Erstlingswerke
Die ersten Abfüllungen der vielen neu entstehenden Brennereien in Schottland, England, Irland und auch in den weniger für Whisky bekannten Staaten werden immer mehr mit Spannung erwartet. Mehr noch sie werden teilweise zu irren Preisen ver- und gesteigert.
Ich nehme mir heute mal etwas Zeit den Inhalt etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Es sie dabei nicht immer genau die ersten Abfüllungen, aber häufig zumindest mit die ersten. Was können sie also, die jungen Wilden? Ein neuer Morgen in der Whiskywelt?
Kingsbarns Dream to Dram
Der Traum von der eigenen Destillerie wurde mit Kingsbarns für den unabhängigen Abfüller Weymss wahr. Auf dem Gelände eines alten Bauernhofs in Fife wurde die Destillerie errichtet. Der Dream to Dram Whisky ist ein dreijähriger mit 46%. Er war der erste für den breiten Handel. Er wurde in Ex-Bourbon und Ex-STR-Weinfässern (10%) gelagert. Zur Flaschenzahl hab ich nichts gefunden. Link zur Whiskybase
Nase: Fruchtig, malzig. Wie bei so jungen Whiskys nicht selten: Apfel, Birnenkompott. Etwas Lösungsmittel. Süßes Gebäck mit Vanille. Müsli mit Banane.
Mund: Relativ würzig geht es los. Mit Pfeffer aber auch Backgewürze. Eine milde Süße, begleitet vom Fruchtsäure.
Abgang: Etwas holzig zunächst, dann wieder würzig und zum Schluß kommen die Früchte wieder. Diesmal sind Pfirsiche statt der Bananen dabei. In der Länge wird er relativ bitter. Er bleibt aber auch nicht sehr lang..
Fazit: Klar, der ist jung und das merkt man. Aber das heißt nicht, das er nicht schmeckt. Da kommen bestimmt noch tolle Sachen in Zukunft! 81/100
Lowland AB006 Creative Whisky Company
Ailsa Bay darf man nicht drauf schreiben, also muss man kreativ werden… die Creative Whisky Company hat den Namen also in einem Kürzel notiert und das Verbot so umgangen. Der Inhalt dieser mWn ersten unabhängigen Ailsa Abfüllung ist 50% stark. Recht viel mehr weiß man nicht. Link zur Whiskybase
Nase: Scharfe Dämpfe, Radiergummi. Nach einiger Zeit kommt Malz und die entsprechende Süße. Auch Birne ist zu erkennen. Die Dämpfe aber bleiben lange. Zu lange für mich. Wenn man es durchsteht dann kommt noch etwas Vanille und Apfel.
Mund: Es zwickt uns heißt. Pfeffer, alle Farben. Künstliche Zitrone. Pappkartons. Geröstetes Malz und frische Kaffeebohnen.
Abgang: Süß, ich würde sagen Vanillezucker. Und fruchtig. Vor allem Apfel und Birne aber auch Weinbergpfirsiche. Nur sehr wenige Bitterstoffe.
Fazit: Finde ich eher schwierig, um ehrlich zu sein. Da sind ein paar Fehlnoten unterwegs und er ist einfach blutjung. 76/100
St. Kilian 2016 Signature Edition One
In Deutschland, genauer gesagt in Rüdenau wurde 2016 die St. Kilian Destillerie eröffnet. Das Konzept scheint stimmig, die Story dahinter ist einprägsam und emotionalisierend. Im Gegensatz zu so manch anderen Destillerien in Deutschland, die eigentlich Obstbrand produzieren und dann feststellen „Whisky ist grad hip, da könnten wir doch auch mal was machen“. Ihr erster Single Malt ist eine Komposition aus verschiedenen Fässern: Ex Bourbon Barrels, Rhum-Agricole-Fässer, kleine Quarter Casks, Pedro Ximénez-Sherryfässer und ein Kastanienfass. Er wurde mit 45% in 20.000 Flaschen (0,5l) abgefüllt. Link zur Whiskybase
Nase: Gummi, Birne, Vanille, süßliche Melasse. Etwas Grünes, Laub oder nasses Gras. Und auch ein Anflug von Frucht. Zitrus. Aber eher nicht die positivste Variante.
Mund: Kein besonders großes Volumen. Da muss man schon ein paar Umdrehungen machen, um die Aromen zu entfalten. Dann hat man Birnencidre, einige Pfefferkörner, gekochtes Gemüse und Früchte.
Abgang: Ein paar Nüsse und ein süßer Sirup auf einer frischen Brotscheibe. Birnenspalten werden dazu mit dem Taschenmesser aufgeschnitten. Ein leicht bitterer Ton bleibt, ansonsten eher kurz.
