Gil Cavalcanti, CC BY-SA 3.0 , via Wikimedia Commons

Eine Hand voll Highlands (Teil 8)

Es ist wieder Zeit für einen Abstecher in die Highlands. Mit Destillerien aus der ersten, der zweiten und der dritten Reihe. Mit Neulingen und Urgesteinen. Mit und ohne Torf, unabhängig oder von der Destillerie abgefüllt. Also eine gute Mischung.

Ben Nevis 21-year-old – Artful Dodger Whisky Collective

Eine Flasche Ben Nevis 21-year-old von Artful Dodger Whisky Collective

Eine 21 Jahre alter Ben Nevis, aus dem Jahr 1998, vom Artful Dodger Whisky Collective. Aus dem Refill Bourbon Hogshead in 378 0,5l Flaschen mit 53% abgefüllt. Link zur Whiskybase

Nase: Es beginnt mit Vanille und hellen Früchten. Dazu Eiscreme mit Apfelstücken. Darüber ein Crumble aus Haferflocken. Nach einiger Zeit kommt überreife Papaya dazu.

Mund: Wunderbare schichten aus Wachs, trockene Früchte (nicht getrocknete Früchte), Waldhonig und Milchschokolade. Das wird immer wieder rauf und runter gespielt. Lecker!

Abgang: Geröstetes Malz bringt Tiefe und Bitterstoffe. Dazu Honig sowie helle und weiße Früchte. Mit Vanille und Mandel schließt er dann ab.

Fazit: Jawohl. Sehr lecker. Ben Nevis kann so schön sein. Fun Fact: Als der raus kam hab ich mir gedacht: Der ist zu teuer. Kostet für eine 0,5l Flasche so viel wie woanders 0,7l. Hätte ich vielleicht doch kaufen sollen. Heute kosten 1996er Ben Nevis ungefähr das Dreifache. 89/100

Clynelish 1997 – Antique Lions of Spirits

Eine Flasche Clynelish 1997 von Antique Lions of Spirits

ALoS ist ein Verbund mehrerer Abfüller und Whiskyhändler. Unter anderem Whisky Antique und Sansibar. Gemeinsam brachten sie insgesamt drei Serien auf den Markt. Dieser Clynelish aus der Savannah Series ist 20 Jahre im Bourbon Cask gewesen. Abgefüllt wurden 253 Flaschen mit 52,4%. Link zur Whiskybase

Nase: Eine trockene und wachsige Nase. Etwas Schuhpolitur kommt auf um dann sehr schnell von hellen Früchten verdrängt zu werden. Zitrone und grüner Apfel stehen im Vordergrund. Danach kommt noch Mandel, Honig und etwas Vanillearoma.

Mund: Süß und gleichzeitig trocken. Leinöl, Bienenwachs, gesüßter, türkischer Jogurt. Dann kommen die Zitronen wieder und bringen eine leichte Schärfe mit sich. Die sich dann mit der Süße verbindet. Langsam merkt man das Alter, denn einige Eichenwürze macht sich breit.

Abgang: Honigsüß, wieder mit den wachsigen Noten. Jetzt noch mit einem Schwubs Milchkaffee dazu. Die Früchte sind nun kandiert. Eine ganz leichte Tabaknote und schwarze Oliven nehme ich auch noch wahr. Dann kommen die Mandel wieder und bilden den Abschluss. Jetzt sind sie leicht gesalzen.

Fazit: Wunderbar gereiftes Bourbon Bottling. Ehrlich, vom Destillat getrieben. Großartig. Ist mir 100mal lieber als die vom Sherryfass übertünchten Abfüllungen in den „attraktiven“ Farben. 90/100

Wolfburn 2015 Father’s Day Edition 2022

Eine Flasche Wolfburn 2015 Father's Day Edition 2022

Mein erster Wolfburn. Abgefüllt für den Vatertag 2022. Sieben Jahre gereift in Bourbon und Sherry Casks. Insgesamt 1840 Flaschen mit 58,2% gab es. Link zur Whiskybase

Nase: Saure Fruchtnoten, leichter Rauch, ein Kliff am Meer in der Brandung. Saure Äpfel und insgesamt relativ viel Alkohol.

Mund: Relativ süß und maritim-torfig. Eine gewisse Würze kommt auf. Dazu Zitrusnoten, Salz und russiges Wachs. Auch andere helle Früchte sind noch da.

