Ein Sack voll Springbank

Campbeltown wird in Schottland als eigene Whiskyregion geführt. Auf den ersten Blick komisch, denn dort gibt es nur drei aktive Destillerien. Der Grund liegt aber eher in der Vergangenheit, denn da gab es zu Hochzeiten weit mehr davon als heute.

Aber auch heute sind die drei verbliebenen keine unbekannten. Glen Scotia, Glengyle und allen voran natürlich Springbank produzieren hochgelobte und gesuchte Abfüllungen. Um letztere Brennerei möchte ich mich heute ein wenig intensiver kümmern.

Um genau zu sein um die leicht getorfte Variante, die unter dem Destillerienamen geführt wird. Daneben produziert man auch noch den ungetorften Hazelburn und den stark getorften Longrow. Auch für die nehme ich mir sicher mal noch ein wenig mehr Zeit. Im Übrigen unterscheiden sich die Destillate auch noch im Brennprozess. Aber auch das ist ein eigenes Thema. Ich starte mit einer Vertikale Springbank.

Springbank 10-year-old Local Barley

Die Local Barley „Reihe“ von Springbank ist berühmt. Die alten Bottlings reichen zurück bis in die 60er und sind quasi unbezahlbar geworden. Vor einigen Jahren begann man mit einer neuen Auflage, die zu Beginn noch bezahlbar aussah. Bis der Hype begann. Jetzt werden auch schon wieder Fantasiepreise aufgerufen. Das liegt auch daran, dass es nach einer Reihe aussieht, die man vollständig im Regal stehen haben könnte. Ursprünglich als Tripple angekündigt sind es jetzt fünf Abfüllungen. Jetzt ist aber wirklich Schluß. Versprochen ;-). Hier im Glas habe ich den fünften Teil. 10 Jahre alt, nur mit lokaler Gerste hergestellt und 56,2% stark. Die Lagerung der 9000 Flaschen umfassenden Abfüllung erfolgte zu 77% in Bourbon-, zu 20% in Sherry- und zu 3% in Portweinfässern. Hohe Transparenz, das ist schon mal ein guter Start. Link zur Whiskybase

dNase: Eine schöne Süße. Der Sherry sagt „Hallo“ und bringt sehr reife Orangen mit. Dann kommt eine wunderbare Mineralität, vor allem Muschelkalk. Die fruchtige Seite kommt zurück, mit Apfel und auch Fanta Mandarine. Manchmal ist beim Noten etwas Muff da. Die Äpfel sind dann eher Most und eine ganz leichte Peatnote zieht ein.

Mund: Ein ganzer Korb tropische Früchte. Mango und Ananas. Auch Papaya. Dazu ein richtig schöner dicker Honig. Gepaart mit einem Prickeln, schwarzem Pfeffer und den obligatorischen Kieselsteinen.

Abgang: Würzige Noten, fast tabakartig mit Chili-Catch. Danach süß mit etwas Apfel. Ganz zum Schluß wird er trocken und wachsig. Es bleibt Limettenschale, Schieferstaub, Salz und dezenter Peat.

Fazit: Love it. Ich meine 10 Jahre und da geht so viel ab. Der Preis war stolz, aber die Abfüllung ist wirklich gelungen. 90/100

Springbank 12-year-old Single Cask

Es gibt tatsächlich jedes Jahr ein Batch eines 12-jährigen Springbank. Um den dreht es sich in diesem Fall nicht. Sondern um ein Single Cask aus einem Port Pipe für den UK Markt. 696 mit 58,3% kamen auf selbigen. Link zur Whiskybase

Nase: Leicht muffig. Eine Fleischbouillon. Dazu Orangen und Cassis, aber auch schöne Malznoten. Frisches Holz und metallische Töne finde ich auch dazwischen.

Mund: Fruchtig, mit einem vollen Schwung Zitrus. Grapefruit, Zitrone, Orange, Limette. Das macht Spaß. Dazu Pfeffer und eine cremige Textur en paar Bitternoten sind auch dabei. Ein ganz leichter subtiler Rauch kommt dazu. Der bringt dann irgendwann dieses subtile Gefühl man steht in einer Autowerkstatt.

Abgang: Trocken und auch salzig. Macht also durstig. Auf mehr. Die Länge ist sehr ansprechend. Die Zitrusnoten sind auch wieder da. Dazu kommt eine leichte Eichenwürze und auch ein wenig Ingwer.

