Alle Port Charlotte (Teil 13)
Ein neues Jahr beginnt und das ist ein guter Grund für einen neuen Port Charlotte Beitrag. So wie es schon so viele Gründe vorher gab! Bereits die 13te Runde drehen wir durch die 40ppm getorften Bruichladdich. Das macht es natürlich seit langem zum am meisten verkosteten Brennstil hier im Blog. Aber, da ich ihn sehr mag – und Christian noch mehr, das ist höchstens Ansporn für mehr und kein Grund aufzuhören. Heute geht es mit vier Independent Bottlings, einem private Cask und einer aktuellen Originalabfüllung ins Review.
Port Charlotte 2002 – Malts of Scotland
Wir beginnen heute im Jahr Eins nach der Geburt von Port Charlotte. Erst 2001 kam der erste Spirit in die Fässer und dieses Bottling dann in 2002. Abgefüllt von Malts of Scotland in ein Bourbon Hogshead. Nach knapp acht Jahren dann in 306 Flaschen gebracht, mit satten 64,2% Link zur Whiskybase
Nase: Kohle, Moos und Torf beträufelt mit Birnensaft, Pfirsich und Zitrone. Lehmboden und Kuhstall kommen hinterher. Das Pakt ordentlich an und fühlt sich extrem aromatischer Dunst an.
Mund: Die Wucht geht sofort mit dem Berühren der Mundschleimhaut weiter. Ein Vanilleplunder mit Metallspänen und Salzkristallen. Darüber ein Kräutersud. Das Bild passt in meinem Kopf nicht zusammen, ist aber irgendwie verrückt gut.
Abgang: So, es ist geschafft. Die Zunge ist taub. Dazu gibt es Zitrone und New-Make-Süße mit Birne. Dann wird es irgendwann extrem trocken und gleichzeitig irgendwie fruchtig.
Fazit: Eine Herausforderung für die Sinne. Wasser zieht die Vanille nochmal raus. Der Rauch wird dann süßlich. Es ist eine Gewalttat, aber wenn man es zulässt, dann wird man auch belohnt. 88/100
Port Charlotte 2002 – Whiskybroker
Ein zweites Bottling aus 2002. Diesmal vom Whiskybroker auf 328 Flaschen gezogen. Der Inhalt ist 12 Jahre gereift und etwas harmlosere 55,8% stark. Er stammt aus einem Grand Callejo Weinfass. Das ist spanischer Premium-Tempranillo aus dem Ribera del Duero. Link zur Whiskybase
Nase: Erstmal sehr süß. Dann kommt Torf. Der wird begleitet von einer leichten Fruchtigkeit. Dann kommt ein ganz komischer Unterton, den ich nur schwer einsortieren kann.
Mund: Salzig und süß. Mit einigen Off-Notes aus dem Gartenbereich. Wenn man ihn lange im Mund dreht dann wird es fruchtiger und deutlich angenehmer.
Abgang: Alles an Dill was auf dieser Welt gibt. Beim zweiten Mal bei ist es nicht mehr ganz so schlimm. Dann wird es zitronig trocken.
Fazit: Eher schwierig. Ich kann mich für einiges begeistern, das Meiste ist aber eher off. An sich und auch für einen einen Port Charlotte. Schwierig das gedanklich zu einem Bild zusammenzufügen. Vielleicht muss man auch nicht jedes Weinfass mit Whiskybefüllen? 83/100
Port Charlotte 2002 – Private Cask Raz & Marti
Und ein letzter 2002er für heute. Diesmal ein Private Cask für Raz & Marti (keine Ahnung wer das ist). Mit 63,9% nach 10 Jahren aus einem frischen Sherry Hogshead abgefüllt. 281 Flaschen ergaben sich dabei. Link zur Whiskybase
Nase: Süße Beeren gehen sofort über in eine heftige Sherrynote. Dazu intensiver Torf und etwas frisch angeschnittenes Rinderfilet. Abgelegt in einer metallenen Schale. Darauf eine Vanilleschote.
Mund: Der erste Eindruck im Mund ist eine süße Melange. Dann kommen mehr Bitterstoffe. Kaffee, Schokolade, etwas Tabak, Lakritze, Chartreuse. Dann wieder Torf und dazu scharfe Gewürze. Uff.
Abgang: Es wird nicht viel anders. Kaffee, Torf, Leder. Dann kommt noch mal die Frucht zur Geltung. Beeren, Brombeeren, Heidelbeeren. Und Salz und Zitronen. Das war nochmal ein schöner Wechsel. Die Länge ist quasi unendlich, denn der bleibt für den Rest des Abends.
Fazit: Tolles Fass. Jung und brutal. An manchen Tagen 89, an manchen vielleicht 90. Ich glaube aber es gäbe auch Tage an denen ich ihn vielleicht gar nicht mögen würden, weil er den Sinnen keinerlei Ruhe gönnt. Ich lege mich auf 89/100 fest.
Es geht weiter an einem anderen Tag. Nach den ersten drei ist nicht mehr viel drin in der Sensorik.
