aus reiner Faulheit.

Screenshot der Site "Port Ellen" auf keinehalbendrinks.de

Die Kleinigkeiten sind schnell erzählt. Ich hab ein wenig rumprobiert mit der Anordnung von Menüs und der Möglichkeit die Seite zu übersetzen. Letztlich bin ich dabei geblieben ein simples Plugin auf der rechten Seite anzubieten, für alle keine Möglichkeit über den Browser haben. Sollte heutzutage reichen. Zusätzlich hab ich noch die Links auf den Instagram und Twitteraccount ergänzt.

Was mich aber richtig viel Zeit gekostet hat: Ich habe in der Destillerienübersicht bei jeder schottischen Destille einen Infoblock ergänzt, mit einigen Kerndaten und vor allem Links auf weiterführende Informationen. Das hilft mir bei der „Arbeit“, denn diese Infos suche ich regelmässig. Hoffentlich ist das auch in Zukunft für viele andere eine Hilfe. Wenn ihr Ergänzungen oder Feedback habt oder Fehler findet: Schreibt mir gerne unter tobias (at) keinehalbendrinks.de

St. Magdalene 1979 Rare Malts Selection

Eine Flasche St. Magdalene 1979 Rare Malts Selection

Eine der ganz wenigen Originalabfüllungen von StM die es überhaupt gibt. Der größte Teil des Destillats ging immer in Blends und Blended Malts. In der Rare Malts Selection 1988 auf den Markt gebracht und 19 Jahre alt. Dabei immer noch 63,8% stark. Diese Abfüllung gilt als eine der, wenn nicht die beste St. Magdalene Abfüllungen. Link zur Whiskybase

Nase: Hmmm Gras, Zitronenzeste, Petroleum, Zuckerkringel. Ich stelle mir das so vor: Mitten im Nirgendwo. Eine Tankstelle. Während wir warten stehen wir auf der Rückseite des Gebäudes und essen ein Gebäckstück mit Zitronenglasur. Diese Wiese wiegt sanft im Wind.

Mund: Austern, Muschelkalk, Gras, Zitrone, Silberpolitur. Die Szenerie wechselt in ein elegantes Restaurant mit Blick aufs Meer. Schon ein wenig zurückgerückt, nicht direkt in der Meeresbrise.

Abgang: Trocken, salzig bleiben die Aromen präsent. Es wird ein süßer Sud über die Muscheln gekippt. Die Tankstelle scheint auch noch in der Nähe.

Fazit: Der beste St. Magdalene aller Zeiten? So habe ich das schon von mehreren Personen gehört. Ich denke das nicht. Denn da kommen viel zu schnell nicht objektivierbare Aspekte mit dazu. Aber es ist immer noch ein verdammt geniales Bottling. Und man kann es als Anker sehen, um andere Bottlings zu vergleichen. 90/100

Linlithgow 1982 – Scott’s Selection

Eine Flasche Linlithgow 1982 von Scott's Selection

Zum Abschluss dann noch ein Single Cask von einem Indie. Robert Scott suchte bis einschließlich 2012 eine ganze Menge an Fässern aus. Unter anderem diesen Linlithgow. 20 Jahre alt bei der Abfüllung 58,5% stark. Zum Fass gibt es keine weiteren Infos. Ich hab aber beschlossen es wir wohl ein Bourbon Fass sein. Link zur Whiskybase

Nase: Ein frisches Dinkelbaguette. Da riecht man quasi noch den Teig aus dem frisch gebackenen Brot. Dazu gibt es Muscheln und Zitrone. So simpel wie auch genial. Entfernt kommt auch schon ein wenig „Tankstelle“ und „grüne Wiese“ in den Sinn.

Mund: Das manifestiert sich dann auch im Mund. Zitrus, Gras, Lampenöl, Ingwer. Sehr klar, sehr pointiert. Ich mag das sehr. 

Abgang Die Paraffine und raffinierten Produkte werden schnell weniger. Die Zitrone wird nun von Kalk ergänzt. Dabei wird er trocken. Der Punch vom Ingwer bleibt erhalten.

Fazit: Simple, klar, destillatgetrieben, wie S.V. sagen würde. Das kann ich bei einem meiner Lieblinge natürlich nur gut finden. Und auch hier würde ich behaupten: Das füllt heute (fast) kein Mensch mehr so ab. Schade! Im Vergleich zum Rare Malts Bottling ist es ein wenig „schmutziger“, weniger poliert. Was auch logisch ist vom Batch zum Single Cask. Und das ist genau was ich meine mit nicht objektivierbaren Aspekten. 91/100

Danke!

Also erstmal: Ein generelles Danke für diese Wahnsinnsdrams die ich für den Geburtstag zusammenstellen konnte.
Vielen Dank für die andauernde Unterstützung, das Feedback und Interesse. Eigentlich ist das hier ja nur Astrid und mein persönlicher Aufschrieb unserer Tastingnotes. Wenn ich mir überlege das 100 Menschen jeden Tag diese Beiträge lesen. Verrückt!
Auch danke an die vielen tollen Destillerien, Abfüller, Händler, Webseiten, Foren, Flaschenteiler, Sampletauscher, Nerds und Enthusiasten. Ohne all das wäre das Hobby weder möglich noch so reichhaltig und schön.
Und das größte Danke geht an meinen engsten Whiskykreis. An Alexander, Daniel und Christian. Quelle und Reibungsfläche für meine Inspiration. Genauso wie an meine Familie, die mein Hobby mitträgt und mich immer dabei unterstützt.

Was passiert im siebten Jahr?

Ich plane gar nicht arg im Voraus, es wird auch keine Revolution im Blog geben. Aber ein Thema kann ich anteasern: Es ist ein erstes Interview in der Mache. Pandemiebedingt musste der Termin leider bereits einmal verschoben werden, aber schon bald gibt es hier eine schöne Vertiefung mit einer Whiskyperson meiner Wahl. 🙂

Mehr zu: Port Ellen und St. Magdalene
Bilder: Freundliche Überlassung der Whiskybase und eigene Anfertigung
Samples: Privat gekauft und eigene Flasche