Fazit: Geiler Stoff. Aber hallo! Ich hatte ja ein wenig „Angst“ wegen dem Portfass. aber die Lagerung war nicht so lange und die Oberfläche pro Liter ist bei einem Pipe auch nicht so hoch. Das hilft. Aber es ist auch nicht irrelevant. Sowas gefällt mir einfach. Den einzigen Vorwuf den man vielleicht machen kann: Vom Peat und Rauch ist für mich nur im Mund wirklich was merkbar und die typische Mineralität ist nicht so ausgeprägt.. Das macht aber nichts. 90/100

Springbank 14-year-old Bourbon Wood

Auch jährlich wiederholt sich eine limitierte Abfüllung aus einer speziellen Fassart. Letztes Jahr z.B. ein Rumfass. 2017 war der Fokus auf „Bourbon Wood“. Das explizit zu machen ist bei Springbank tatsächlich relevant. Häufig sind die Abfüllungen dort aus einem Mix aus Bourbon- und Sherryfässern. Die Limitierung lag in diesem Fall bei 9000 Flaschen mit 55,8%. Und diese kamen aus Fresh and Refill Bourboncasks. Link zur Whiskybase

Nase: Vanille und Kokosnuss geben sich die Hand. Süße, helle Früchte werden in einen roher Kuchenteig gedrückt. Trocknende Leinentücher kommen mir in den Sinn. Vielleicht ein Passiertuch, wenn wir noch in der Küche sind? Die Tür zum Garten ist offen. Der gestampfte Erdboden trocknet gerade nach dem Regen und die Blumen duften.

Mund: Erstmal sehr weich. Nach ein paar Runden durch den Mund geht er dann auf. Weißer Pfeffer, Kokosnuss und die verschiedensten mineralischen Noten. Ein Weg mit Kieselsteinen auf dem gerade ein Moped entlang geknattert ist.

Abgang: Eine krasse Süße bleibt zusammen mit ein paar wenigen Bitternoten und etwas Vanille zurück im Mundraum. Vielleicht noch eine Mandarine dazu, aber dass war es dann auch schon. Vorsicht: Wenn man ihn schnell schluckt ist er säuerlich und bitter. Sauerteig und Grapefruit. Das muss man mögen. Lieber eine Runde mehr im Mund!

Fazit: Diese limitierten Abfüllungen werden häufige gesucht und sind schnell ausverkauft. Hier kann man auf jeden Fall erkennen warum. Nase und Mund sind einfach stark. Das ist wirklich sehr hohes Niveau. Der Abgang hat dann leider nicht mehr so viel zu bieten. Dennoch, ich hatte viel Spaß damit. 89/100

Springbank 15-year-old

Der 15-jährige mit 46% kann als Core Range bezeichnet werden. Er wird kontinuierlich aufgelegt und hat auch schon die diversenen Erneuerungen des Labels hinter sich. Beim meinem Sample kann ich nicht genau sagen, aus welchem Batch es stammt. Meine Vermutung ist aus den 2000ern. Diesmal kein Link

Nase: Säuerlicher Muff. Fast ein bisschen nach Erbrochenem. Nach einiger Zeit im Glas ist das zum Glück weg. Eine fruchtige Note: Orangen und Mandarinen. Rauch und Malz kommen dafür hervor. Besser. Obwohl er nur 46% zwickt er in der Nase. Dann kommt die Mineralität hoch, dazu auch ein paar Kräuter. Genauso wie grüne Johannisbeeren.

Mund: Relativ trocken mit einem klaren Zitruseinschlag. Dazu auch wieder mineralisch und jetzt auch leicht rauchig.

Abgang: Da passiert nicht mehr so viel. Ein paar saure Trauben, inklusive der bitteren Kerne. Ein angetrocknetes Plätzchen mit Milchcreme. Ein leeres Glas Sprinbank 10.

Fazit: Naja… also total schlecht ist er jetzt nicht. Zumindest wenn man ihn ein wenig stehen lässt. Aber ein Überflieger ist das auch nicht. Wenn ich den mit dem 10er vergleiche, dann weiß ich immer was ich lieber trinken würde. 81/100

Springbank 1999 Archives

Unter dem Label Archives füllt die Datenbank Whiskybase selbst ab. Dieser Springbank stammt aus deren Serie „Shells from the Bay of Caraccas“ und ist 17 Jahre alt. Das Sherry Hogshead #269 beinhaltete 287 Flaschen mit 50,3%. Link zur Whiskybase

Nase: An einem Schotterweg stehen Mandarinenbäume aufgereiht. Insgesamt kommt er sehr fruchtig daher. Da sind natürlich Zitrusfrüchte, aber auch Bananen. Auch etwas nussiges kommt vorbei, manchmal gepaart mit Schokolade. Für einen Springbank ist der Torf doch gut präsent. Später fängt es an zu regnen.

