Bucht vor der Bruichladdich Destilliere

Alle Port Charlotte (Teil 9)

Diese Woche streikt die Nase, dank eines leichten Infektes. Für solche Ereignisse habe ich eine kleine Menge an Beiträgen in peto, die ich nicht direkt veröffentlicht habe. Das sind aber keinesfalls Platzhalter, eher zurückgehaltene Schätze. Christians jährliches, privates Port Charlotte Tasting ist so ein Schatz. Er ist Teil neun des Versuchs alle Port Charlotte zu reviewen.

Port Charlotte 2008 – Private Cask

Ein Private Bottling Port Charlotte 2008

Es beginnt mit einem private Bottling. Nur drei Jahre war er im Fass, einem Bourbon Cask, und wurde dann mit 46% abgefüllt. 200 Flaschen kamen dabei raus. Es stellen sich einige Fragen. Warum füllt man sowas so früh ab? Geldsorgen? Loch im Fass? Und warum mit 46%? Warum nur 200 Flaschen, bei einem Cask müssten das doch mehr sein. Link zur Whiskybase

Nase: Alkoholisch, kräutrig, Birne, Kuhstall. Ein Tablett mit billigem Kräuterschnaps und Williams wird in einem Hochzeitsstadl serviert.

Mund: Einiges an Salz macht den Auftakt. Dann kommt wieder die Birne und es wird leicht metallisch. 

Abgang: Die Kräuter werden zu Menthol. Viele, sehr viele Bitterstoffe kommen dazu. Er wird auch süßlich. Ohne die Farbe wäre ich schnell bei oben genannten Kräuterschnaps. 

Fazit: Relativ weich, aber jung. Es bleibt zu unken, warum der schon aus dem Fass musste und mit 46% abgefüllt wurde. Ich hätte den noch ein paar Jahre drin gelassen. 82/100

Port Charlotte 2002 – Streah Independent

Eine Flasche Port Charlotte 2002 von Streah Independent

Quasi auch ein Private Cask, denn der genannte Abfüller hat nur genau dieses eine Bottling auf den Markt gebracht. 2002 ging es in ein Refill Bourbon Cask und 2008 wieder raus in 281 Flaschen mit 57,6% Link zur Whiskybase 

Nase: Es beginnt mit grünem Pfeffer und getrockneten Kräutern. Dann kommt Zitronen Badreiniger und dann zum Glück auch noch ganz leicht Torf.

Mund: Grüner Apfel und grüner Pfeffer gehen über in süßliche Birne. Ein Schwups Honig dazu. Leichte medizinische Noten machen ihn etwas runder.

Abgang: Auch hier ist wieder Pfeffer. Dazu Zitrone und Limette. Passend dazu wird er leicht sauer. Ansonsten ist er getrieben von jugendlichem Torf.

Fazit: Mit Wasser kommen insgesamt noch Kräuter raus, aber er ist und bleibt für mich schwer zugänglich. Junge Peater hatte ich schon deutlich bessere und den Brennereicharakter finde ich ich hier nicht. 83/100

Port Charlotte 2004 – Private Cask Langshaw Family Reserve

Ein Private Cask Port Charlotte 2004  für Familie Langshaw

Das dritte Private Cask. Mit 61,2% kein Kind von Traurigkeit, würde ich sagen. Nach sechs Jahren im Bourbon Cask kam er in eine unbekannte Anzahl Flaschen. Scheinbar aber auf jeden Fall mehr als Familie Langshaw selbst trinken konnte und wollte. Link zur Whiskybase

Nase: Aha! Das ist mal eine Nase. Sehr würzig, mit Pfeffer, leichten Kaffeenoten, Weinblättern vom Griechen. Aber auch das Bourbon Cask spricht mit, die Vanille ist präsent. Dazu auch noch der Spirit, in Form von Räucherware.

Mund: Einige Früchte sind zu erkennen, wie z.B. Orange, Pfirsich, Banane. Es zwickt auch ein wenig in der Zunge. Bei dem Alkoholgehalt nicht unbedingt ein Wunder. Der Rauch bewegt sich wunderbar mit.

Abgang: Auch das Finale bleibt spannend. Kaffee, daneben steht Kondensmilch. Eine Gefäß mit geschälten Birnen. Dann kommen Bitterstoffe durch, die werden aber weiter leicht fruchtig ausbalanciert.

Fazit: Sehr gut gemacht, Familie Langshaw. Auch bei sechs Jahren fragt man sich ja, ob der aus dem Fass musste… Ich glaube eher der wurde abgefüllt, weil er aus dem Fass konnte. Denn vom Stil her passt der auch gut in das Bild, dass länger gereifte Bourbon Port Charlotte abgeben. Das gefällt mir sowieso ganz gut. 89/100

Broker’s Finest 2001 – Regensburger Whisky- und Weinclub 

Eine Flasche Broker's Finest 2001 vom Regensburger Whisky- und Weinclub. Wahrscheinlich ist das ein Port Charlotte

Nun, wer hier sehr aufmerksam mitliest, der weiß bereits was auf ihn*sie zukommt: Eine Abfüllung von Pit Krause mit entsprechendem ironischen und meist zeitgenössischem Unterton. Diesmal auf die Finanzkrise 2007/2008 schielend. So stammt die Abfüllung aus Lehmanns endlosem Fass, das Bild auf dem Label zeigt einen Dow Jones im Sinkflug und über 50% bei garantierter Liquidität. Wo kriegt man das schon? Und woher weiß man dass das ein PC ist? Nun – das Label gibt einen dezenten Hinweis und wenn man die richtigen Leute fragt… Auf jeden Fall gibt es 35 Flaschen davon, gelagert wurde in Bourbon und PX und sieben Jahre ist er alt. Link zur Whiskybase 

Nase: Genauso wie man es sich wünscht. Reifenabrieb und Auspuff, übergossen mit Kirschsaft und Cassis, abgeschmeckt mit saurer Butter. Ich versteh gar nicht wieso bei solchen Beschreibungen immer fragende Augen kommen. 😉

Mund: Kirschhustenbonbons (ihr wisst schon, die für Kinder von Em-Eukal), nur statt der Puderzuckerkruste ist das Salz drauf. Dazu das was ich bei PC immer als „Gummi“ identifiziere.

