Port Ellen Distillery

Port Ellen ad lib.

Die wohl berühmteste geschlossene Destillerie Schottlands ist wahrscheinlich Port Ellen. Bald wird sie wiedereröffnet. Zeit hier mal die ersten Reviews zu schreiben. Und wenn schon, denn schon. Gleich ein kompletter Flight mit sechs Abfüllungen.

Port Ellen 1980 Gordon & MacPhail

Ein Aperitif zum Start würde ein gewisser S. aus F. sagen. Der 40%ige Connoisseurs Choice von Gordon & MacPhail wurde nach 17 Jahren abgefüllt. Anzahl der Flaschen und Fässer sind nicht bekannt. Link zur Whiskybase

Nase: Honig, Malz, Gerste, Phenole, Wachs, Politur, Lampenöl, Parafin, nach einiger Zeit Erde und Rosinen

Mund: gefällig, kandierte Früchte, etwas grünes, etwas Eichenwürze, leichter, ganz dezenter Rauch. Eher der von Kerzen. Ölige Textur.

Abgang: Zitrus, Süße, etwas Bitterstoffe, ein paar Gewürze, ganz leicht salzig.

Fazit: Mehr Wumms hätte gut getan, relativ wenig Rauch und Torf, die Nase ist geil. Recht trinkig auf jeden Fall. Das dürfte auch das Ziel gewesen sein. 86/100

Port Ellen 1980 Gordon & MacPhail

Machen wir gleich weiter mit den Leichtgewichten. Diesmal 15 Jahre und aus Oak Casks. Der Rest ist gleich. Link zur Whiskybase

Nase: Öle, Paraffine, ein Strohfeuer, Zitruszeste, Orange und süße Malznoten, leichte Würzigkeit und Vanille. Nach einiger Zeit Bleistiftspäne.

Mund: Zesten und Honig, viel Malz, etwas dreckige Öle noch aber deutlich weniger, Textur ist eher dünn

Abgang: Wildblumenhonig, schöne Fruchtigkeit, Pfeffer, Vanilleplunder der etwas zu lang im Ofen war. Daher dann auch bitterer. Limetten sind auch noch dabei. Dadurch wird er ganz leicht seifig.

Fazit: Auch hier würde ich mir mehr Wumms wünschen, je nachdem welche Aromen damit stärker betont wären. Auch wieder sehr trinkig. Würde heute wohl niemand mehr so abfüllen. Whisky in Trinkstärke ist gefühlt heute total beliebig und selten so charaktervoll. 85/100

Port Ellen 1981 Douglas McGibbon

18 Jahre alt und mit 43% von Douglas McGibbon in der Provenance Serie abgefüllt. Der Farbe nach würde ich sagen da war irgendwo ein Sherryfass oder dergleichen mit im Spiel. Aber davon weiß man nichts, genauso wie von der Flaschenzahl. Link zur Whiskybase

Nase: Sherry, Orange, Blutorange, Paraffin, Lampenöl, Grapefruit, eine wilde Wiese und Nüsse. Etwas feuchter Tabak. Der Hammer!

Mund: Auch Orange, Tabak, Lampenöle, und ein Kupferpfenning. Ein Kohlenkessel in dem der Medizinmann ein paar Kräuter verbrannt hat.

Abgang: So wie vorher, der Sherryeinschlag ist jetzt noch deutlicher. Dazu am Anfang süß, mit der Zeit trocken. Ein wenig dunkle Schokolade ist auch dabei.

Fazit: Knaller! Hat zufällig jemand eine Flasche davon übrig? Ich hätte da Interesse… 91/100

Port Ellen 1976 Signatory Vintage

23 Jahre alt und aus Oak Cask 4795. Abgefüllt wurde er von Signatory Vintage im Jahr 1999. 55,1% haben die 282 Flaschen. Link zur Whiskybase

Nase: Paraffine, Lampenöl und Kohlenkeller dominieren die Zitrusnoten und den Gewächshausdampf. Wo die G&M noch leichtfüßig daher kommen tritt dieser hier schon eher ins Gesicht. Mehr Alkohol und so.

