Ein paar gut gereifte Tormore

Heute mal keine Islay Whisky. Heute mal wieder eine eher unbekannte Destillerie. Tormore liegt in der Whiskyregion Speyside. Der Eigentümer, Getränkegigant Pernod Ricard, verwendet das Destillat vor allem für Blends. Es gibt aber eine keine Core-Range, aktuell ein 14- und ein 16-jähriger Whisky.

Die unabhängigen Abfüller allerdings sind durchaus bereit auch länger gereifte Einzelfässer abzufüllen. Das ist gut, denn so haben wir die Möglichkeit diese längere Reifezeit auch zu erleben. Hier im Review habe ich drei davon, mit 20, 24 und 30 Jahren im Fass.

Tormore 1995 Single Cask Collection

Hinter SCC steht ein kleiner Abfüller aus Österreich. Die Anzahl ihrer Abfüllungen ist überschaubar. Ich konnte aber schon ein paar davon probieren und war bisher immer angetan. Dieser Tormore kam 1995 in Bourbon Hogshead 20143 und 2015 wieder raus. Nach den 20 Jahren hatte er noch 53,1%, 220 Flaschen wurden in den Handel gegeben. Link zur Whiskybase

Nase: Leckeres Apfelgebäck, dass gerade frisch aus dem Ofen kommt. Auf dem Tisch steht ein Tiegel mit Orangenmarmelade. Eine Zuckerglasur mit Vanille wird aufgetragen. Nach einiger Zeit geht das ganze über in Südfrüchte. Ein ganzer Korb wird dargereicht, mit einer wunderbaren Blumendekoration. Auch eine leichte grasige Note und ein paar frisch gebrochene Äste sind zu finden. Wenn man lange genug wartet, dann darf man sich auch noch vor ein Mandarinenbäumchen stellen, die perfekt reifen Früchte ernten und schälen. Wow.

Mund: Die Textur ist ölig und dick. Die fruchtige Note schwenkt klar in Richtung Zitrus. Zitrone und Limette, superreif und superlecker. Dazu wieder eine opulente Süße und Schwere, gepaart Vanille. Immer wieder zwickt es auch in der Zunge, schwarzer Pfeffer, vielleicht auch ein Hauch Chili, später auch noch Salz. Ich erahne auch noch etwas fleischiges, vielleicht ein ganz leicht geräucherter Schinken oder eine junge Salami. Dann kommen die Mandarinen wieder. Das klingt irgendwie verrückt, aber da es in Wellen kommt kann man die Aromen gut für sich genießen.

Abgang: Auch hier ist die Frucht noch schön präsent. Eher Orange und Zitrone nun. Auch Zitrusschalen mag man erahnen, die leichte Bitterkeit trägt stark dazu bei. Auch die Würze finde ich wieder, hier würde ich aber eher zu Brotgewürzen tendieren. Ein paar Kaffee- und Tonkabohnen dazu.

Fazit: Liest sich gut? Ist auch gut. Ein richtig fetter, süßer Malt, der aber immer eine ausgleichende Note aufweisen kann. Was mir übrigens auch gut gefallen hat: Fasssedimente in der Flasche. Ein untrügliches Zeichen, dass niemand hier nachträglich noch was verändert hat. Nur ein netter Bonus. Aber ich mag solche Details. 90/100

Tormore 1995 Le Gut’s

Der französische Abfüller Le Gut’s hat diesen 24 Jahre (1995-2019) alten Tormore auf den Markt gebracht. Die 398 Flaschen entspringen einem Butt (ich vermute der Farbe nach Bourbon) und sind 45,4% stark. Was das Einhorn auf dem Label damit zu tun hat will ich lieber gar nicht wissen. Link zur Whiskybase

Nase: Süße und reife Früchte liegen an einem Marktstand bereit. Der Stand links wird von einem Kerzenzieher betrieben. Natürlich nur feinstes Bienenwachs. Er hat aber auch ein paar Öllampen rumstehen. Auf der rechten Seite gibt es Blumen, Topfpflanzen und Sträuchern. Mir wird ein Glas honigsüßer Wein gereicht und etwas Vanillegebäck. Ich schaue mir die Früchte genauer an. Pfirsiche, Birnen, Mandarinen, Bananen und auch Äpfel. Das ist einfach der Hammer.

Mund: Die Früchte wurden zu einem Fruchtsalat vermengt. Sie gären leicht im Saft, der darüber gekippt wurde. Zwei Minzblätter oben drüber und eine Vanilleschote wird einmal kurz eingetaucht. Die Schüssel wird dann mit Wachspapier abgedeckt.

Abgang: Eine prickelnde Säure, Birnencidre feinherb. Die Gärung erfolgte auf jeden Fall mit Schale. Dazu auch noch Zitrus und mineralische Noten. Einen Schluck wärmenden Minztee aus einer Holzschale gibt es zum Abschied.

Fazit: Fruchtig und frisch. Vielschichtig und komplex. Fordernd und belohnend. Ich werde dann mal Fan, ok? 91/100

Tormore 1988 Cadenhead

Cadenhead ist ja regelmässig teil meiner Reviews. Ihr Fassbestand gilt als einer der umfangreichsten aller unabhängigen Abfüller. So wundert es nicht, dass sie einen 30-jährigen Tormore abfüllen können. Dieser hier ist 1988 in ein Bourbon Hogshead gefüllt worden und 2019 wurden 132 Flaschen mit 43,2% abgefüllt. Der Angels Share war also relativ hoch. Hoffen wir mal das hat den Geschmack konzentriert! Link zur Whiskybase

Nase: Hoch stehende Wiesen und frisch gemähtes Gras. Sticht in der Nase. Lösungsmittel oder etwas in der Art. Aber auch helle Früchte sind da. Ich würde sagen als Marmelade. Auch etwas Ingwer ist zu finden und man kann immer wieder das Fass vorbei

Mund: Auch hier wieder sehr stark Richtung Flora. Gräser, Tabakblätter und Zimtrinde. Insgesamt auch würzig jetzt. Ein paar Früchte sind dahinter noch erahnen. Vor allem Zitrusfrüchte.

Abgang: Sehr viele Bitterstoffe, dazu eine lebendige Frische und Säure. Auch hier im Wesentlichen Zitrusfrüchte und eine honigsüße Komponente. Auch etwas Pfeffer ist noch da und die gras

Fazit: Durchaus lecker, aber ein Stück zu einseitig. Die “grüne” Seite wird mit der Zeit anstrengend. 86/100

Mehr oder weniger?

Eindeutig mehr. Vor allem von den ersten beiden. Die Kombination aus Frucht, Pflanze und was da nicht noch alles dabei war. Ein Traum. Nichts für freunde von Rauch, Meer und Torf aber schon durchaus was für Wachsfetischisten und Mineralogen.

Ich geh dann mal mehr Tormores suchen. Und ich bin froh dass nicht der älteste der beste ist. Das macht Hoffnung bezahlbares Material zu finden.

Bilder: Eigene Anfertigung, Sample: Eigene Flaschen und privat gekauftes Sample