Abgang: Das Salz bleibt erhalten, der Gummi ist nun verbrannt. Verbrannter Gummi, Rauch, süßliche Sauerkirschen, Tabak, Bitterschokolade, mit der Zeit sehr Sauer und auch wieder mit Butter.

Fazit: Speziell. Sehr speziell. Aber schon geil. Man muss stabil im Whiskyleben stehen um sowas abzufüllen, würde ich sagen. Danke Pit! 89/100

Port Charlotte 2002 – Private Cask Smith’s Reserve

Eine Flasche Port Charlotte 2002 Private Cask aus Smith's Reserve

Erneut aus einer Reserve. Diesmal von Mr. oder Mrs. Smith. Trinken Bratt und Angelina eigentlich Whisky? Egal. Das Sherry Cask durfte siebe Jahre lang reifen und spuckte dann 230 Flaschen mit ganzen 63,5% aus. Feuerlöscher steht bereit. Link zur Whiskybase 

Nase: Sehr karamellig, quasi der ganze Prozess. Zucker in die Pfanne bis zum Abkühlen des fertigen Karamell. Dazwischen immer wieder leichter Rauch, Tabak und Tee.

Mund: Immer wieder geht es säuerlich und süß im Kreis. Zwischen Schwarztee und Tabak, Röstaromen und Karamell. Unterschwellig kommt auch noch etwas Frucht dazu.

Abgang: Ingwer, süßer Sauerkirschlikör (ich weiß das ist ein Widerspruch), etwas saure Butter und hinten raus etwas Holz. Sehr kompakt und dicht, die PC Noten kommen nur spärlich raus.

Fazit: Irgendwie Eindimensional und süß. Aber in gut. Der Alkohol war bei weitem nicht so präsent wie ich erwartet hätte. Insgesamt aber nicht in der Spitzenkategorie. 87/100

Port Charlotte 2002 – Lady of the Glen

Eine Flasche Port Charlotte 2002 von Lady of the Glen

Und zum Schluß noch einer von Christians Lieblingsabfüllern. Lady of the Glen. Mit dem auffälligen Design und den Abfüllungen und der Kundennähe spricht der Indie für sich, so findet Christian. In diesem Fall haben wir einen 16 Jahre alten PC aus dem Oloroso Sherry Hogshead. Und selbst nach so langer Reifung konnten 2018 noch 243 mit 64,3% abgefüllt werden. Link zur Whiskybase 

Nase: Dezente Butter und Gumminoten, Trauben, Heidelbeeren, Vanille und dicker süßer Rauch. So weit so zu erwarten. Als Überraschung für mich finde ich noch grüne Banane.

Mund: Diese zieht sich zum Glück nicht bis in den Geschmack. Es kaum schlimmeres als unreife Banane, zumindest vom Mundgefühl her. Stattdessen hat er eine lebhafte Säure, fette Tabaknote und einiges an roten Früchten. Natürlich ist da auch wieder der Rauch, dieser verbindet sich im Taste vor allem mir dunkler Schokolade.

Abgang: Im Abgang kommt die Assoziation zu nassem Tabak. Ein ganz frisch geöffnetes Päckchen Javanse. Es ist auch wieder viel Säure da. Die Fruchtnoten schleichen aus. Er wird sehr trocken. Am Gaumen verbleibt Milchkaffee.

Fazit: Ein wunderschöner, der Reife entsprechend komplexer Port Charlotte. Gleichzeitig eine Wucht. Das kann ein Stand-Alone für einen ganzen Abend sein, mit dem man immer und immer wieder ins Gespräch kommt, in dem man nur riecht und die Lippen benetzt. Exzellent. 90/100

Crescendo

Es gibt hier eine Ebene, die neben den einzelnen Whisky, die hier mal wieder eindeutig für Bruichladdichs peated Whisky sprechen, betrachtet werden muss. Als Gastgeber von Tastings ist die Auswahl der Drams, deren Reihenfolge und die Geschichte dazu absolut wichtig. Ich weiß, dass Christian sich hier viele Gedanken gemacht hat. Mehrere Male hat er mir im Vorfeld erzählt, dass er jetzt „das definitive Line-Up fertig hat“, um es dann Stunden bis Tage später zu überarbeiten. Am Ende hat Christian es erneut verdammt gut hinbekommen. Kontinuierlich aufgebaut, bis hin zu einem Highlight, dass für sich alleine stehen kann. Bei dem er aber genauso nicht vergessen hat, eine Geschichte zu platzieren und die persönliche Verbundenheit herauszustellen. Da kann ich nur sagen: Vielen Dank und Hut ab. Ich freue mich schon auf die nächste Runde! (P.S.: Das U-Boot, dass auch noch seinen Platz fand, gibt es an anderer Stelle im Review).

Bilder: Eigene Anfertigung | Samples: Christians eigene Flaschen