Ein See in der Speyside

Die Speyside im Glas

Wie schon vor einigen Wochen widme ich mich heute wieder der Whiskyregion Speyside. Diesmal nicht explizit den Tälern, wobei auch ein „Glen“ dabei ist, sondern einigen weiteren Destillerien dieser Region. Die (Whisky)-Landschaft der Speyside ist vielfältig und will erkundet werden.

Linkwood 1997 SMWS 39.151

Nummer 39 steht beider SMWS für die Brennerei Linkwood. Die 151te Abfüllung davon war 19 Jahre in einem 1st Fill Sherry Butt. Die 592 Flaschen hatten 58,4% und tragen den Titel „A Blue Lady and a Seraph’s smile“. Link zur Whiskybase

Nase: Alte Hölzer, süße Pflaumen und Rosinen. Tabak, Leder und Kräuter. Orangen- und Karamellfudge. Ein Hauch Vanille.

Mund: Süße Kräuterlimo mit einem schönen Kick. Zitronen dazu und weißer Pfeffer. Getrocknete Früchte, diesmal eher hellere. Vielleicht etwas Mango und Pfirsich. Nach ein paar Runden im Mund ist auch wieder Tabak im Spiel.

Abgang: Bitter und süß. Die Pflaumen sind wieder da. Pfeifentabak und ein eher erdiger und würziger Abschluss bleiben lange. Nach einiger Zeit mischen die Kräuter auch wieder mit. Ich erinnere mich an einen Amaro.

Fazit: Wunderbarer Sherrywhisky, der aber auch für sich selbst sprechen kann. Ein Glücksgriff. Daher kommt bestimmt das Lächeln im Titel der Abfüllung. Der Rest bleibt für mich kryptisch. Aber wer kauft schon Whisky wegen dem Namen? 89/100

Glen Moray 27-year-old Chorlton Whisky

Vom unabhängigen Abfüller Chorlton Whisky stammt dieser Glen Moray. 27 Jahre verbrachte er im Bourbon Hogshead, bevor kurz vor Weihnachten 2019 130 Flaschen abgefüllt wurden. Er hatte noch 44,6% und bei der geringen Flaschenzahl fragt man sich ob die Engel wohl besonders gierig waren. Link zur Whiskybase

Nase: Eine fette Zitrusnote. Limette, Zitrone und Orange. Dann auch noch andere gelbe Früchte: Pfirsich und Nektarine. Etwas Brot mit Honig dazu Malzkaffee. Ich stehe jetzt auf der Wiese hinter dem Obstgarten. Das Gras steht hoch.

Mund: Auch hier wieder eine absolute Stärke bei den Fruchtnoten. Limetten, Zitronen, Kumquats und auch Pomelo. Dazu wieder diese malzige und brotige Note. Etwas Baumrinde und Heidekraut und ein Hauch Schokolade. Die Textur ist sehr cremig, fast schon seidig.

Abgang: Die Textur bleibt erstaunlich stark erhalten. Bitternoten machen sich breit. Die Zitrusfrüchte zeigen sich jetzt vor allem als Besten und Schalenabrieb. In der Länge ist auch wieder das Brot zu finden. Diesmal mit einer englischen Marmelade. Ein Lady Grey wird dazu gereicht.

Fazit: Die Frucht in Kombination mit dem Malz ergibt einen tollen Malt, den man durchaus als „ungewöhnlich“ einstufen kann. Ich finde ihn ein echtes Erlebnis und er ist dabei auch noch sehr gut trinkbar. Gelungen. Wirklich gelungen. Schönes Weihnachtsgeschenk und schlaue Engel. 88/100

Inchgower 21-year-old Whic

Der zweite Teil der Amazing Whisky Reihe von Whic. Hierbei handelt es sich um einen im Sherry Cask gefinishten Inchgower. Die Angabe findet man tatsächlich selten. Meistens steht nur das zuletzt verwendete Fass auf der Flasche, wie lange dieses verwendet wurde muss nicht angegeben werden. 186 dieser Flaschen mit 59,3% gibt es. Link zur Whiskybase

Nase: Der schreit einen nicht gerade an. Ein leichter Dunst liegt erstmal in der Luft. Hat sich dieser gelegt, dann macht er Platz für Apfel-Zimt-Crumble. Eine leichte Schärfe ist zu verspüren. Ein paar Tabakblätter, frisch gepflückt. Ein gut eingesessener Ledersessel. Und ein Tiegel Handcreme. Später dominieren diese Gerüche. Dazu kommen auch noch alte Bücher und trockenes Holz.