Abgang: Ein wunderschöner Abgang. Vor allem wenn man ihn lange kaut. Da sind Äpfel, Birnen, weiße Pfirsiche. Dazu eine ganz leichte Torfnote, eine gut balancierte Süße und eine maritime Note. Außerdem ist er leicht metallisch und mineralisch, was ihm noch Tiefe gibt.

Fazit: Die Nase ist anstrengend, fast schon ein „Abturner“. Das wird aber mehr als ausgeglichen durch Taste und Finish. Das macht dann wirklich Spaß. Schöne erste Erfahrung, macht Lust auf weitere Exploration. 85/100

Ardmore 2011 – Mr. Whisky

Eine Flasche Ardmore 2011 von Mr. Whisky

Mr. Whisky ist ein unabhängiger Abfüller, der weniger durch den Verkauf von Flaschen und mehr von Fassanteilen lebt. Wer Anteile von diesem Ardmore 2011 gekauft hat erhielt 2022, also nach 11 Jahren, seine Flaschen mit 54,3% aus dem Bourbon Barrel. Insgesamt wurden 204 davon abgefüllt. Link zur Whiskybase

Nase: Süßliche Torfnote mit leichtem Einschlag in Richtung Birne. Erstaunlich, 11 Jahre reichen normalerweise schon um diese zu überwinden. Nach einiger Zeit kommt ein Schwung Meer und salzige Brise vorbei. Diese verschluckt die Birne und bringt Kräuter und Zitronen mit sich.

Mund: Der Alkohol zwickt in der Zunge. Bringt erst Pfeffer und dann eine sirupartige Süße. Der Torf schmeckt jung, ich bilde mir auch die Birne wieder ein. Zitrone und Salz geben auch ihr Stelldichein.

Abgang: Relativ kurz und mit bitterem Torf und leichter Süße. Etwas Salz und Zitronen sind auch noch vorhanden. Beim dritten Versuch wird er eher trocken.

Fazit: In der Nase hatte ich noch recht viel Spaß, insgesamt ist er mir aber dann doch zu jung für hohe Punkte. Also er gibt sich jünger als er laut Etikett sein soll. Zu nah am New Make. 83/100

Inchfad #GunpowderUA – Whisky UA

Inchfad #GunpowderUA von Whisky UA

Inchfad ist ein getorfter Whisky von Loch Lomond nach dem Loch Lomond Straight Neck Pot Still Verfahren. Dabei wir erst in Column Stills gebrannt und dann erneut in den hohen, geraden Straight Neck destilliert. Das ergibt eine höhere Komlexität und Tiefe. Dieser Whisky ist ohne Altersangabe und vermutlich sehr jung. Er wurde zur Unterstützung der ukrainischen Armee im russischen Angriffskrieg abgefüllt. Der Abfüller WhiskyUA gibt an die Erlöse alle diesem Zweck zuzuführen. Die Abfüllung wurde mit 46% im April 2022 auf den Markt gebracht. Link zur Whiskybase

Nase: Ein Stapel Autoreifen auf einem mit Birnensaft getränkten Torfboden. Apfelblüten und irgendwo im Hintergrund kommt ein süßer Sud mit Jod durch.

Mund: Salzig und gleichzeitig süß. Zitronen, Birnen, Oliven. Sehr prägnant, wenn auch verständlicherweise auch mit wenig Tiefe.

Abgang: Vor allem süß und mittlerweile etwas weniger torfig. Dafür nehmen die Oliven den Platz ein. Die Birnen sind immer noch da.

Fazit: Für ein so junge Abfüllung macht der schon viel Spaß. Ziemlich ins Gesicht. Und trotzdem frage ich mich was der in Fassstärke könnte. Über Komplexität und dergleichen brauchen wir hier nicht sprechen, wo soll die auch herkommen? 85/100 Über den guten Zweck der Abfüllung kann man sich sicher streiten. Schöner wäre es, man könnte damit auf das Ende dieses Krieges anstoßen.

Erwartungen und Erkenntnisse

Meine Erwartungen an den Ben Nevis und den Clynelish waren hoch und wurden erfüllt. Das war eine große Freude. Genauso wie die Erkenntnis das auch in Loch Lomond etwas für mich drin zu sein scheint. Das war bisher eher nicht so. Der Wolfburn macht mich auch neugierig auf mehr. Schöner Flight.

Mehr zu: Ardmore, Ben Nevis, Clynelish, Inchfad (Loch Lomond), Wolfburn
Bilder: Titel: Gil Cavalcanti, CC BY-SA 3.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons | Flaschen: Eigene Anfertigung und freundliche Überlassung der Whiskybase
Samples: Eigene Flasche und privat überlassen (danke Alex) oder gekauft