Balvenie Castle by Stephane Farenga on Flickr under CC2.0 license

Immer mehr Speyside im Glas (Teil 15)

Ende 2024 habe ich mich gefragt warum ich noch kein Review zu Balvenie im Blog hatte. Da soll der nächste Besuch in der Speyside gleich noch ein wenig Abhilfe schaffen. In den Mix kommen dann noch zwei Bottlings die ich in der Weihnachtszeit verschiedenen Menschen ins Glas geschenkt habe, weil ich sie schön fand und sie für mich gut in die Zeit passten. Außerdem kommt noch eine weitere vernachlässigte Berühmtheit: Macallan. Let’s go!

Balmenach 2013 – Phil & Simon Thompson

Der letzte aus der Balmenach-Sherry-Reihe von den Thompsons. Diesmal 120 Flaschen mit 56,5% aus einem Sherry Hogshead. Neun Jahre Vollreifung stehen zu Buche. Link zur Whiskybase

Nase: Honigwaffel, auf dem Toaster leicht angewärmt. Tabak, Leder und auch noch etwas Vanille. Ein paar Trockenfrüchte, vor allem Feigen. Vielleicht auch getrocknete Feigen. Das passt zur fleischigen Note, die jetzt aufkommt. Ein gekochter Schinken, mit Schokolade glasiert. Aber auch gepökelte Rohwürste a la Gendarmes oder Landjäger.

Mund: Süße und Würze spielen gut miteinander. Honig, Pfeffer, Pflaumenmus, Malzbonbons mit Ingwer. Intensive Sherrynoten dominieren. Tabak und Leder werden durch Bitterstoffe ersetzt. Trockenfrüchte und herzhafte Noten verbleiben.

Abgang: Voluminös mit vielen Bitterstoffen. Kaffee, dunkle Schokolade, Tabak. Dazu auch noch Marmeladen aus dunklen Früchten, mit verhältnismässig wenig Zucker. Mit der Zeit schleicht sich eine schöne Nussnote ein. Und ein Hauch von Weihnachten irgendwie auch.

Fazit: Das ist mal wieder einer dieser Momente. Ich darf über meinen Schatten springen. Das ist eine gelungene Sherry-Vollreifung und es ist mir egal ob das Destillat noch erkennbar ist. Das ist geiles Zeug. 88/100

Craigellachie 2008 – Malts of Scotland

Jedes Jahr gibt es einen Weihnachtswhisky von Malts of Scotland. Dieses Jahr in Zusammenarbeit mit deinwhisky.de. Ich hab die Flasche mit zu den verschiedenen Festivitäten mitgebracht und er kam gut an. Deshalb ist die Flasche auch schon fast leer, aber für ein Review reicht es sicher noch. In der Flasche ist ein 16 jähriger Craigellachie aus einem Sherry Hogshead. 291 Flaschen mit 54,9% wurden abgefüllt. Link zur Whiskybase

Nase: Sehr würzig, mit Tabak, Fleischbrühe und Leder. Auch einige saure Fruchtnoten, sowie Trockenfrüchte mit entsprechender Süße. Unterstützt von etwas Waldhonig. Mit der Zeit kommt eine deutlich nussige Note auf, zusammen mit einer leichten Holznote und Sherryreduktion.

Mund: Deutliche Bitterstoffe, schon sehr früh. Da war ich etwas überrascht. Zerriebene Waldfruchtkerne, Kaffeepulver einer milden Röstung. Dazu Himbeeren, mit deutlicher Säure. Die Würzigkeit ist noch da, aber nicht mehr ganz so intensiv wie in der Nase.

Abgang: Leicht prickelnd, deutlich bitter, das ist sehr nah an einem Amaro. Die Früchte sind jetzt eher grün und tun sich sehr schwer noch durchzudringen. Am langen Ende kommt noch etwas Pfefferschärfe. Das ist sehr angenehm bei der Intensität der Bitterstoffe.

Fazit: Ich bin ein wenig hin- und hergerissen. Die Nase ist wirklich spannend aber im Taste und Abgang hat für mich ein wenig zu sehr das Fass übernommen. Sonst wäre das wirklich ein großer Preis-Leistungs-Sieger. Aber er ist sein Geld trotzdem wert und ist stattdessen ein kleiner P/L-Sieger. 86/100

Balvenie 21-year-old

Der 21jährige Single Barrel aus Traditional Oak ist glaube ich ein regelmässig aufgelegtes Bottling bei Balvenie. Hier haben wir Fass 5385, 1999 ins Fass, 2020 wieder raus. In die Flasche kommen diese Bottlings immer mit 47,8%. Link zur Whiskybase

Nase: Kräutrig und grasig, etwas trockener, süßlicher Rauch, Handcreme mit Zitrusaroma, Muskat, Grapefruitschale, Eichenwürze, Vanille, Honig,

Mund: Vanille, Zitronensaft, Malzbonbon, Wildblumen in einem Brotlaib verbacken, Salz

Abgang: rund und weich, pointierte Bitterstoffe, Vanille, die süße nimmt zu, jetzt eher Demerara Zucker. Ein paar fruchtige Anklänge sind auch noch da. Irgendwo in einem leicht angebrannten Gebäckstück.

