Altes Zeugs (II)
Hab mal wieder random ein paar Sachen zusammengewürfelt.
Tamnavulin 24 Years „The Stillman’s Dram“
Eichenfass / 45,0%Vol. / Link zur Whiskybase
Wurde in den 90ern gebottled, womit dieser Dram seinen Ursprung wohl in der ersten Hälfte der 70er oder vielleicht sogar noch ein paar Jahre eher hat.
Nose: Fängt erst recht harmlos, fast schon austauschbar, aber dennoch edel an, mit süßem Karamell, Vanillegebäck und dezentem, aber würzigem Eichenholz. Dann wird er schwerer und verstaubte Holz- und Ledermöbel werden mit öliger Möbelpolitur behandelt, eine alte Bienenwachskerze darf nicht fehlen. Am Horizont erscheinen Rosinen, getrockneten Feigen und Nüsse. (88)
Taste: Ölig und wachsig, richtig seidig sogar. Würzige Eiche kommt kräftig und druckvoll zum Tragen. Der verstaubte, schwere Charakter setzt sich hier fort, ich verzeichne Unmengen an Nüssen sowie erdig-ledrige Zartbitterschokolade. Stellenweise deutet das Fassholz seine Bourbon-Vergangenheit an. (87)
Finish: Eine verstaubte, harzige Wachskaskade bahnt sich den Weg durch Nüsse und Eichen. Zimt zeigt sich samtig, Akzente von Schokolade und Gras runden ab. (87)
Fazit: Aber Hallo! Wenn das mal nicht dieses ‚old school‘ ist, von dem immer alle reden. Nicht zu viele Schnörkel, alles bestens integriert und ausbalanciert.
Tomintoul 1967 TWA
Bourbon Hogshead 45yrs bis 2012 / 44,6%Vol. / Link zur Whiskybase
The Whisky Agency hat schon viele geniale Whiskys aus längst vergangenen Zeiten herausgebracht. Von diesem Tomintoul gab’s insgesamt 177 Flaschen, welchen man heutzutage bestenfalls noch auf Auktionen vereinzelt begegnet. Was vermuten lässt, dass es sich hierbei auch um einen genialen TWA handelt.
Nose: Es ist gleich zu erkennen, dass der alt und gediegen ist. Wunderbar fruchtig-süß und würzig, der Holzeinfluss ist auf den Punkt perfekt. Ebenso die Bourbonakzente, welche mit Vanille, Kokos und verschiedensten gelben, teilweise tropischen Früchten aufwarten. Salz und Honig rollen ölig-wachsig darüber hinweg. Was anfangs Karamell ist wird mit der Zeit zu Schokolade. (91)
Taste: Die Früchte werden sogar noch gelber, getragen von feinwürzigem Eichenholz und zartbitterem Gerstenmalz wandern sie Stück für Stück in einen salzigen, wachsigen Topf mit Blütenhonig. Das Holz ist ein wenig präsenter und nussiger und wird außerdem von einem herben Touch begleitet. (90)
Finish: Schwere Süße von wachsigem Honig und bourbonesken Früchten zieht den Rachen hinunter, hinterlässt salzig-malzige Eindrücke. Vanillemark tobt sich aus, ebenso trockenes Eichenholz mit Zimt und Haselnuss, sowie Spuren von erdiger Bitterkeit. (90)
Fazit: Eine dieser alten, bodenständigen, absolut gut gemachten Abfüllungen, von denen man gerne eine ganze Flasche im Regal stehen hätte. Die Aromenfracht wirkt nach viereinhalb Jahrzehnten überhaupt nicht müde, der mit 44,6% verhältnismäßig niedrige Alkoholgehalt hat m. E. keinerlei „schwache“ Momente zur Folge.
Port Ellen 1982 McG
Sherry Cask 19yrs Spring 1982 bis Spring 2001 / 43,0%Vol. / Link zur Whiskybase
Mein allererster Port Ellen. Während Diageo an der Widerauferstehung dieses Mythos arbeitet, taste ich mich mit einem Sample aus der Provenance-Serie vom Douglas McGibbon an ein mir bisher unbekanntes Geschmacksprofil heran. Die damaligen Brennblasen sollen exakt nachgebildet worden sein, vielleicht ist dieser Rückblick ja auch ein Blick in die Zukunft 😉
Nose: Muss ein Refill Sherry Cask gewesen sein, für 1st-Fill reicht’s nicht ganz. Leicht nussig verbindet sich dieser dezente Sherryeinfluss mit dicker Vanille und dichtem Aschevorhang, welcher an geräuchertem Schinken erinnert. Karamelliges Eichenholz und salzige Austern am sturmumtosten Meeresufer, grüne Paprika und eine Messerspitze pfeffriges, dieselgetränktes Schießpulver gewinnen an Raum. (88)
Taste: Der fängt dreckig an, mit ordentlich Lagerfeuerasche, Ruß und Vanille. Das Eichenholz kann das etwas lösen und mit seiner Würze vielschichtiger gestalten. Dann kommt erneut das Meer mit seinem Salz und Austern, ein Zitrusspritzer ist auch dabei. Malzzucker und Karamell schaffen da den ausgleichenden Weg zum Süßen. (87)
Finish: Die würzigen Eichenholzakzente fallen hier als erstes und sehr positiv auf. Die Asche ist nur ein Element von vielen, es finden sich auch Vanille, Salz und helle Zitrusnoten. Mit dreckigen und malzigen Tönen klingt der Malt prägnant, aber sanft aus. (86)
Fazit: Man wird nicht umhin kommen, die geringe Alkoholstärke zu bedauern. Es zieht sich wie ein roter Faden durch das ganze Trinkerlebnis, dass ihm deshalb immer wieder die Luft ausgeht. Der Brennereicharakter an sich ist trotzdem sehr ansprechend und ich beginne zu ahnen, weshalb uns Port Ellen fehlt. Wir werden sehen, ob die Wiedereröffnung die Whiskylandschaft bereichern kann. Hab gehört, im Oktober wurde die Bauphase gestartet.
