Mehr Speyside im Glas

Die Zahl der Destillerien ist groß, die Zahl der Whisky die probiert werden wollen noch viel größer. Die Speyside ist ein wahrer Fundus und so kann ich heute problemlos einige Whisky reviewen, zu deren Destillerien hier im Blog bisher noch nichts oder nur wenig geschrieben wurde.

Glenlivet 12-year-old Whic

Glenlivet ist eine der bekanntesten Destillerien weltweit und hat einen gigantischen Output von über 10 Millionen Litern pro Jahr. Heute ist sie im Konzern Pernod Ricard angesiedelt. Diese Abfüllung stammt aus der Reihe der Amazing Whiskies des deutschen Abfüllers Whic. Diesmal spricht mich das Design tatsächlich an, auch wenn rot eine Warnfarbe ist und riesige fleischfressende Pflanzen vielleicht auch kein gutes Vorzeichen sind 😉 Mit 46% ist die Abfüllung nicht in fassstärke. Der Inhalt stammt aus einem Sherry Butt und es gibt 388 Flaschen davon. Diese Zahl lässt bei 46% vermuten, das ein Teil des Fasses anderweitig verwendet wurde. Link zur Whiskybase

Nase: Ich hatte den Whisky schon eingeschenkt, während ich den Infotext geschrieben habe. Immer wieder zog schon eine leicht süßliche Sherryfahne zu mir rüber. Direkt an der Nase ist es dann etwas weniger süß, dafür würziger. Mit Orangen, Tabak aber auch etwas Holz. Dazu Rosinen. Eine leichte Farbverdünner- oder Klebernote ist auch noch da.

Mund: Eher dünn. Mit Hölzern ,etwas Würzsauce und sauren Äpfeln. Nach ein paar Umdrehungen im Mund kommt Pfeffer dazu.

Abgang: Säuerlich und bitter, mit ein paar Äpfeln, Apfelschale und auch noch mal etwas Tabak. In der Länge etwas Pfirsich. Der Apfel kommt noch mal zurück, um genau zu sein: Kerngehäuse.

Fazit: Nicht verkehrt. Ein solider Sherrywhisky in Trinkstärke. Hier und da sind ein paar zu junge Noten mit im Spiel. Da könnte eine fassstarke Abfüllung wahrscheinlich einiges kaschieren. So sind Kleber und holzige Noten doch auch mal anstrengend. 83/100

Glenrothes 2006 Signatory Vintage

Auch die zweite Destillerie ist keine unbekannte. Glenrothes brennt seit Ende des 19. Jahrhunderts in Rothes. Über die Jahre hinweg musste sie vielfach erneuert werden und ist heute in Besitz der Edrington Group. Diese Abfüllung wurde ausgeführt vom unabhängigen Abfüller Signatory Vintage für den deutschen Whiskyhändler Whic. Dort startet man mit dieser Abfüllung eine neue Serie. Sie ist im Design angelehnt an Tarotkarten. „I. The Magician“, wie dieser Glenrothes heißt, ist 61,8% stark und stammt aus einem 1st Fill Sherry Butt. Link zur Whiskybase

Nase: Schokolade, halbbitter. Kakaopulver, Vanille, gegrillte Kirschtomate (kein Witz), kandierte Orange, angebrannter Zucker, Karamell, Datteln, dezente Holztöne, Rosinen

Mund: Chili, Pfeffer, Mandarine, Fudge, ein paar Bitterstoffe, noch mal Schokolade, angebrannte Kräuter, leicht betäubend – kein Wunder bei dem Alkoholgehalt

Abgang: Leicht wärmend am Gaumen und im Rachen. Saure Gummibärchen, kandierte Zitrone, Kaffeebohnen, dunkle Schokolade

Fazit: Sehr robust und mit großen Volumen kommt der Magier daher. Und es ist zum Glück nicht alles nur Schein. Passt gut! 86/100

Craigellachie 1999 SMWS 44.125

Die dritte Destillerie ist sicherlich nicht ganz so bekannt wie Glenlivet oder Glenrothes. Craigellachie brennt in Moray und das auch schon seit mehreren Jahrhunderten. Heute gehört die Destillerie zur Barcardi Gruppe. Diese konkrete Abfüllung ist wieder eine unabhängige. Die Zahl 44 steht bei der Scotch Malt Whisky Society für Craigellachie. 20 Jahre war der „El paraiso oloroso“ in einem Ex-Oloroso Sherry Butt. 445 Flaschen mit 57,4% hat es ergeben. Link zur Whiskybase

Nase: Süß und sherrylastig. Mit Rosinen, Trockenpflaumen und getrockneten Waldbeeren. Wachs, Sojasauce, Honig. Dann dunkle Schokolade, Kaffee,

Mund: Orangen und Nüsse, auch wieder Beeren. Würzige und Saure Noten. Verschiedene exotische Rinden. Rosinen und Pflaumen sind zurück, aber deutlich dezenter als in der Nase.

Abgang: Fudge mit Trockenfrüchten und Salz. Milchschokolade und dunkle Schokolade. Röstaromen von Espresso und Kaffee. Getrocknete Heidelbeeren. Leichte Säure.

