Ein See in der Speyside

Immer mehr Speyside im Glas (Teil 7)

Wir gehen vom Frühling in den Sommer und das ist wieder mal Gelegenheit für eine kleine Runde durch die Speyside. Anfang und Ende der Reise sind diesmal unbekannt. Dazwischen halten wir in Aberlour, Elgin und Dufftown. Die Pferde gesattelt und los geht es!

Speyside Single Malt Scotch Whisky 1998 – Phil & Simon Thompson

Eine Flasche Speyside Single Malt Scotch Whisky 1988 von Phil & Simon Thompson

Ein ordentlicher Einstieg: 24 Jahre alt, 53,2% und 264 Flaschen. Mehr weiß man allerdings nicht. Weder Fass noch Destillerie können die Abfüller Phil & Simon auf das Etikett drucken. Ob die Stühle ein Hinweis sind? Oder ist das vielleicht so ein 3D-Bild von früher? Link zur Whiskybase

Nase: Fruchtig, fasst schon weinig duftet es aus dem Glas entgegen. Dazu etwas Malz. Ein trockener Kuchen mit Vanille und Limettenabrieb. Nicht unendlich komplex aber dafür wunderschön klar und intensiv.

Mund: Es geht so lecker weiter. Dazu kommen noch Wachs, Getreidekaffe, Ingwer und Pfeffer. Das ergibt jetzt eine deutlich höhere Tiefe als in der Nase. Denn kann man auch gut mal ein paar Runden im Mund kreisen lassen. Das macht sehr viel Spaß.

Abgang: Eine tolle Honigsüße, gepaart mit Eichenwürze. Da merkt man dann langsam das Alter. Es ist aber noch sehr dezent. Dann wird es es leicht salzig. Ich hab auch irgendwie den Gedanken an Rinden. Außerdem ist er wunderschön wärmend. Am Ende sind da noch Buchteln mit Pfeffer und Minzblättern. Vielleicht auch ein Rezept für das „wer macht denn sowas Kochbuch“, das man aus meinen Reviews irgendwann erstellen wird 😉

Fazit: Schön gealtert, sehr ehrlich und ich hab wirklich so gar keinen Plan was das für eine Destillerie sein könnte. Macht nix, ist einfach nur lecker. 90/100

Miltonduff 11-year-old – Chorlton Whisky

Eine Flasche Miltonduff 11-year-old von Chorlton Whisky für The Rare Malt in Hong Kong

Eine Abfüllung von Chorlton Whisky mit und für The Rare Malt in Hong Kong. Mit schlanken 62% wurden 2020 176 Flaschen aus einem Bourbon Barrel abgefüllt. Link zur Whiskybase

Nase: Ein charaktervoller Bourbon Cask gereifter Whisky. Mit malzigen Noten, Stroh und einem Hauch Vanille. Dazu kommen erdige Noten und auch einiges an dunklem Kakaopulver. Der hohe Alkoholgehalt zwickt etwas in der Nase.

Mund: Gleichzeitig viele brotige und malzige Noten und aber auch viele Früchte. Vor allem gekochte Früchte. Der Alkoholgehalt hinterlässt die Schleimhäute leicht betäubt, gleichzeitig ist die Textur aber cremig. Eine passende Süße ist auch vorhanden, geht für mich in Richtung Puderzucker.

Abgang: Milchschokolade und Haselnuss. Wunderschön cremig, leicht minerlisch, leicht zitronig. Mit Wasser wird er deutlich fruchtiger und gleichzeitig salzig.

Fazit: Ein sehr erfolgreiches Joint-Bottling würde ich sagen. Das hätte ich mir auch in den Laden gestellt. Ein eindeutiger Hinweis ist auch, dass Christian ihn freiwillig als Abschlußdram in unserem gemeinsamen Urlaub gewählt hat – obwohl er getorfte Whisky und sogar einen Port Charlotte hätte wählen können. Sehr ungewöhnlich für ihn. Mein Fazit: 88/100 Bei dem kann man übrigens wirklich wunderbar mit Wasser spielen. Große Empfehlung, falls ihr mal die Gelegenheit hab ihn zu probieren.

