Craigellachie Bridge by Elizabeth Oliver on flickr.com. Attribution-NonCommercial 2.0 Generic (CC BY-NC 2.0)

Immer mehr Speyside im Glas (Teil 4)

Viele Destillerien liegen in der Speyside und damit kann man dort auch viele unterschiedliche Whisky und Stile entdecken. Ich hab ja in den Sommermonaten die hellfruchtigen Bourbonreifungen immer sehr gerne. Aber auch für den Winter gibts es Dinge in der Speyside. Gehaltvollere, fleischige und würzige Whisky. Oder auch intensive Sherryreifungen. Auf geht es also in eine neue Runde.

Craigellachie 2006 – Phil & Simon Thompson

Eine Flasche Craigellachie 2006 von Phil & Simon Thompson

Ich habe die wenigen Craigellachie, die ich bisher hatte, sehr genoßen. Also freue ich mich auch schon auf das Bartöl von den Thompsons. 15 Jahre als und aus einem Refill Hogshead. 327 Flaschen mit 50% kamen raus. Bin mir nicht sicher ob das Fassstärke ist, vermutlich nicht. Link zur Whiskybase

Nase: Es geht gleich stürmisch los. Malz, Apfel, Olivenöl, Pfirsich, Vanille, Getreide, Kokosspäne. Ein Aroma jagt das nächste. Aber ich frage mich immer wieder: Was macht das Öl hier dazwischen? Passt das rein? Geniale Ergänzung oder Fehlnote?

Mund: Helle Früchte, gelbe Pflaumen, Zitrone, Pfirsich, Malz, Kokos, Leinsamenöl, Vanille, grasig. Schön fruchtig, gleichzeitig ein wenig Erinnerung an die Lowlands. Und das Öl…

Abgang: Malzig und fast schon bierig. Wieder Öl und Kokos. Jetzt vielleicht eher Kokosmilch. Dazu gekochte Pfirsiche. Es wird auch salzig und ein paar wenige Bitterstoffe kommen dazu.

Fazit: Sehr konsistent von der Nase bis zum Abgang. Dabei auch durchaus komplex. Und ich glaube das ist nicht unbedingt für jede*n. Die Kombination aus Frucht, Malz und Öl fordert schon. Und auch wenn ich es zwischendrin in Zweifel gestellt habe. Ja das passt schon so. Ich bin allerdings schon froh, dass es kein Bartöl sondern eher Speiseöle waren 😉 86/100

Mortlach 1997 „Supper Club“ – Wemyss Malts

Eine Flasche Mortlach 1997 "Supper Club" von Wemyss Malts

So ganz habe ich die Abfüllungsranges von Wemyss aktuell nicht verstanden, aber ich glaube dieser Mortlach gehört zu ihrer Top-Range. Ein einzelnes Hogshead ergab 209 Flaschen mit 51,7% Link zur Whiskybase

Nase: Erster Eindruck: Helle Früchte, Birne, Pfirsich, vielleicht auch etwas exotisches. Dazu eine blühende Blumenwiese. Mit etwas Luft geht stark in Richtung Sauer- und Hefeteig. Dazu ein guter Schwung Gemüsebrühe und Kräuter. Mit Wasser kommt noch etwas Wachs und Vanille mit dazu.

Mund: Der Mix aus Kräutern und Früchten erhält noch einen würzigen Touch. Vor allem Pfeffer und Zitronensäure. Nach einiger Zeit im Mund kommen milde Bitterstoffe. Milchkaffee, Getreidekaffee, Milchschokolade mit getrockneten Früchten. Dazu kommt mit Wasser auch wieder der Teig.

Abgang: Die Bitterstoffe sind wieder vorhanden und geben nochmal etwas Tiefe. Dazu kommt Salz und was vielleicht in der Nase noch ein Gemüsefond war ist jetzt ganz klar Fleischbrühe. Die floralen Noten sind auch wieder am Start und werden durch Honig ergänzt. Mit Wasser kriegt man neben Vanille auch das Gemüse zurück, diesmal aber schön eingekocht, statt als Brühe.