Fazit: Sehr sehr lecker. Die Frucht-Würze-Kombination hat mich überzeugt. Auch die verschiedenen Kaffee und Schokoladennoten sind gut. Und dazwischen gibt es dann noch mal ein paar speziellere Dinge zu entdecken. 90/100

Aultmore 2002 SMWS 73.111

Auch ein Society Bottling ist dieser Aultmore. Und auch diese Destillerie in Keith gehört heute zur Barcardi Gruppe. Diese Abfüllung hat 56% und die 210 Flaschen waren zuvor in einem Bourbon Barrel. Link zur Whiskybase

Nase: Sonnenblumenöl und auch Sonnenblumen. Ein wenig Malz und vielleicht auch Hefe. Banane und Honig kommen langsam dazu. Nach einiger Zeit kommt auch etwas teigiges und Vanille dazu. Noch später dann Käsekuchen mit Zitronenabrieb und Puderzucker.

Mund: Ölige Textur, ein schönes Spiel aus Frucht, Speiseölen, Nüssen und Kakaopulver. Auch wieder Banane ist dabei. Und Bananenminze.

Abgang: Mürbeteig und auch Kekse. Äpfel und Walnüsse. Ein trockener Cirde. Reifere helle Früchte bleiben auch noch.

Fazit: Fühlt sich die meiste Zeit sehr clean an. Sehr stark getrieben vom Destillat, wie man sagt. Ich habe noch zu wenige Aultmore getrunken um das sagen zu können, aber das hier könnte eine archetypische Abfüllung sein. 89/100

Aberlour A’bunadh Batch #63

Die Destillerie Aberlour in Charlestown besteht auch schon seit dem 19. Jahrhundert. Aktuell gehört sie zum Konzern Per of Ricard. Die Produkte heute sind vielfältig von der Standardrange über Single Casks und Batches. Bereits die 63. Auflage des erfolgreichen A’bunadh haben wir hier. Starke Sherryreifung, hoher Alkoholgehalt: Das macht diese Abfüllungen aus. Dieser Batch besteht aus Oloroso Sherry Butts und wurde mit 61% abgefüllt. Link zur Whiskybase

Nase: Säuerliche Butter, Schwefelquellen, 1000jährige Eier, Himbeeren, Erdbeeren, Rosinen, Pflaumenmus, Tabak, nasses Holz

Mund: Pfeffer, etwas Schwefel, Kirschcola, Zedernrinde, Nüsse, dunkle Schokolade, etwas Eiche,

Abgang: Butter, saure Früchte, fast schon Fino-Anklänge, Salbei, leichter, grob geschnittener Tabak, süßliche Himbeerbrause

Fazit: Ein im Preis-Genuss-Verhältnis sehr brauchbares Exemplar, wenn ich auch schon bessere A’bunadh hatte. 85/100

Glentauchers 1996 Riegger‘s Selection

Auch Glentauchers gehört zum Pernod Ricard Konzern. Die Destillerie in Mulben hat einen relativ großen Ausstoß, im Vergleich dazu ist sie doch relativ unbekannt. Das liegt daran, dass die Destillate für Blends verwendet werden. Will man einen Single Malt oder gar Cask, dann muss man bei unabhängigen Abfüllern suchen. So auch hier: Wein-Riegger aus dem Schwarzwald füllt unter der Marke Riegger‘s Selection ab. Dieser Glentauchers war 17 Jahre in einem Fass unbekannter Art und wurde für die Whiskyfair Limburg 2013 abgefüllt. Es gab 239 0,5l Flaschen mit 54,5%. Link zur Whiskybase

Nase: Zitronentee mit Honig, Malz und Getreide, feuchtes, muffiges Gewächshaus mit blühenden Blumen, gesüßte Gewürzgurken, mineralische Noten, Scheuermilch und andere Reinigungsmittel… „General Bergfrühling“.

Mund: Zuerst würzig, fast Tabaknoten. Dann wieder Malz. Erfrischungsstäbchen Orange. Salzig und mineralisch. Limetten und Limettenschale. Wieder etwas Seife.

Abgang: Malz, ein paar Bitterstoffe, gespritteter Wein, dezente Holznoten, Orange und eine leichte Korianderseifigkeit.

Fazit: In der Base eine Bewertung von 60-94 … ich weiß jetzt auch nicht. Die leichte Seifennote kann zwar störend wirken, aber ich muss dem keine Untrinkbarkeit zuschreiben. Aber diese ganz großen Weihen sind es wohl auch nicht. Die Wahrheit liegt für mich dazwischen. 84/100

Konzernwhisky?

Tatsächlich war es Zufall, dass alle sechs Whiskys aus Brennereinen stammen, die Teile von großen Getränkekonzernen sind. Wobei soviel Zufall ja dann auch wieder nicht. Schließlich haben diese über die letzten Jahrzehnte große Einkaufstour unter schottischen Destillerien gemacht. D.h. die meisten Brennereien gehören zu solchen Konzernen.

Auf jeden Fall sind das hier keine Beispiel für glattgebügeltes Material für Massenmärkte. Das sind wunderbare Vertreter der Single-Malt-Zunft. Der Craigellachie und der Aultmore preschen dabei noch weit voran. Glenrothes und Aberlour bilden ein gutes Mittelfeld und Glenlivet und Glentauchers sind keineswegs schlecht, aber vielleicht eher für ein kleineres Publikum.

Bilder: Titel: By Pernod Ricard – Pernod Ricard press materials, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=26110866 und eigene Anfertigung, Samples: Eigene Flasche, privat gekauft und zwei von whic kostenlos zur Verfügung gestellte Samples