Caol Ila 1982 Wy „Smoke on the Water“
Hogshead bis 2014 / 46,0%Vol. / Link zur Whiskybase
Eine Hommage an Deep Purple und einen der erfolgreichsten Rocksongs aller Zeiten? Vielversprechend!
Nose: Keinesfalls wuchtig, eher feingliedrig und weich, ohne jegliche Kanten. Der Einstieg verläuft mit süßen Zitrusfrüchten, speckiger Asche mit erdigem Unterton und würzigem Eichenholzstaub relativ unaufgeregt. Salzige Anchovis garniert mit einem Klecks Butter bringen Abwechslung, fluffiges Karamell und Kokosraspeln runden ab. Kellog’s Smacks, Reisstärke und Diesel kreieren m. M. n. ein unstimmiges Momentum. (83)
Taste: Nicht mehr so weich, die kalte Asche und erdige Holzkohle aus der Lagerfeuerstelle machen den Dram eher harsch. Ein Hauch Diesel hängt in der salzgeladenen Meeresluft. Die Zitrusfrüchte sind nur in Nuancen vorhanden, Klebernoten und herb-saures Eichenholz dafür umso mehr. (79)
Finish: Da kommt erst einmal nur Asche. Zögerlich dann auch die gesalzenen Zitrusfrüchte und etwas Reisstärke. Wie werde ich denn jetzt diesen holzig-herben Schwefelgeschmack wieder los? (73)
Fazit: Hab ich was verpasst? Kann Whisky kippen? Wenn mir nach dem ersten Schluck jemand gesagt hätte, das sei der 12-jährige Standard, hätte ich das mit Blick auf die seit Jahren nachlassende Qualität glauben können. Man erkennt den Caol Ila, immerhin. Aber der zweite Schluck war wie ein Verstärkungsglas für einen zu lange gelagerten Whisky.
Laphroaig 1981 WM
Eichenfass 14yrs bis 1995 / 46,0%Vol. / Link zur Whiskybase
Über den letzten Whisky konnte ich ehrlich gesagt nicht mehr herausfinden, als die Eckdaten auf der Flasche hergeben. Herausgegeben wurde er vom italienischen Abfüller Wilson & Morgan im Rahmen seiner Barrel Selection.
Nose: Cremig-süße Vanille zum Start mit schokoladigem Karamell und ganz zarter, aber dichter, Asche. Eine delikate Mischung aus Orangen und Rosinen folgt, ölig-salzige Aromen schmeicheln der Nase. Das Eichenfass wird etwas präsenter, die Gewürze blühen auf. (87)
Taste: Hier ist die Asche einen Touch medizinisch mit viel Stroh und salzig-mineralischen Anklängen. Herbe Zitrustöne und Vanille unterstützen ein prickelnd würziges Eichenholzfass. Die Textur ist teils erdig, rostig und fett. (86)
Finish: Asche und Stroh, die herben Noten weichen nicht und verbinden sich mit schokoladiger Bitterkeit. Wärmend ist er schon, aber durch die Trinkstärke fehlt ein wenig das Durchhaltevermögen und er wirkt leicht wässrig. (84)
Fazit: Könnte ein Refill Bourbonfass gewesen sein. Für einen so jungen Laphi fast schon zahm, dass nicht in Fassstärke abgefüllt worden ist tut sein übriges.
Das schöne an so einem bunten Haufen ist, dass es nie langweilig wird: Der Tamna war eine positive Überraschung, der Tomintoul ein Highlight, der PE eine Verheißung, der Caol Ila eine Enttäuschung und der Laphi… out of character. Auf jeden Fall lauter horizonterweiternde Fenster in die Vergangenheit. Notiz an mich: Weiterhin Augen offen halten nach altem Zeugs.
Samples privat gekauft | Bilder eigenangefertigt bzw. mit freundlicher Genehmigung der Whiskybase
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