Fazit: Ich hab von diesem Malt ein sehr großzügiges Sample erhalten und es in alle Welt verteilt. Freunde, Familie andere Blogger. Jeder der wollte oder auch nicht hat etwas davon erhalten. Meistens habe ich nichts dazu gesagt, was im Sample drin ist und die Diskussion nach der Verkostung war immer interessant. Die Überraschung, dass es deutscher Whisky ist war gelungen und die Meinungen waren wohlwollend. Das es quasi noch ein New Make ist wurde von den erfahrenen Whiskytrinkern allerdings schon erkannt. Dem schließe ich mich auch an. Das hier ist eine schöne Erfahrung und absolut trinkbar. Sicherlich ein guter Start, aber in aller Ehrlichkeit: Da ist schon noch Luft nach oben. Ich freue mich darauf diese zu erkunden. 79/100
P.S.: Design ist ja meiner Meinung nach nicht nur Geschmacksache. Optisch finde ich die Brennblasenflasche ja sogar ganz gelungen. Aber praktisch ist die leider nicht. Die nimmt meiner Meinung nach auf dem Regal viel zu viel Platz ein und ist quasi unsichtbar, wenn sie nicht ganz vorne steht.
Annandale 2015 A.D. Rattray
Das erste unabhängig abgefüllte Bottling der Annandale Destillerie. Abgefüllt wurde es zum siebten Geburtstag des Pot Still in Glasgow. Eine wundbare Whiskybar, die man unbedingt besuchen sollte, wenn man die Gelgenheit dazu hat. Die Destilliere befindet sich in den Lowlands und hat in der Vergangenheit schon einmal existiert. 2014 wurde sie wieder eröffnet, rekonstruiert nach seinem ursprünglichen Vorbild. Diese Abfüllung kommt aus einem Bourbonfass und war da auch nur drei Jahre drin. Die 260 Flachen sind 61,2% stark. Link zur Whiskybase
Nase: Birne, Torf und Vanille. Eine sehr junge getorfte Abfüllung würde ich sagen. Passt also ins theoretische Bild. Eine schöne Süße kommt dazu und ein paar kräutrige Noten. Der Alkohol ist merkbar
Mund: Er zwickt in die Zunge und gibt dann eine schöne Kombination aus Zitrone, Karamell und Pfeffer frei. Dazu wieder ein wenig Torf, Seetang, Salz und einige Bitterstoffe.
Abgang: Leicht rauchig klingt er aus. Dazu auch wieder die Birnen und die Bitterstoffe. Er wärmt wunderbar, ist aber mit dne über 60% nicht unangenehm. Der Alkohol ist gut eingebunden, wie man so schön sagt.
Fazit: Ziemlich gut gelungen würde ich sagen. Klar durchaus jung. Das kann und muss er nicht verschleiern. Davon würde ich gerne mehr trinken in Zukunft und schauen mit Freude auf die weitere Reifung! 86/100
Annandale 2015 Whisky Druid
Und da machen wir doch gleich weiter: Noch eine unabhängige Annandale Abfüllung. Diesmal ein paar Monate älter und aus dem 1st Fill Ex-Oloroso Hogshead. Abgefüllt durch Michel Reick unter seinem Label Whisky Druid. Könnte ein klassicher Fall von „Fass schlägt Reifung“ sein, aber Michel ist ja der deutsche Fassflüsterer, der wird das schon ordentlich gemacht haben. 335 Flaschen gibt es und 57,6% hat er. Link zur Whiskybase
Nase: Ein wenig Käse zu Begin. Dann Heidelbeeren, Leder und Tabak. Süßer Rauch mit Erdbeeren kommt dazu. Das ist alles vielversprechend im Sherrysegement. Der Peat kommt erst noch langer Zeit zum Vorschein, fügt sich aber gut ein. Dann kann man auch noch eine metalische Note vernehmen.
Mund: Blaubeeren, Brombeeren und einiges an Pfeffer. Holz, nasses Sherryfass. Auch Bleistiftspäne sind dabei. Auch hier kann man nach langer Zeit den Torf erahnen.
Abgang: Würzig geht es auch in den Abgang. Dazu wieder die dunklen Fürchte. Es kommt noch ein wenig Pflaumenmus dazu. Die Bitterstoffe halten sich in Gernzen. Er bleibt für sein Alter relativ lang und wird dann noch mal trocken. Auch hier zeigt das Fass was es kann.
