Ex-Port
Eines meiner Highlights im Tastingkalender ist jedes Jahr ein privates Tasting, im kleinen Kreis, Rund um den Jahreswechsel. Wenn ein Wissenschaftler zum Whiskynerd wird, dann erwartet einen natürlich perfekte Vorbereitung, Details und Hintergrundwissen. In diesem Fall aber auch eine Unmenge an Spaß, Esprit und Insiderwitze, die uns gegenseitig um die Ohren fliegen.
In dieser tollen Atmosphäre habe ich gleich zum Begin des Abends verlauten lassen „ich glaube ich hab heute keine Lust mitzuschreiben“. Nun, der Protest folgte auf den Fuß. Nachdem der in diesem Fall ein verstecktes Lob ist, habe ich mich natürlich nicht zwei mal bitten lassen.
Zuerst durften wir das Thema des Abends erstmal pur tasten, nämlich einen kleinen Schluck Portwein. Dann ging es mit einer kleinen Überraschung weiter. Der erste Whisky war ein Famous Grouse mit Port Finish – etwas das keiner der Anwesenden einfach mal so gekauft hätte. Blind verkostet haben alle attestiert, das er durchaus trinkbar ist, nicht komplex aber absolut ok. Für den kleinen Geldbeutel eine gute Alternative.
Nach dieser Einführung ging es dann in die Vollen. Übrigens weiterhin als Blindtasting, mit lustigem Ratespiel zu den Destillerien. Dazu aber im Verlauf und im Fazit mehr. Bühne frei:
Glenlossie 2010 Lady of the Glen
Erst mein zweiter Glenlossie, zumindest meiner Erinnerung nach. Lady of the Glen ist ein relativ neuer schottischer Abfüller. Dennoch sind schon einige sehr gut rezipierte Abfüllungen dabei gewesen. Dieser Glenlossie war acht Jahre im Fass 8645. Die finale Reifung erfolge in einem Ruby Port Fass. Das Release umfasste 282 Flaschen mit 56,8%. Link zur Whiskybase
Nase: Wir beginnen mit dunkler Schokolade, danach sehr viel Vanille. Eine Tüte Hagelzucker, die über grünen Zwergbananen ausgeschüttet wird. Dazu Stachelbeere?
Mund: Da ist nicht viel los. Die Textur ist ölig. Der Geschmack ist zwar klar Whisky, aber die Tiefe fehlt. Ich danke da ist etwas Chili und Vanillekipferl.
Abgang: Ein Apfelgehäuse, nein genauer Kinley herber Apfel (kennt das noch jemand?). Dazu auch wieder ein Vanillegebäck, kurz vielleicht ein paar gekochte Muscheln. Er ist mitteltrocken.
Fazit: Die Nase ist sehr interessant. Hinten raus wird es schwierig. Wenn man ihm etwas Zeit gibt ist er schon irgendwie faszinierend. Aber auch einfach jung und „unausgeglichen“. Was davon das Portfass ist kann ich nicht sagen. Glenlossie kenne ich dafür zu schlecht. 84/100
Glen Moray 1992 C&S Dram Collection
Der unabhängige Abfüller C&S füllte diesen Glen Moray mit 50,5% ab. 306 Flaschen dieses 20 Jahre alten Speysiders gab es. Das Portfass ist nicht weiter spezifiziert. Link zur Whiskybase
Nase: Ein wenig Apfel und Malz steigen in die Nase. Nach einer weile kommen Blaubeeren auf und dominieren die Nase. Das Portfass lässt grüßen. Dazu kommt eine florale Komponente.
Mund: Er ist süß, er ist cremig. Die Aromen gleicht einer Nachspeise: Da ist Sahne, gespickt mit Blaubeeren und Pfirsichen. Nur einen kleinen Gruß der Destillerie kriegen wir auch noch mit: Baumsaft. Etwas grünes, frische Fasern, ein frisch gebrochener Ast.
Abgang: Ganz leicht trocken mit einem schönen Schmelz. Nach kurzer Zeit wird er etwas dämpfig. Süße und Säure halten sich die Wage. Die dunklen Früchte dominieren.
Fazit: Er ist relativ rund, mit nur wenigen Anklängen der Destillerie. Das Portfass gibt insgesamt den Ton an. Grundsätzlich aber mehr als solide, kommt ein wenig drauf an nach was man sucht. 86/100
Mortlach 1997 Malts of Scotland
Wären wir nicht im Blind-Tasting-Modus gewesen, dann wäre hier der Puls wahrscheinlich gestiegen. Mortlach und Malts of Scotland, da steigt die Erwartung bei mir. Der unabhängige Abfüller hat diesen hier im Port Cask (16014) nachgereift (ingesamt waren es ca. 19 Jahre) und dann 257 Flaschen mit 56,4% abgefüllt. Link zur Whiskybase
Nase: Wir beginnen mit Apfel, nach einem Moment dann Huba Buba Apfel. Ähren an einem warmen Sommertag. Danach wird das Korn gepflückt und wir erhalten ein schönes warmes Schwarzbrot.
Mund: Scheinbar haben wir das Brot schon sehr lange gekaut, denn hier wird es süß ohne Ende. Ein Prickeln wird dann mit Apfel und Orange an den Gaumen geführt.
Abgang: Auch der Abgang ist brotig und auch nussig. Trockenfrüchte wurden auch noch eingebacken Nach einer langen Zeit blitzt etwas Maggi durch.