Fazit: Ein schönes Bottling, dass vor allem zum Ende hin den Mortlach-Charakter betont. Zeit im Glas und Spiel mit der Pipette (tropfenweise) kann ich sehr empfehlen. 88/100

Dailuaine 06-year-old – That Boutique-y Whisky Company

Eine Flasche Dailuaine 06-year-old von That Boutique-y Whisky Company

Wir bleiben beim Thema „fleischig“, zumindest was das Profil angeht. Ein Dailuaine von That Boutique-y Whisky Company. Batch 06 vom unabhängigen Abfüller und wie Dave Worthington (Brand Ambassador) meint ist das Label noch voller mit Referenzen als sonst (Link zu Twitter). Mit 6 Jahren ist er sehr jung. Er wurde mit 57,9% in 374 0,5l Flaschen gefüllt. Link zur Whiskybase

Nase: Gekochtes Fleisch, Honigglasur, grüner Apfel, unreife Papaya, Sharonfrucht. Mit der Zeit wird das Fleisch in einen Brotteig gewickelt und gebacken. Der Saft quillt aus dem Teig. Mit viel Luft wird aus den Äpfeln knochentrockener Cider.

Mund: Brot, Zitrus, grüne Birne, Fleischsaft, Malz. Malz und Brot werden wird mit der Zeit sehr intensiv. Wenn man das abwarten kann, dann kommt danach nochmal Frucht und eine leicht metallische Note.

Abgang: Salz, süßer Sirup, auch wieder Brot und Fleisch. Gekochte Früchte, im Sud ist Thymian. Jetzt wärmt er stark und wird langsam immer trockener und wachsig.

Fazit: Was soll ich sagen: Der ist toll. Ja er ist jung, aber das lässt er nur ganz selten durchblicken. Die Fruchtigkeit in Kombination mit den typischen Fleisch- und Brotnoten machen mir viel Spaß. 87/100

Mannochmore 2010 – Phil & Simon Thompson

Eine Flasche Mannochmore 2010 von Phil & Simon Thompson

Wieder zurück zu den Abfüllungen der Thompsons. Diesmal ein Mannochmore, 12 Jahre alt und gefinished in einem Black Isle Imperial Stout Cask. Abgefüllt wurden 314 Flaschen mit 50%. Auch hier vermute ich keine Fassstärke. Link zur Whiskybase

Nase: Süß und kräutrig, malzig und mit dem erwartbaren Einschlag in Richtung Kaffee und Schokolade. Wobei ich sogar noch mehr erwartet/befürchtet habe. Zusätzlich gibt es einiges an eher unreifen Früchten, Holz und auch florale Noten.

Mund: Saure Noten aus dem Bier. Kaffee und Schokolade bleiben im Hintergrund. Teig und unreife Früchte lassen den Magen direkt etwas grummeln.

Abgang: Geschmolzene Schokolade, Stout Bier (wer hätte das gedacht), Malz und ein paar unreife Früchte. Diese bringen auch ein trockenes Mundgefühl mit sich.

Fazit: Das ist kein schlechter gemachter Whisky, aber das ist einfach nicht meine Art von Whisky. So wie Stout nicht mein Bier ist. Vielleicht sollte ich mir eine andere Spielwiese suchen? Wasser intensiviert übrigens die Noten aus dem Bierfass. Also Vorsicht mit der Pipette, falls es euch damit geht wie mir. 83/100

Dailuaine 1983 – The Malt Whisky Company

Eine Flasche Dailuaine 1983 von The Malt Whisky Company

Dan schließen wir mal mit einem Knaller. Zumindest sind die Erwartungen groß. Ein weiterer Dailuaine. 32 Jahre alt und aus dem Jahr 1983. Gereift in einem Bourbon Hogshead und mit einem Finish in einem Oloroso Hogshead. Abgefüllt wurde er mit 46,1% von The Malt Whisky Company. Ein Abfüller geführt von Stuart Nickerson, der z.B. bereits Glenglassaugh geführt hat. Link zur Whiskybase

Nase: Eine wunderschöne Sherrynase. Nicht zu aufdringlich. Pflaumen, Rosinen, auch in Rum. Ein paar Nüsse, milder Tabak, edle Hölzer, Leder. Ein Antiquariat. Ein Stück Shortbread mit Honig darüber. Vanille, Orange, Bratensauce. Dann noch ein Stück Milchschokolade. Oh das ist ganz fantastisch.