Fazit: Ganz gut für so einen jungen Whisky. Das Fass überdeckt diese Tatsache auch ganz gut. Es ist aber nicht zu dominant. Manchmal fühlt er sich an wie die Bunna Mòine. Im Mund hätte ich mir was andere erhofft, da hat er mir nicht so gut gefallen. Der aus dem Bourbonfass hat mir ingesamt deutlich besser gefallen. 85/100
Cley Whisky Dutch Single Malt
Eine Micro-Destillery aus Rotterdam. Ja sowas gibt es. Erst wenige Jahre am Start releasen sie seit 2019 Whisky. Hier haben wir den 40%igen aus dem ersten Jahr. Die dreijährige Reifung erfolgte in Ex-Bourbon mit einem Finish in getoasteter amerikanischer Eiche. Link zur Whiskybase
Nase: Süße Äpfel und Birnen entsteigen dem Glas. Das ist fast schon gesüßtes Mus. Dazu eine leicht parfümierte Note. Dazu kommt einiges an Kokosraspeln und auch Schale.
Mund: Relativ dünn und mit einer erweiterten Form des Parfüms. Etwas Seife kommt dazu. Das ist leider nicht so gut insgesamt.
Abgang: Hier wird es wieder etwas versöhnlicher, wenn auch weiterhin dünn. Eine deutliche Süße kombiniert mit ein paar Bitterstoffen und einer leichtfüssigen Fruchtigkeit.
Fazit: Jung und ehrlich gesagt nicht immer mein Fall. Die Nase hat mir allerdings ganz gut gefallen. 76/100
Cley Whisky Dutch Cask Strength Single Malt
Die fassstarke Variante kommt mit 52% daher und ich scheinbar ein Single Cask. Leider weiß ich nicht welches genau. Entweder gilt dieser Link oder dieser Link zur Whiskybase
Nase: Wie beim trinkstarken Bruder ist es Birne und Apfel, Kokos und Vanille. Der erhöhte Alkoholgehalt ist merkbar, aber nicht unangenehm.
Mund: Deutlich präsenter mit einem gewissen Volumen. Die Parfüm und Seifennote ist auch wieder da aber weniger unangenehm.
Abgang: Auch hier tun die 12% mehr gut. Deutlich mehr Struktur. Die Vanille kommt gut zur Geltung und die Früchte spielen auch gut mit.
Fazit: Besser, geht aber sicher noch besser! Nichts was mich total überzeugt mit dem ersten Schluck, aber ich würde mir das später noch mal anschauen. Aber bitte nur in Fassstärke! 80/100
The English Whisky 08-year-old The Single Cask Ltd.
Zurück auf die Insel, aber nicht nach Schottland. Die St. George’s Distillery, auch bekannt als „The English Whisky Co.“, brennt noch schon über ein Jahrzent. Dennoch ist sie noch jung im Vergleich zu vielen etablierten Destillerien. Ich hatte schon ein zwei nette SMWS davon im Glas, aber für ein Review hat es noch nicht gereicht. Das ändern wir hier: Eine unabhängige Abfüllung von The Single Cask Limited. Acht Jahre gereift in einem Ex-Bourbon Barrel und mit 60% abgefüllt. Link zur Whiskybase
Nase: Eine wunderbare Kombination aus Torf, Erde, Vanille, Honig, Limette und Malz. Alle einzelnen Aromen kann man glasklar erkennen und es ergibt sich dennoch ein Gesamtbild. Die Alkoholstärke ist auch präsent. Sie gibt noch einen Touch „Malerwerkstatt“ dazu.
Mund: Wie ein schöner Caol Ila ergießen sich Zitrone, Kalk und Torf im Mund. Dazu kommt eine deutliche Süße und viel viel viel Vanille.
Abgang: Nussig mit ein wenig Speck. Dann Asche, Kohle und verkohltes Holz. Ein wenig Salz und Honig ist vorhanden. Röst- und Bitteraromen sind auch dabei. Die länge ist sehr angenehm.
Fazit: So wünsche ich mir das. Das ist wirklich geiler Stoff. Wenn man die Vergleiche bei den sicheren Bänken im eigenen Whiskykosmos sucht, dann ist das ein gutes Zeichen. 88/100
Ein schönes Morgenrot…
…braucht nunmal auch Wolken. So würde ich diese Gruppe hier auch sehen. Es gibt absolute Highlights für die Kategorie, mit dem Enflish Whisky und dem einen Anandale. Es gibt aber auch Abfüllungen mit VIEL Luft nach oben. Dennoch hatte ich viel Spaß bei der Erkundungsfahrt durch unbekannte Gefilde!
Bilder: Titel: Photo by Jasmyn Favager on Unsplash und eigene Anfertigung | Samples: Eigene Flasche, privat gekauft, Tausch mit Brian von https://malt-musings.blogspot.com/ und @tooobi_hh, ein kostenlos zur Verfügung gestelltes Sample von St. Killian
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