Typisch Glengoyne?

Ah Glengoyne. Ich verbinde einige tolle Dinge mit dieser Destille. Großartige Bottlings von Malts of Scotland, die eine Bank waren, immer gut und preislich spitze (bevor noch jemand frag: die gibt es heute nicht mehr). Einen wunderschönen Besuch der Destille, nachdem wir uns auf dem Weg dort hin ständig gefragt haben ob wir noch richtig sind. Einen Hochzeitwhisky. Viele schöne Momente. Deshalb haben mich die beiden folgenden Bottlings auch sehr interessiert. Einmal ein Glengoyne aus dem Bourbon-Fass. Untypisch, denn normalerweise ist immer eine (Nach)Lagerung in Sherry oder ähnlichem gegeben. Zum Anderen ein Bottling von Cadenhead zu deren eigenen 175jährigen Jubiläum. Da musste ein näherer Blick unbedingt sein.

Glengoyne 2005 Archives

13 Jahre in Bourbon Hogshead Nummer 1938, dann in 248 Flaschen mit 57,9% abgefüllt. Archives ist der holländische Abfüller der quasi zur Whiskybase gehört. Diese Abfüllung läuft in der Serie „Fishes of Samoa“. Ich hoffe die waren nicht im Fass 😉 Link zur Whiskybase

Nase: Oh das ist speziell. Erstmal eine Gurke. Dann sind wir in heimischeren Gefilden. Malzige Süße geht in Waldhonig über. Da sind auch Kiefernzapfen, Kerzenwachs und ganz leichter Rauch. Verrückt, das ist so gar nicht typisch Glengoyne.

Mund: Zwei Paar bilden sich raus: Menthol und Pfeffer wechseln sich ab mit einer nussigen Süße.  

Abgang: Am Gaumen wird es nicht weniger komplex. Ist da etwas Wein? Er ist leicht trocken, vielleicht kommt das daher. Oder trockener Sherry? Aber es war ja kein Sherryfass dabei. Einige wenige Bitterstoffe sind auch da. Er ist jetzt auch sehr dämpfig und mit starkem Antritt – wenn man sowas beim Abgang sagen kann. Irgendwie macht er das Bild der finnischen Sauna damit komplett. Später wird er dann wieder süßlich und die Länge ist auch sehr ordentlich. 

Fazit: Hola! Das ist spannend. Ich meine nicht das man den gemütlich den ganzen Abend trinken könnte, aber Spaß macht er schon. Vielleicht auch nichts was man einem Einsteiger einschenken sollte. Das hätte ich von den klassischen Sherry Glengoynes schon eher gesagt. 87/100

Glengoyne 2001 Cadenhead

Aus einem einzelnen Sherry Butt entsprungen und für das 175 Jahre der Firmengeschichte des Traditionsabfüllers Cadenhead in 510 Flaschen gebracht. 58,2% stehen zu Buche. Link zur Whiskybase

Nase: Hier haben wir frisch gemahlenes Kaffeemehl, dann Johannisbeeren und auch unreife Himbeeren. Irgendwann geht es über in Schießpulver und Schwefel. Auch dabei sind Coca Cola und Sherry. Hm… Sherry Coke, mir kommt da gerade eine Produktidee 😉

Mund: Ein schönes Karamellbonbon, dazu saure Beeren. Die Textur ist seidig. Später kommt ganz leicht Vanille und einige Röstaromen und Bitterstoffe.

Abgang: Die Länge ist ok, im Wesentlichen ist er bitter und sauer. Sherry und Espresso klingen an, spielen aber eher die zweite Geige.

Fazit: Naja, ich kann schon verstehen warum einige Schwierigkeiten mit dem Schwefel hier haben. Für mich ist das generell nicht das Problem hier. Ich würde mir aber dennoch etwas mehr Sherrypower wünschen. Die Beerennoten und der Kaffee sind allerdings ein Plus. Insgesamt glaube ich der wäre besser als normales Bottling veröffentlicht worden. Die Erwartungshaltungen bei Jubiläen sind immer recht hoch. 84/100

Es ist eine Weile her…

… seit ich zuletzt einen Glengoyne im Glas hatte. Diese waren auch deutlich anders. Ich hab sie ehrlich gesagt besser in Erinnerung. Aber vielleicht hat sich auch mein Geschmack deutlich weiter entwickelt oder verändert. Beide sind nicht schlecht und ich würde für den Archives auch eine Empfehlung aussprechen. Der ist zwar zeitweise eher fordernd aber man findet dieses Profil sicher nicht häufig.

Bilder: Eigene Anfertigung, Samples: Eigene Flaschen