Gifts from bygone times

In der Whiskyszene trifft man immer wieder mal (eigentlich ja immer) auf mega-nette Leute. Und manchmal helfen diese Leute dabei, den eigenen (Whisky-)Horizont zu erweitern. In diesem Fall hab ich dank einiger Samples, die andernfalls außerhalb meines Radars gelegen und somit nicht auf meiner Wunschliste aufgetaucht wären, die Gelegenheit bekommen, in die Whiskywelt der Vormoderne hineinzuschnuppern:

Dufftown 10 Years

Eine Flasche Dufftown 10-years

Pure Highland Malt Scotch Whisky / 40,0%Vol. / Link zur Whiskybase

„Pure Malt“ war bis in die 90er (in Schottland) die gängige Bezeichnung für einen Whisky, der ausschließlich aus Malts verschiedener Brennereien besteht. Steht diese Bezeichnung jedoch direkt in Verbindung mit einer einzelnen Brennerei auf dem Etikett – in diesem Fall ‘The Dufftown’ – handelt es sich um einen „Single Malt“ im heutigen Sinne. Dieser Dufftown war in den 1980ern für den italienischen Markt bestimmt.

Nose: Initial wartet ein leichtes und süßes Profil, mit Vanille und Schokolade. Dann übernehmen Zitrusfrüchte, von Zitrone über Bitterorange bis hin zu Gummibärchen ist eigentlich alles dabei. Wie es sich für einen standesgemäßen Dufftown gehört, gesellt sich Malz dazu, eingebettet in würzigem Eichenholz. (82)

Taste: Kann man Flüssigkeiten polieren? Am Anfang fühlt es sich so an. Dann setzt Prickeln ein, ausgelöst durch Gewürze, Gerstenmalz und Zartbitterschokolade. Schließlich grüßt Bourbon, für meinen Geschmack winkt er etwas zu heftig; charakteristische Vanilletöne, herbe Nüsse und bittere Möbelpolitur können nicht so recht punkten. (80)

Finish: Zartbitterschokolade kombiniert sich gut mit Walnüssen und Mandeln, auch Gerstenmalz macht eine passable Figur. Frisch gemähtes Heu mit Chicorée zieht das Gleichgewicht auf die grasige Seite, bevor der Bourbon leider erneut mitmischt. (80)

Fazit: Kein Vergleich zu den heutigen Singletons of Dufftown, welche m.E. mehr auf süße Elemente setzen. Der hier wirkt zwar von den Aromen an sich her reifer, aber auch ähnlich unbalanciert. Nichtsdestotrotz eine schöne Erfahrung.

Golden Rare 10 Years

Eine Flasche Golden Rare 10 Years

Blended Malt Scotch Whisky / 40,0%Vol. / Link zur Whiskybase

‘100% Malt Scotch’ steht auf dieser Flasche. Welche Malts verwendet worden sind bleibt wohl ein Geheimnis der Alexander Blending Company, die hinter der Marke Golden Rare steht. Sicher ist, dass diese Abfüllung in den 1970ern dem italienischen Markt zugedacht war.

Nose: Ein dicke Schicht aus aromatischem Honig und Wachs gibt einen alten und gesetzten Malt preis. Sanft würziges Eichenholz mit Zimt, Nelke schaffen eine gemütliche Aura. Walnüsse werden mit Zartbitterschokolade überzogen. Verschiedene Sorten von Marmelade, alle fruchtig und klebrig. (86)

Taste: Cremig und geschmeidig auf der einen Seite, gleichzeitig auch sehr würzig und leicht bitter. Da hat das Eichenholz einige Spuren hinterlassen. Marmelade, gemacht aus Rosinen, getrockneten Datteln und Feigen, stürmt den Raum. Walnüsse und Tabak sorgen für den Feinschliff. (87)

Finish: Ein ordentliches Eichenholzbrett, viele Nüsse und Gewürze tummeln sich. Die Trockenfrüchte und der Honig sind in der Ferne untergebracht. Leder und Karamell passen gut ins Bild. (87)

Fazit: Wirkt schon sehr reif und rund, da stellt man sich gerne eine ganze Flasche ins Regal. So voluminös und kraftvoll hab ich 40% selten erlebt, so machen Blends Spaß. Ein Hoch auf die alten Zeiten.