Fazit: Er ist nicht schlecht. Ich denke der Port verdeckt lange die Destillerie. Insgesamt hat er durch den vielen Apfel auch ein paar Eindrücke von New Make. Aber das ist vollkommen ok. 85/100
The Druids Orkney Spirit 2006
Ist bestimmt ein Scapa…. haha. Immer der gleiche Witz, wen auf einer Flasche nur Orkney drauf steht, nicht aber die Destillerie. Es ist aber immer Highland Park. In diesem Fall vom unabhängigen Abfüller Best Dram. Aus Fass 36, gefinished mit einem 1st Fill Port Cask. 290 Flaschen mit 60,9% kamen auf den Markt. Link zur Whiskybase
Nase: Es begrüßt uns ganz typisch Salz, Zitrus und Heidekraut. Eine fruchtige Komponente gibt es extra: Gojibeeren
Mund: Zuerst auch wieder salzig, dann kommt etwas ungewöhnliches. Eisen, wie wenn man Blut im Mund hat. Dann wird er süß mit Bleistiftspänen und auch leicht mineralisch.
Abgang: Leicht torfig verabschiedet er sich. Er hat dabei eine schöne Süße und wird trockener. Auch Frucht ist noch da: Cranberry (Ocean Spring Cranberrysaft) und etwas Rauch.
Fazit: Der ist verdammt lecker. Das typische der Destillerie ist noch da, aber die Nachreifung gibt ein kleines Extra dazu. 88/100
Peatside 2011 Whiskymax
Ein getorfter Blend aus dem Hause Whiskymax. Fass 160003 enthielt torfige Speyside Malts, die dann mit einem Port Wood Finish und 50% Alkohol abgefüllt wurden. Insgesamt etwas unter sieben Jahre im Fass kamen 345 Flaschen wieder raus. Link zur Whiskybase
Nase: Es geht los mit Pfeffer und Torf. Dann kommt nasses Laub und ein harter Bruch. Süße Erdbeeren mit Zuckerglasur und Puderzucker.
Mund: Im Mind gibt es eine binäres Geschmackserlebnis: Süße und Torf. Auch wenn man sich im ersten Moment noch freut, die Kombination ist ja nicht untypisch bei Destillerien wie Lagavulin oder Laphroaig, wird es dann doch mit der Zeit eher anstrengend.
Abgang: Die klebrige Süße bleibt. Der Torf kriegt noch Gesellschaft von Rauch und als kleine Abwechslung kommt noch was florales bzw. erdiges. Wie wenn man vor einem großen Busch steht.
Fazit: Wasser gleicht die Süße etwas mit Bitterstoffe aus. Das reicht aber nicht für eine Balance. Die Nase ist Noch ziemlich ok, danach ist die Süße aber einfach zu anstrengend. 80/100
Den hatte ich übrigens scheinbar früher schon mal im Glas. Juli 2019 um genau zu sein. Da kam er etwas besser weg (83).
Caol Ila Peat & Fruit The Vintage Malt Co Ltd.
Unter dem Label Cooper Choice wurde dieser Caol Ila abgefüllt. Um die Richtung gleich zu erkennen gibt der unabhängige Abfüller Vintage Malt mittlerweile Hinweise wie „Peat & Fruit“ mit auf die Flaschen. Dieser hier kam 2019 mit 55% in die Flasche. Es gibt davon 360 Stück. Nach „many years“ (Abfüllerangabe) in American Oak wurde er in einem Port Wine Cask gefinished. Genauere Altersangaben gibt es nicht. Link zur Whiskybase
Nase: Auch hier finden wir wieder süßen Rauch, etwas medizinisches kommt dazu, vielleicht auch Speck. Auch Kohlenstaub ist dabei. Mit Wasser dringen Kräuter und Zitrus durch.
Mund: Erneut ein Erfrischungsgetränk: Kaktusfeigeneistee, Dazu ein Schälchen Nüsse. Dann bricht der Torf durch.
Abgang: Er ist immer noch leicht süßlich, aber kein Vergleich zum Blend. Es gibt außerdem zum Ausgleich etwas Säure. Der Ausklang findet dann an einem Lagerfeuer statt.
Fazit: Nicht ganz einfach. Ein paar ungewohnte Noten vielleicht und es ist unglaublich schwer die Destillerie wirklich deutlich raus zu schmecken. Insgesamt kann man aber schon mal ein Glas davon trinken. 83/100
In Port
In Port liegt scheinbar nicht die Fassweisheit. Es funktioniert für mich am besten, wenn der Destilleriecharakter noch deutlich erhalten bleibt. Das scheint aber nicht ganz einfach. Im Blindtasting war es manchmal schon fast Detektivarbeit. Der Highland Park hat das aber gut geschafft sich gegen das Fass durchzusetzen und ist deshalb hier eindeutiger Gewinner.
Macht mehr Tastings
Am liebsten würde ich ja schreiben „Macht mehr Tastings mit unserem Host“. Diese Qualität kann ich aber natürlich schon aus Eigensinn nicht abgeben. Das ist unserer, Finger weg. 😉
Aber so eine Tastingrunde ist einfach großartig. Der Austausch und der Mix aus neuen Erfahrungen und sich gegenseitig ein wenig auf die Schippe zu nehmen. Das ist einfach fantastisch. Den Spaß den wir hatten merkt man vielleicht auch stellenweise an den „exakteren“ Beschreibung der Aromen in diesem Beitrag. Wer weiß, gegebenenfalls ist das ein oder andere in der Gruppe entstanden?
Ich kann sowas auf jeden Fall nur empfehlen. Ein paar Gleichgesinnte, mit eigenem Geschmack und eigener Meinung und auf geht’s. Machen bitte!
Bilder: Eigene Anfertigung, Samples: Eigene Flaschen des Hosts
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