Mund: Er kündigt sich kurz weich und cremig an. Dann kommt Bleistift ins Spiel. Vielleicht ein Tick zu viel für mich. Limetten übernehmen dann, zusammen mit Kohlestaub. Jetzt ist die Schokolade eher dunkel, mit hohem Kakaoanteil.

Abgang: Trockenes Gebäck. Dazu Früchte, vor allem vergorene Trauben. Salzig und auch leicht seifig. Aber in einer guten Art. Wie von Koriander und Limetten, wenn man den Geschmack mag. In der Länge ist er eher bitter.

Fazit: Nicht schlecht, sogar ziemlich gut. Er ist aber nicht großartig. 88/100

Springbank 1991 Malts of Scotland

Bereits 2012 wurde dieser 21 Jahre alte Springbank von Malts of Scotland abgefüllt. Bourbon Hogshead 12036 ergab hier gerade mal 144 Flaschen mit 51,5% Link zur Whiskybase

Nase: Viele, vor allem gelbe Früchte. Ein ganzer Korb mit Pfirsich, grüner Mango, Sternfrucht, Passionsfrucht, Papaya. Dazu ein paar Rauchmandeln und alter, längst leerer Benzinkanister. Vielleicht auch ein wenig Gebäck.

Mund: Süß und ähnlich fruchtig. Diesmal vor allem Zitrusfrüchte. Ein kleines Zwicken hier und da lässt mich an Ingwer denken. Aber auch mit ein paar wenigen Kräuternoten und ein guter Schwung Mineralität sind präsent. Zitronenmelisse, Kalk und Kiesel würde ich sagen.

Abgang: Weich und rund. Ein wenig Pfeffer und auch Bitterstoffe. Die Früchte sind auch hier wieder die dominante Komponente. Er bleibt erstaunlich lange, ist dabei aber vollkommen unaufgeregt.

Fazit: Sehr lecker und trinkig. Die Tiefe und Komplexität dürfte gerne höher sein. Ansonsten gibt es nicht auszusetzen. Zu heutigen Ausgabepreisen von 21-jährigen Springbanks würde er wahrscheinlich ein wenig enttäuschen. 87/100

Springbank 21-year-old Private Bottling

Eine private Abfüllung aus dem Jahr 2018. Typischerweise tauchen von solchen Abfüllungen dann doch ein paar Flaschen im Handel auf. Ich meine wer braucht auch wirklich ein ganzes Fass diesen Kalibers für den privaten Gebrauch? Fass 164 wurde von 1997 bis 2018 mit Springbank belegt und dann wurden 602 Flaschen mit 54,2% abgefüllt. Das sind spannende Zahlen, denn die Flaschenanzahl würde mich spontan vermuten lassen, dass es ein Sherry- oder Weinfass war. Die Farbe sagt aber was anderes. Also ein Bourbon Butt? Gibt es sowas? Egal. Link zur Whiskybase

Nase: Limetten und Honigmelonen, formen ein wirklich fruchtiges „Hallo“. Dann kommt ein Gegenpol: Shiitakepilze und der passende Waldboden dazu. Der Boden ist aber auch sehr mineralisch. Wenn ich die Augen zu mache stehe ich am Waldrand mit Blickrichtung Mosel. Der Weinberg zu meinen Füssen. Jemand öffnet einen Riesling „Kalkstein“ und schenkt das erste Glas aus der Flasche.

Mund: Sehr fein und rund beginnt er sich auszubreiten. Eine sanfte Chillischärfe bringt die Süße der Zitrusfrüchte. Gleichzeitig breitet sich frisch gekalkte Eiche aus. Aber nicht dominierend und störend. Der Riesling ist ein großes Gewächs, feine Mineralität, gute Frucht. Bitterstoffe für die Balance.

Abgang: Bitterorangen bestäubt mit einer feinen Kalkschicht werden flambiert und mit dem Riesling gelöscht. In der Länge dominieren die Bitterstoffe. Das muss man aushalten, denn es ist fordernd.