Fazit: So ein rundes Single Cask. Beeindruckend. Jetzt stelle ich mir die Frage ob die alle so sind. Das wäre ja schon wirklich ein tolles Merkmal, wenn man das immer abrufen kann. 89/100

Balvenie 14-year-old Roasted Malt

34 Fässer wurden mit einem Spirit befüllt, der aus besonders dunkel geröstetem Malz berannt wurde. Nach 14 Jahren wurde er dann mit 47,1% abgefüllt. Link zur Whiskybase

Nase: Helle Früchte, etwas Säure, Holznoten sind vorhanden, dazu auch Politur, Apfelmost, Röstmalz (haha, wenn das mal keine Projektion ist).

Mund: Leichte Adstringenz, etwas Pfeffer. Dann kommen nochmal Früchte, aber weniger als in der Nase. Dafür gibt es Gebäck und anderen Süßkram. Toffee, Malzbonbons. Sowas eben.

Abgang: Etwas angebranntes Karamell, ein paar Bitterstoffe, vielleicht auch eine leicht bierige Note. Früchte sind zurückhaltend aber vorhanden.

Fazit: Nicht besonders spannend. Aber kann man schon trinken. Vielleicht wäre das eine schöne Flasche in 2006, zum Ausgabepreis gewesen. 85/100

Balvenie Tun 1858 Batch 3

Drei Sherry Casks und zehn „traditional Oak Casks“ kamen in Tun 1858 zusammen und wurden dort zu einem Small Batch für Taiwan vermählt. Anzahl Flaschen ist unbekannt. Abgefüllt wurde mit 46,1% Link zur Whiskybase

Nase: Tiefe, intensive Malznoten. Dahinter dringt Sherry durch, mit einer Betonung auf Schwarzkirschen. Etwas Leder und Tabak, aber nur sehr dezent. Auch etwas Brühe und kandierte Orangen. Hohe Komplexität, so wie es zu erwarten oder zu wünschen war.

Mund: Rund, wenig was direkt reizt. Dann sind da intensive Eichennoten, viel Bitterstoffe schon auf der Zunge. Kaffee vor allem. Leicht salzig, eine leichte Sojasauce. Das würde auch zu den Umaminoten passen.

Abgang: Etwas Schokolade (60%), Salzkaramell, kandierte Früchte die in Cognac flambiert wurden. Auch hier ist wieder Umami am Start. Am Ende bleiben vor allem Bitterstoffe.

Fazit: Sehr lecker und auch komplex. Genau das braucht ein Premiumbottling würde ich sagen. Allerdings sind die 46,1% einfach zu wenig, zu dünn. Das kostet ihm bei mir die 90. 89/100

Macallan 2004 – Gordon & MacPhail

Im Gegensatz zu den meisten anderen Abfüllern hat G&M Macallan Fässer und kann diese regelmässig in ihrer Speymalt-Serie auf den Markt bringen. Hier haben wir 20 Jahre Reifung und eine Abfüllung aus einem Sherry Cask. 340 Flaschen mit 59,4% kamen dabei raus. Link zur Whiskybase

Nase: Salzige Erdnüsse, Fleischbrühe, Sojasauce, Balsamico, Leder und Tabak. Dahinter eine leicht parfümierte, florale Note. Die ist aber eher fragil und muss sich durch die lauten Aromen kämpfen. Das ist schon mal ein ordentlicher Antritt.

Mund: Direkt eine intensive Süße, die nach der Nase nicht zu erwarten war. Dann wird es wieder sehr würzig. Salzig, Lorbeer, stark reduzierte Bratensauce, Trockenfrüchte darin. Auch Röstaromen und Bitterstoffe kommen schon raus. Leder, Kakao, Cocktailbitter.

Abgang: Intensive Würze aber auch hier stiehlt sich die Süße rein. Was ein guter Counterpart ist. Eine leichte Nussnote, wieder Leder, Trockenfrüchte. Macht durstig, durch eine Salznote. Umami ist auch weiterhin sehr präsent.

Fazit: Das ist ein Brett. Intensive und besonders würzige Sherryreifung. Gefällt mir sehr gut. Ob das jetzt noch was mit dem Destillat zu tun hat ist hier wahrscheinlich nicht relevant. Das Fass regelt. 90/100

Vielleicht…

… muss ich dann doch mal mehr Macallan probieren. Vielleicht. Balvenie und Balmenach haben sich hier ja auch nicht gerade schlecht geschlagen. Eine schöne Session mit einem würdigen „Gewinner“, wenn es sowas in meinen Beiträgen wirklich gibt. Diesmal hatte ich scheinbar mal richtig Bock auch Sherrycasks. Auch schön.

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Bilder: Titel: Balvenie Castle by Stephane Farenga on Flickr under CC2.0 license | Flaschen: Eigene Anfertigung und freundliche Überlassung der Whiskybase
Samples: Eigene Flaschen, bei Simple Sample gekauft und kostenlose Überlassung von Kirsch Whisky Import (Macallan)