Benrinnes 2010 – Signatory Vintage for Whic

Eine Flasche Benrinnes 2010 von Signatory Vintage für Whic

Eine Abfüllung aus der Reihe „Spirits of the Forest“. Diese wird von Signatory im Auftrag des deutschen Händlers Whic abgefüllt und dort exklusiv vertrieben. Dieser Benrinnes ist dabei 47% stark, stammt aus dem 2nd fill Oloroso Sherry Butt und ergab so 778 Flaschen. Link zur Whiskybase

Nase: Ganz leicht beissende Nase. Dahinter eine dezente Süße und staubtrockenes Holz. Wenn man länger rein riecht, dann kommt Gurke, Karamell und schließlich ein paar Gartenfrüchte.

Mund: Leichte Pfefferschärfe an der Zungespitze. Salzig und süß dreht er seine Kreise. Die Aromen beschränken sich auf Apfel, etwas Malz oder Brot, Limette und ein paar vereinzelte Bitterstoffe.

Abgang: Am Ende bleibt eine leichte Süße, inklusive einer Idee von roten Beeren. Dazu etwas Kaffee. Er wird allerdings schnell sehr dünn dabei.

Fazit: Nicht aufregend, löst keine Begeisterungsstürme aus. Aber er ist ganz ok und gut trinkbar. Ich hätte etwas mehr Würze erwartet, durch das Olorosofass. 84/100

Benrinnes 1995 – Cadenhead

Eine Flasche Benrinnes 1995 von Cadenhead

Besucht man Cadenhead in ihrer „Homebase“ in Campbeltown, dann kann man dort an Warehousetasting teilnehmen. Und auch entsprechende Abfüllungen mitnehmen, die so nicht den allgemeinen Markt erreichen. So auch dieser Benrinnes. Der wurde 2019 mit 23 Jahren und 53,4% aus einem 1st fill Bourbon Hogshead befreit Link zur Whiskybase

Nase: Eine Mischung aus Gurkensaft, Honig, fast schon aufdringlicher Holzwürze und Wachs. Dazu kommen Orangen und Mandarinen. Ein Marktstand mit offenen Gewürzen.

Mund: Ein wirklich sehr aktives Fass. Viel Vanille, Eichenwürze, generell Gewürze. Das dauert bis sich ein wenig Frucht hindurch gekämpft hat. Die wird dann just von den Wachs- und Gurkennoten wieder eingefangen. Auch einige Bitterstoffe helfen dabei gut mit.

Abgang: Es geht sehr ähnlich weiter. Die Eichenwürze ist jetzt weniger dominant. Es kommt zu den gekochten Früchten ein leicht metallischer Touch dazu. Wie von einem Löffel mit dem man die Früchte isst. Auch etwas Kaffee ist noch mit dabei.

Fazit: Old-style 1st fill Bourbon mit einer gewissen Dominanz. Ich glaube ich würde den feiern, wenn ich ihn vor Ort mitgenommen hätte. Mit der entsprechenden Emotionalisierung wäre das sicher nochmal etwas besser. Ohne verbleibt er auf sehr guten 87/100

Mortlach 1995 – Le Gus’t

Eine Flasche Mortlach 1995 von Le Gus't

Endlich mal wieder eine Abfüllung vom französichen Bottler Le Gus’t. Da hatte ich bisher nur schöne Dinge. Und was für ein Bottling 25 Jahre alt, knapp 46% und aus einem Sherry Butt. Was kann da bei einem Mortlach schief gehen? Link zur Whiskybase

Nase: Am Anfang hat die Nase eine etwas unangenehme Schärfe. Die kann man mit Zeit und/oder Wasser wegbekommen. Dann sind wir irgendwo zwischen Wachs, Honig, Leder und einer wilden Wiese. Dann kommen diverse Früchte dazu.