Fazit: Im Gegensatz zum Port Pipe vermisse ich hier den „Dirt“ doch ein wenig. Da muss man dann „den Fokus neu setzen“. Denn auf der anderen Seite ist er weit eleganter und die Reife ist ihm nicht abzusprechen. Für Fans von guten Rieslingweinen definitiv ein herausragender Whisky. Ansonsten muss man sich eben auf die Komplexität einlassen. 90/100

Springbank 1996 The Whisky Agency

Zum 10-jährigen Jubiläum der Whisky Agency wurde (unter anderem) 2018 dieser Springbank abgefüllt. Auch dieser war 21 Jahre im Fass und (zum Schluss?) in einem Sherry Hogshead. 50,3% hat die Abfüllung, über eine Flaschenzahl konnte ich nicht rausfinden. Link zur Whiskybase

Nase: Schöne Ledernoten zeigen auf das Sherryfass. Aber auch einige Vanille- und Holztöne sind zu erkennen. Salz liegt in er Luft, wie von einem großen Salzblock. Ein Meer von großen Blüten tut sich auf. Dazu Orange, Passionsfrucht und Kumquats. Dazu Kokosöl aber auch mineralische Öle.

Mund: Mit dem Öl und der Mineralität geht es gleich weiter. Torf und Säure kommen noch dazu. Die Blumen und die Früchte sind auch wieder am Start. Das Sherryfass finde ich im Mund aber nicht mehr wieder.

Abgang: Immer trockener klingt er mit einer überragenden Länge aus. Die Früchte sind dabei genauso präsent wie die Mineralität.

Fazit: Sehr lecker und das Alter ist durch die verschiedenen Schichten auch gut vertreten. Der Sherryeinschlag ist begrenzt. Bin mir nicht sicher ob das nicht sogar gut so ist. Ich würde sagen: Erwartungen erfüllt. Es wäre aber vielleicht mehr drin gewesen. 89/100

Springbank 1993 Private Bottling Feinkost Reifferscheid

Ich weiß nicht ob man da noch groß von einem private Bottling sprechen kann, wenn es für einen Whiskyhändler ist. Sei es drum, auf der Flasche steht es auf jeden Fall. Der Händler hat diesen 24-jährigen zum 25-jährigen Jubiläum seines Ladens abfüllen lassen. Ausgesucht hat er sich dabei das Re-fill Bourbon Hogshead 596. Es wurden 120 Flaschen mit 55,2% abgefüllt. Link zur Whiskybase

Nase: Gewachste Früchte. Feinstes Apfelkompott. Kies und Zitrus. Motoren und Lampenöl. Kettenfett und gelbe Paprika. Das alle in einem Pappkarton. Was ist denn da alles los?

Mund: Bratpaprika und Pfeffer. Was sich erst als cremige und ölige Textur Raum verschafft wird schnell zu einem Reigen an Zitrusölen. Dazu die Grasigkeit eines Lowlanders, gepaart mit dem Wachs eines Clynelish und dem maritimen Einschlag eines Talisker.

Abgang: Trocken, mineralisch und Fruchtig. Aber auch Tabak und Getreidenoten sind da. Die Textur ist auch am Gaumen immer noch cremig und ölig. Der Abgang fällt leicht ab gegenüber der Nase und Mund. Aber das ist immer noch sehr sehr hohes Niveau.

Fazit: Das ist etwas Besonderes. Aber auch sehr speziell. So definiert und lecker, so scharf wie eine Klinge aus japanischem Stahl. Mache ich die Augen zu, so habe ich immer sehr klare Bilder von den verschiedenen Geschmäckern und Gerüchen vor Augen. Pointiert bis ins Letzte, aber dennoch vielfältig. Chapeau! 92/100

Finger weg von Springbank!

Die gehören alle mir. Zumindest habe ich nach dieser Vertikale das Gefühl ich muss deutlich mehr Springbank probieren. Das war einfach beeindruckend.

Ich habe die Verkostung über mehrere Abende hinweg gemacht. Da die Noten dann gar so hoch waren, hab ich in den Samples sogar immer noch was drin gelassen, um am nächsten Abend noch mal zu überprüfen ob ich noch immer das gleiche Gefühl habe. Mache ich tatsächlich öfter. Hier war es mir ein Bedürfnis, um sicherzustellen ob das alles wahr ist.

Wobei man letztlich schon sagen muss, viele dieser Bottlings sind schwer zu kriegen und eher das genaue Gegenteil von „Standard“. Aber dennoch. Und ich bin sehr dankbar, dass ich sie alle probieren durfte!

Bilder: Eigene Anfertigung (Alex, Tobias), Samples: Eigene Flasche (Christian, Tobias), privat gekaufte und getauschte Samples und zwei Originalsamples