Mund: Ein deutlicher Richtungswechsel. Eine starke Brotnote mit einem Aufstrich der an Brühe erinnert. Dazu gibt es dann doch ein Glas Sherry. Alt, komplex, gut gereift.

Abgang: Und hier scheiden sich die Geister würde ich sagen. Das ist eine komplexe Old School Untiefe mit viel Bitterstoffen und Umami. Sojasauce, verbrannte Nüsse, Kakaobohnen, Kaffee. Durch den eher geringen Alkoholgehalt ist es dabei nicht überwältigend, sondern absolut genießbar. Man muss ihn allerdings immer weiter kauen, um das auszureizen, denn an sich ist er eher kurz.

Fazit: Ich glaube an der Nase können sich viele begeistern. Der Taste ist vielleicht nur richtig gut. Für mich definiert dieser Whisky seine Großartigkeit aber über den Abgang. Das ist sehr komplex und ziemlich geil. 91/100

Balmenach 2002 – Phil & Simon Thompson

Eine Flasche Balmenach 2002 von Phil & Simon Thompson.

Zum Schluß noch ein Erstkontakt. Mein erster Balmenach. Zumindest soweit ich mich erinnere. Eine Destillerie der Inver House Group, hauptsächlich um damit Blends zu füttern. Deshalb muss es auch ein Independent Bottling (Thompson Brothers) sein, denn Originalabfüllungen gibt es nicht. Er wurde 2002 in ein Refill Barrel gefüllt und bereits 2017 entnommen und 2022 gerettet – so steht es auf der Flasche. 155 davon gab es ingesamt, mit einer Stärke von 57,5% Link zur Whiskybase

Nase: Mandelcreme, eine leicht florale Note, grüner Tee und Zitrone. Dann kommen erdige und waldige Noten. Sowie frisch aufgeschnittenes Fleisch. Nichts was arg abgehangen war, eher saftig.

Mund: Eine gewisse Schärfe gepaart mit Süße macht den Anfang. Das ist sind fruchtig süße Zitrusnoten, die hier den Pfeffer ausgleichen dürfen, ja müssen. Dann wird es wieder erdig und diesmal malzig. Erste Bitterstoffe kommen durch. Brotrinde, Salz, Getreidekaffee.

Abgang: Fleisch auf Brot, dazu Kaffeemehl und etwas Schokolade. Die Komplexität lässt hier deutlich nach, die Bitterstoffe dominieren die Szenerie. Salz und eine gewisse Speichellosigkeit kommen noch hinzu.

Fazit: Ein richtig schönes Bottling mit viel zum Erkunden und Spaß haben. Einzig der Abgang kann dann nicht mehr überzeugen wo vorher richtig viel los war. 87/100

Kein Bier für mir mich!

Insgesamt eine schöne Mischung. Ich bin aber scheinbar nicht die Zielgruppe für Bierfassreifungen. Das macht mir einfach keinen großen Spaß. Für den hat heute ein Underdog gesorgt. Dailuaine war in diesem Review mein Gewinner. Der Mortlach war erwartbar gut, für das Geld ist das quasi das Minimum gewesen. Auf Balmenach kann ich auch in Zukunft mal wieder ein Auge werfen.
Das Ziel eher „deftige“ Winterdrams zu trinken, ist auf jeden Fall erreicht. Hier kann ich mir bei den meisten auch ein Foodpairing mit kräftigen Suppen oder Eintöpfen vorstellen.

Mehr zu: Balmenach, Craigellachie, Dailuaine, Mannochmore, Mortlach
Bilder: Titel: Craigellachie Bridge (Elizabeth Oliver auf flickr.com, Lizenz CC BY-NC 2.0 | Flaschen: Eigene Anfertigung und freundliche Überlassung der Whiskybase
Samples: Eigene Flaschen und privat gekauft