Mund: Schön salzig, ein paar langsam vergärende Früchte. Etwas Banane sticht dabei heraus. Dazu kommt Leder, Röstmalz und Honig. Man denkt das Fass spielt wirklich nur die Rolle Nuancen einzubringen. Es hat aber schon einen klaren Auftrag.

Abgang: Was sich im Mund zuspitzt löst sich im Abgang dann langsam wieder auf. Leder, Kaffee, Bananenkuchen, darüber Salzsprenkel. Auch ein Hauch Rosenwasser ist irgendwo dazwischen. Das Mundgefühl ist, auch Minuten später noch, extrem cremig. Das ist beeindruckend.

Fazit: Ein sehr schönes Bottling. Einzig frage ich mich: Wo sind die typischen Maggikraut oder Fleischnoten vom Mortlach? Am Ende ist es mir aber fast schon egal, das hier ist wirklich lecker. 88/100 Ich empfehle dazu auch das Review von Totoro in der Base. Er ist noch einen Tick begeisterter als ich, mit seinen Beschreibungen kann ich aber auch gut mitgehen.

Speyside Region 1979 „Professor Munakata“ – Hideo Yamakoa

Eine Abfüllung aus den Fässern der mysteriösen Speysider aus den 70ern. Die meisten davon sollen wohl Glenfarclas sein, dieser hier aber wird BenRiach zugerechnet. Hideo Yamakoa gibt seinen Flaschen immer Themen aus der Popkultur. So auch hier. Professor Munakata ist ein bekannte Figur aus einem Manga, welche auch das ein oder andere Geheimnis aufdeckt. Der Whisky war bei Abfüllung 38 Jahre alt und es gab 167 Flaschen mit 42,8%. Link zur Whiskybase

Nase: Direkt nach dem Einschenken braucht er erstmal einen Moment um sich zu legen. Dann beginnt er leicht fruchtig, Birne, Schwarzbeere, Erdbeere. Dabei ist er auch etwas rauchig, wachsig und mineralisch. Dazu kommt auch Holz. Das ist in der Tat ein ganz anderer Stil als die bekannten Secret Speysider. Sehr feingliedrig. Die Aromen sind kaum festzuhalten. Dabei aber durchaus komplex.

Mund: Da ist Tabak. Dann helle Früchte, Stachelbeere, grüner Apfel, weißer Pfirsich, Lychee, Sharonfrucht. Gefolgt von Salz und Vanille. Ein ganz leichter Touch Seife, der aber sogar gut ins Bild passt.

Abgang: Zitrone, Tabak, Vanillegebäck, metallisch, mineralisch, Milchkaffee. Und wenn ich hier insgesamt von Tabak schreibe, dann meine ich ganz leichten und hellen Tabak. Nichts hiervon ist aufdringlich.

Fazit: Das ist sehr spannend. Wenn man das hier mit der konkreten Erwartung verschiedener anderer Secret Speyside aus den 1970ern trinkt, dann mag man enttäuscht sein. Wenn man ihm mit Offenheit begegnet, dann wird man mit einem tollen Dram belohnt. 90/100

It’s a secret to everyone

Es ist ein kleines Mysterium. Warum sind diese Secret Speysider so gut? Ist es vielleicht weil man da unterbewusste Vorurteile oder auch nur Erwartungen bezüglich der Destillerie einfach ausblenden kann? Vielleicht aber sind sie auch einfach nur wirklich gut. Insgesamt war ich wieder sehr seelig mit diesem Flight. Da waren viele schöne und sehr unterschiedliche Dinge dabei!

Mehr zu: BenRiach, Benrinnes, Miltonduff, Mortlach, undisclosed Speyside
Bilder: Eigene Anfertigung und freundliche Überlassung von Gérard und der Whiskybase
Samples: Eigene Flaschen, privat gekauft, von whic.de kostenlos zur Verfügung gestellt (Benrinnes 2010), Teil eines Tastings (Professor Manukata)