Spey Royal Scotch Whisky

Eine Flasche Spey Royal Scotch Whisky

Blend aus den 1930ern / 86 Proof / kein Eintrag in der Whiskybase

Die Blend-Marke Spey Royal wurde 1916 von W&A Gilbey etabliert. Diese Flasche war laut Label für den US-Import bestimmt und trägt den von King George V. verliehenen ‘Royal Warrant’, einen Hinweis also auf die Hoflieferantenwürde des Herstellers. Zeitlich lässt sich diese Abfüllung somit in die 1930er Jahre verorten, denn die Prohibition in den Vereinigten Staaten wurde am 05.12.1933 aufgehoben, King George V. wiederum verstarb am 20.01.1936. Gilbey’s besaß zu der Zeit die drei Brennereien Glen Spey, Knockando und Strathmill, jedoch ist offen, woraus dieser Spey-Royal besteht. Eine Alkoholstärke von 86 Proof bedeuten 43%Vol. Das Flaschenvolumen wird mit 25/32 Quart angegeben, umgerechnet 739ml.

Nose: Ich glaube, hier sind wir längst über Old Bottle Flavor hinaus. Es riecht wie eine alte Glasflasche, an der der Staub schon festklebt, und wie der vergessene Kleiderschrank von meiner Uroma. Nach einer Weile verschwinden diese Eindrücke und dahinter finden sich Nüsse und Karamell, ganz dezent mit gelegentlichen, reife Zitrusfrüchten. Das Profil an sich ist süßlich und ölig. (81)

Taste: Sehr geschmeidig, es fehlt ein wenig an Volumen und Komplexität, aber OBF steuert Würze bei. Als Hauptaromen präsentieren sich Schokolade, Nüsse sowie ein Hauch von Eichenholz. (80)

Finish: Leicht, zartbitter, nussig und cremig im Mundgefühl. Das Eichenholz ist hier tonangebend, wobei auch Karamell und grasige Elemente wie Heu vorhanden sind. (81)

Fazit: In den Jahrzehnten hat die Qualität des Flascheninhalts wahrscheinlich ein wenig gelitten. Der Grundcharakter ist dennoch erkennbar und der Kleiderschrank nicht so schlimm, wie es sich anhört.

White Heather 05 Years

Eine Flasche White Heather 05 Years

Blended Scotch Whisky / 43.4 Gradi / Link zur Whiskybase

1945 erwirbt S. Campbell & Son die Destillerie Aberlour. In den 1950ern wird der Blend White Heather auf den Markt gebracht. In den 1980ern wird diese Marke, inzwischen im Besitz von Pernod Ricard, aufgegeben. Von irgendwann dazwischen stammt dieses Bottling, welches dem Label nach nach Italien importiert worden ist. Wir können mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, dass Aberlour der Lead Malt ist.

Nose: Ein fülliger und sehr lieblicher Blend mit Blütenhonig und Marzipan. Pflaume, Dattel und Apfel auf der fruchtige Seite. Hie und da etwas Schokolade. Dass er schon lange Zeit in der Flasche war, merkt man in Ansätzen. (83)

Taste: Extrem weich und mild, trotzdem ist da diese Eichenholzwürze, die sich mit der Zeit immer mehr nach vorne kämpft. Ansonsten der Nase recht ähnlich: Honig und Apfel sowie Zartbitterschokolade. (83)

Finish: Es bleibt dieses weiche Gefühl von öliger Geschmeidigkeit. Apfel, Nüsse und ganz viel Wärme. (81)

Fazit: Ein kuscheliger Wohlfühl-Whisky, nicht anspruchsvoll und sehr smooth. Blends mit solchen Eigenschaften können schnell mal langweilig werden, dieser hier aber nicht.

Was sagt man dazu? Auch früher wurde guter Whisky unter die Leute gebracht. Immer wieder ein Erlebnis, an einer ‘Zeitreise enabled by Scotch’ teilzunehmen.

Samples privat & kostenfrei zur Verfügung gestellt bekommen | Bilder mit freundlicher Genehmigung von islay007