Mund: Er packt direkt an. Schiebt Ingwerschärfe in den Vordergrund. Diese zerfällt langsam in Zitrone und Orange. Dann wird er unendlich süß. Da fehlt dann der Gegenpol.

Abgang: Im Abgang kommt noch mal eine andere Form Schärfe dazu. Eher Eukalyptus. Das ist aber eher kurz und es ist dann nur noch ein auflutschen Bonbon übrig. Zuckersüß und leicht bitter.

Fazit: Kann man schon trinken. Vor allem ohne nachzudenken. Das Sherryfass hat eher eine geringe Rolle gespielt. Mich überzeugt er eher nicht. Ein kleines Highlight sind vielleicht die drei verschiedenen Arten von Schärfe die ich erkenne. 83/100

Benromach 10-year-old

Ein Klassiker und fester Bestandteil der Core-Range von Benromach. Auch wenn das Flaschendesign geändert wurde. Hier setzt man auf Bourbon und Sherryfässer und das Malz ist leicht getorft. Mit 43% in Trinkstärke abgefüllt und leider auch gefärbt und kühlfiltriert. Im glas habe ich ein Batch aus dem Sommer 2018 Link zur Whiskybase (Beispiel)

Nase: Eine leichte Rauchnote begleitet trockenen Waldboden und weiße Pfirsiche. Mit der Zeit kommt etwas Heidelbeere, Walderdbeeren und wilden Himbeeren.

Mund: Rauchig und sogar leicht torfig geht es weiter. Dann werden Lederschuhe poliert und eine Pfeife gestopft. Die Fruchtnoten haben sich jetzt erstmal versteckt. Lässt man ihn ein wenig kreisen wird er auch leicht salzig.

Abgang: Nicht besonders lang und leider auch ein paar unangenehme Noten Richtung Bleistiftspäne. Nach einiger Zeit kommt der Sherryeinfluss wieder und wirkt versöhnlich. Orangen und Tabak, auch wieder Leder.

Fazit: Ein sehr solider Standard. Hier und da ist noch Luft nach oben. Aber man muss einfach auch wissen was man hier im Glas hat. Für rund 40€ macht man hier sicher nichts falsch. 84/100

Secret Speyside Distillery 1993 Mancarella

Ein Bottling vom mittlerweile weit über Deutschland hinaus bekannten Dino Mancarella für mein Lieblingswhiskyforum fassstark.de – was könnte da schief gehen? Diesmal gibt es einen 26 Jahre alten undisclosed Speysider mit 48,8%. Man munkelt die 265 Flaschen aus dem Sherry Hogshead stammen aus dem Hause Glenfarclas. Aber nix Genaues weiß man nicht. Link zur Whiskybase

Nase: Das Sherryfass lässt grüßen. Pflaumen, Rosinen, Tabak, Leder und Waldbeeren. Das alles wird mit einem Tropfen stark reduzierter Bouillon abgeschmeckt. Verschiedene weitere Aromen flankieren: Limetten und Wachs, Nüsse und Schokolade.

Mund: Wir starten wieder mit der Suppe. Salzig und würzig. Dann kommt die Fruchtnote wieder, aber auch eher herzhaft. Mit Balsamicovinaigrette beträufelte Beeren und Trauben. Auf dem Tisch steht außerdem ein Humidor. Auch hier finden sich wieder Limetten und dazu noch säuerliche Kaffeebohnen.

Abgang: Der Gesamteindruck bisher wird fortgeführt. Salzige, würzige Noten. Süße dunkle Fürchte. Eine Schicht bittere Noten kommt noch dazu.

Fazit: Sehr komplex und mit einem hohen Spaßfaktor. Für ein zweites Glas muss man das Profil aber schon wirklich mögen! 89/100

Ein Meer von Aromen

Ok, auf dem Titelbild ist ein See, aber die Speyside wartet wirklich mit Vielfalt auf. Schauen wir uns nur die verschiedenen Varianten aus Sherry Casks hier an. Die könnten zum Teil kaum weiter auseinander sein. Schärfe, Süße, Würze, alles dabei.

Aber nicht nur die Landschaft der „sherried“ Whisky ist dabei mit unglaublicher Tiefe versehen sondern auch darüber hinaus kann man vieles finden. Wie z.B. den Glen Moray.

More to come! Die Speyside muss weiter erforscht werde. Ich bin bereit.

Bilder: Eigene Anfertigung, Samples: Eigene Flaschen und ein von whic kostenlos zur Verfügung gestelltes Sample