Ben Nevis 1996-2019
Ich muss zugeben mehrere Whisky, die sehr ähnliche „technische Daten“ haben, zu vergleichen, das bereitet mir viel Spaß. Was macht den Unterschied? Wie stark wirken sich die scheinbar kleinen Unterschiede aus? Diesen Reiz kann man bei Einzelfässern natürlich am besten befriedigen. Meistens werden diese von unabhängigen Abfüllern in den Handel gebracht. Heute habe ich drei Whisky zum Review vor mir, die genau dieser Natur sind.
Ich habe drei Ben Nevis aus dem Jahr 1996 vor mir stehen, alle drei abgefüllt in 2019. Einzelfässer mit 50-53%, der Inhalt um die 23 Jahre alt. Zwei haben eine Nachreifung erhalten, bei einem war es nur der Einfluss eines Bourbon Hogshead. Soweit der die Grundvoraussetzungen. Und los geht es!
Ben Nevis 1996 Caora
Ein kleiner Schweizer Abfüller bringt einige wenige Abfüllungen unter einem eigenen Label auf den Markt. In diesem Fall ein Ben Nevis aus dem Refill Hogshead #1381. 321 Flaschen mit 50,7% wurden abgefüllt. Die Abfüllung ist mittlerweile vergriffen, auch wenn der Export aus der Schweiz sicher nicht einfach ist. Link zur Whiskybase
Nase: Wunderbare Fruchtnoten von Limette, grünen Äpfel mit gewachster Haut, Zitrusöle. Einige Kräuter am Rand eines Feldweges.
Mund: Wachs, Zitrus, Pfeffer und eine schöne Mineralität. Dazu Milchschokolade. Genau die richtige Balance zwischen Säure und fruchtiger Süße.
Abgang: Bitter mit Pfeffer, Zitrusfrüchten und Wachs. Etwas Chili und frisch gemahlener Kaffee. Die Länge ist genau richtig.
Fazit: Eine beeindruckende und sehr vom Destillat getriebene Ben Nevis Variante. Eine wirklich gute Fassauswahl und eine wirklich gute Entscheidung hier keine Nachlagerung zu machen. Hut ab an Caora! 90/100
Ben Nevis 1996 Chorlton Whisky
Der unabhängige Abfüller Chorlton Whisky mit den Gemälden auf den Labels brachte im vergangenen Jahr auch einen 1996er Ben Nevis raus. In diesem Fall wurde erst im Sherry Butt, dann in Bourbon Hogsheads und zum Schluss erneut im Sherry Butt gelagert. Klingt ein wenig verrückt, ist mindestens aber ungewöhnlich. Heraus kamen dann 439 Flaschen mit 53,6%. Link zur Whiskybase
Nase: Süß und fruchtig, wie wenn man an einem dicken Fruchtsirup riecht. Eine Hand voll nasser Kiesel. Eine abgeblühte Wiese mit Wildblumen. Ein Glas Cidre mit einer knackigen bitteren Nase.
Mund: Cremig und ölig mit vielen gelben Früchten und Nüssen und Kernen. Cashew, Makadamia, Aprikose auch gelbe Pflaumen. Mit der Zeit kommt Pfeffer und Orangen die noch am Baum hängen.
Abgang: Der Cidre wird trocken. Die Zitrusnoten bleiben und die Zunge wird pelzig. Ein Fruchtkuchen mit Mürbeteig. Bitternoten dominieren in der Länge, aber nicht unangenehm.
Fazit: Auch sehr gut. Der Abgang fällt ein Stück ab, gegenüber dem restlichen Eindruck. Wenn man allerdings von einem so hohen Level kommt, dann ist das nicht so dramatisch. 88/100
Ben Nevis 1996 Phil & Simon Thompson
Die Thompson Brothers leben den Traum eines jeden Whiskynerd. Eigenes Anwesen mit Hotel, darin eine weltberühmte Whiskybar und obendrein noch unabhängiger Abfüller. Beeindruckend. Diesen Ben Nevis haben sie zum Filmstart des Whiskyfilms Amber Light für Royal Mile Whisky abgefüllt. Ausgesucht hat das Fass Whiskycelebrity Dave Broom. Aus dem Refill Sherry Butt ergaben sich dann 497 Flaschen mit 52,2%. Link zur Whiskybase
Nase: Orange, Leder ein kleiner Touch Schwefel. Eine frisch gefettete Fahrradkette. Butterschmalz und Kumquats.
Mund: Honig und Wachs, auch Orangen und Tabake. Ein trockenes Gebäck. Ein paar Spuren von Menthol und Pfeffer. Im Übergang etwas nussiges.
Abgang: Zitrus und Honig, danach bitter und süßlich. Die Bitterstoffe sind mit der Zeit sehr dominant. Das ist mir an dieser Stelle etwas zu viel.
Fazit: Extrem lecker. Ich muss zugeben die Bitterstoffe im Abgang sind wirklich herausfordernd. Aber der Gesamteindruck ist einfach zu großartig. 89/100
Niveau ist keine Handcreme
…sondern 1996er Ben Nevis. Zumindest heute. 89 Punkte im Schnitt sind verdammt gut. Alle drei waren lecker und dabei nicht nur in Nuancen unterschiedlich. Der Caora hat mir am besten gefallen, weil er geschmacklich so sauber und klar war. Aber ich kann auch verstehen, wenn jemand einen der beiden anderen zum Favoriten kürt. Gang großes Kino!
Bilder: Eigene Anfertigung, Samples: Eigene Flasche und privat gekaufte Samples
Pingback: Eine Hand voll Highlands (Teil 10) – Keine halben Drinks