Port Charlotte 2005 – Phil & Simon Thompson
Unsere Freunde in Dornoch haben einen 16 Jahre alten PC aus einem Bourbon Barrel abgefüllt? Count me in! Nur 129 Flaschen mit 57,2% wurden in den Verkehr gebracht. Destilliert in 2005 und 2022 abgefüllt. Link zur Whiskybase
Nase: Medizinisch und alkoholisch mit einer tiefen erdigen Note. Auch die „landwirtschaftlichen“ Noten sind vorhanden, allerdings eher aus Sicht der Kräutergartens als aus Sicht der Kuhstalles. Ein wenig Pfirsich liegt noch dahinter getränkt mit Honig. So als wollte man die Medizin erträglicher gestalten.
Mund: Beim Taste dreht es sich dann. Die Früchte dominieren und die Kräuter unterstreichen. Rosmarin, Oregano, Thymian, in einem Chutney aus Pfirsich, Apfel, Honig und vielleicht auch ein paar Beeren. Mit einiger Zeit im Mund kommt dann etwas Bleistift, bevor Rauch und Torf plötzlich alles dominieren.
Abgang: In Salz getrockneter und dann über Torf geräucherter Fisch wird im Kräutergarten zubereitet. Das Chutney ist jetzt nur noch im Hintergrund und geht eher in Richtung Zitrone. Die Länge ist ziemlich gut.
Fazit: Nicht genau das was man erwarten mag von einem 16 Jahre alten Port Charlotte. Dennoch sehr lecker. Er bleibt aber etwas unter meinen persönlichen Erwartungen oder Wünschen bzgl. älterer Bourbon Cask PC zurück. Um einen Hauch. 88/100
Port Charlotte 13-year-old – Brühler Whiskyhaus
Ein Traum von Schottland, hinter dieser Abfüllreihe steht das Brühler Whiskyhaus in Person von Marco Bonn. Immer wieder, häufiger als bei anderen Abfüllern, bringt er Port Charlottes mit auffälligen gemalten Labels raus. Meistens mit einem Finish in einem auffälligen Fass. So auch hier. 13 Jahre alt, 55,1% stark und 2021 aus einem Bordeaux Grand Cru abgefüllt in 478 Flaschen. Link zur Whiskybase
Nase: Rote Beeren, ein wenig plattgetretener Erdboden und erstaunlich wenig Rauch oder Torf. Erst mit dem Alkoholdunst kommt kalter Rauch, der in der Nase sticht. Also entweder der Dunst oder der Rauch. Mit der Zeit kommt auch eine deutlich Säure dazu und dann findet man auch dunkle Schokolade.
Mund: Hier geht es schon mehr in Richtung Peat. Aber auch das Rotweinfass versteckt sich nicht. Wieder Beeren und auch Schokolade. Etwas Kaffee. Und, auch wenn es widersprüchlich ist, gleichzeitig eine cremige Textur und ein trocknes Mundgefühl.
Abgang: Nach dem Schlucken ist er erstmal kurz verschwunden. Kommt dann aber wieder mit eingelegten Kirschen, dunklem Tortenboden, getränkt mit Espresso und ein wenig Metall. Rauch und Torf gibt es eher in homöopathischen Dosen.
Fazit: Nun. Das ist sicher kein schlechter Whisky. Nur ein Port Charlotte ist das irgendwie nicht. Das hätte ich blind niemals geraten und ich hab ja jetzt doch schon ein paar im Glas gehabt. So bleibt ein wenig Enttäuschung mit in der Bewertung. 85/100
Port Charlotte 2013 (Islay Barley 2022)
Eine Abfüllung die es bei Bruichladdich nun schon einige Jahre gibt. Port Charlotte gebrannt ausschließlich aus Gerste die lokal angebaut wurde. Die aktuelle Instanz wurde 2013 gebrannt und mit 8 Jahren abgefüllt. Wie üblich mit 50% und unbekannter Flaschenanzahl. Link zur Whiskybase
Nase: Gebratener Seetang mit Vanille, gereicht in einem Kuhstall. Ein paar Spritzer Zitrone darüber. Trockenes Holz und etwas Muschelsuppe.
Mund: Tiefe Torfaromen, süßliche Früchte vom Grill mit einem leicht kräutrigen und salzigem Sud. Langsam schmuggeln sich Bitterstoffe in die Sensorik. Gleichzeitig kommt auch die Vanille wieder zurück.
Abgang: Intensiv torfig und mit viel Vanille. Dazu wieder Meeresfrüchte und Lagerfeuer. Die Bitterstoffe schwellen an. Jetzt mit viel Kaffee und Kohlenstaub.
Fazit: Ein gutes bis sehr gutes Standardbottling. Es ist mir allerdings immer wieder mal ein Touch zu viel Vanille. Und auch ein Komplexitätsmonster darf man nicht erwarten – es sind schließlich auch nur 8 Jahre! 86/100
Gute Neues!
Natürlich soll das Jahr möglichst gut beginnen und weitergehen. Auch die beiden recht neuen PC waren schon mal ein guter Anfang. Aber auch das Schwelgen in der Vergangenheit hat sich mal wieder gelohnt. Außerdem hab ich – mal wieder – für mich bestätigt: Nicht jedes Weinfass schreit nach einem Whisky. Auch nicht wenn es Grand Crus sind.
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Bilder: Eigene Anfertigung und freundliche Überlassung der Whiskybase
Samples: Eigene Flaschen, privat gekauft und Originalsample
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