Mund: Süß und pfeffrig, etwas Wachs und Vanillecreme, bevor es wieder „kerniger“ wird. Zitrusöl wird verbrannt und Plastiktüten, ganz frisch aus dem Karton. Reifenabrieb im Sommer.

Abgang: Walnuss und Zitrus, Waldboden und Motorenöl. Richtig, richtig süße Zitronen. Gibt es sowas? Die Länge ist fantastisch.

Fazit: Auch das ist großes Kino. Anderer Film, mehr für diejenigen, die auch einem Bud Spencer Film mal was abgewinnen können. Wenn er von David Lynch inszeniert wird. Leider ist die Flasche jetzt leer. Es war mir ein Privileg davon mehr als einen Dram haben zu dürfen! 90/100

Port Ellen 7th Release

Das 7th Release der Diageo Special Release gab es auch als 20cl-Flasche. Der 28 Jahre alte Whisky hat 54,7% in diese Variante. Anzahl der 0,2l Flaschen und die verwendeten Fässer sind nicht bekannt. Link zur Whiskybase

Nase: Jemand hat einen Süßwarenladen in einer Raffinerie eröffnet. Aprikosenlutscher sind das Hauptprodukt. Dazu Malzbonbons und Zitronenbrause. Äpfel sind auch da. Dazu eben auch wieder petrochemische Noten. Die sind aber dezenter als bei den vorherigen.

Mund: Starke Zitrusnote, Limoncello par excellance. Schöner Rauch, fette Textur, und ordentlich salzig. Süße Lakritzstangen und Salbeiblätter.

Abgang: Gebackene Äpfel mit einer richtig fetten Butter- und Karamellsauce. Eichenholz und feine Peatstruktur. Etwas Leder und auch noch mal ein paar „Pflanzen“ sind dabei.

Fazit: Ein wenig overhyped vielleicht, aber auch auf jeden Fall sehr gut. Das Aromenspektrum mutet manchmal etwas wild an. 89/100

Port Elllen 10th Release

Der zehnte Batch dieser Abfüllung stammt aus Re-Fill Sherry Butts. Die 3000 Flaschen des 31-jährigen Port Ellen haben eine Stärke von 54,6% Link zur Whiskybase

Nase: Erstmal Früchte, Äpfel und Ananas. Aber auch Graphen, Paraffin, Wachs und Grillkohle, frisch aus der Packung.

Mund: Auch wieder sehr fruchtig. Dazu noch Zitruszesten, mineralisch und schön süß. Springbankstyle würde ich sagen. Richtig gut.

Abgang: Fruchtig bis zum Anschlag, vor allem tropisch. Asche vom BBQ. Wir sind aber schon bei der Nachspeise. Die tropischen Früchte wurden schön langsam geschmort und dabei in Seetang gewickelt. Danach wurde eine Melange aus Springbank, Honig und Fruchtsaft angerührt und darüber gekippt.

Fazit: Ganz großer Whisky. Nase und Abgang sind in den Sternen! Aber auch im Mund ist das großartig. Gerade diese Anleihen bei Springbank haben mir Spaß gemacht. 92/100

Ab sofort nur noch Port Ellen?

Gäbe auf jeden Fall Schlimmeres. Aber dafür muss wahrscheinlich auch ein Lottogewinn her.
Ich fand es in diesem Flight besonders spannend die CC zu probieren, das ist schon eine spannende Range. In dieser Form gibt es das heute glaube ich nicht mehr – mal unabhängig von der geschlossenen Destillerie.
Die Überraschung war wahrscheinlich der Provenance. Ein Wahnsinn was der mit 43% kann.
Der Signatory kann da schon mit mehr Wumms aufwarten und spielt damit auch in einer anderen Kategorie. Ein wilder Ritt.
Die Originalabfüllungen stehen auch mit breiter Brust da, bei den Preisen, auch schon vor dem Sekundärmarkt, kann man das aber wahrscheinlich erwarten.

Es war mir eine Freude, dieses Privileg genießen zu dürfen. Auch wenn die Vorbereitung viel Zeit und Geld gekostet hat.

Bilder: Eigene Anfertigung, Samples: Eigene Flaschen, Originalsamples und privat gekaufte Samples

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