Eine Hand voll Highlands (Teil 4)
Eine weitere 5er Session in den Highlands. Ein schönes Follow-up zum letzten Besuch im November. Wieder ein Aberfeldy und wieder eine Hydra. Dazu noch Vergleichsmaterial und auch richtig altes Zeug. Außerdem ein Bottling aus der Special Release, mit dem es auch los geht. Was will man mehr?
Oban 12-year-old Special Release 2021
Die offizielle Range von Oban ist klein. Indie Bottlings gibt es quasi nicht. Das macht eine Abfüllung im Rahmen der Special Release von Diageo um so interessanter. Auch wenn hier nur 12 Jahre Reifung zu Buche stehen. Die fassstarke Abfüllung (56,2%) aus Ex-Bourbon und Refill Casks hat mich sofort interessiert. Link zur Whiskybase
Nase: Trockene Zitrus- und Kumquatnoten. Präsenter aber integrierter Alkohol. Dann kommen Malz und Honig, bevor maritime Noten einsteigen. Die sind gekommen um zu bleiben. Seetang, Muscheln, eine sanfte Brise. Nach einiger Zeit wird er deutlich süßer und die Fruchtnoten dominanter. Auch Banane ist jetzt dabei.
Mund: Salz und Seetang. Eine leichte Muschelsuppe mit Honig und Nüssen. Dazu einige krosse Brötchen mit Olivenöl. Der Fruchtsalat mit Apfel und Banane steht schon als Nachtisch bereit. Ein Pappkarton wird zum Wedeln am Grill verwendet.
Abgang: Irgendwo zwischen Apfel, Banane und Honig schleicht sich wieder die salzige und maritime Seite sein. Dabei bleibt es dann auch sehr klar und definiert und gefühlt für die Ewigkeit. Süße umschließt Salz. Bitterstoffe kommen nur schwer durch diesen Wall.
Fazit: Ein tolles Bottling. Eine sehr klare und definierte Abfüllung mit einer Betonung der maritimen Seite, die für manche schon „drüber“ sein könnte. Ich hab mich hier absolut abgeholt gefühlt und freue mich auf mehr Oban, die ich in Zukunft hoffentlich verkosten darf. Auch wenn das gar nicht so einfach ist welche zu finden. 88/100
Glenturret 1979 – Signatory Vintage
Ein Wechsel weg von der Westküste ans Festland im Osten. Gebrannt bei Glenturret und abgefüllt von Signatory Vintage in 3000 Flaschen. 5cl Flaschen. Ein Release, dass nur als Mini auf den Markt kam. 13 Jahre alt, mit 43% und aus einem Oak Cask. Vom Label kann man die Mini übrigens der „Dumpy“ Phase von Signatory zurechnen. Link zur Whiskybase
Nase: Kräuter und Zitrus dominieren die Nase. Das geht dann über in andere Alkoholika: Limoncello und Grand Marnier würde ich sagen.
Mund: Beim ersten Kreisen im Mund hat er relativ viel Dampf für 43%. Es dauert ein wenig bis er sich beruhigt. Dann kommen Marzipan, grüne Walnuss, Orange und Malz hervor.
Abgang: Die Trinkstärke macht ihn relativ kurz. Was dabei bleibt ist eine Kombination aus Frucht und milder Würze.
Fazit: Nun, ich würde mein Review mit etwas Vorsicht genießen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Miniatur über die Jahre nachgelassen hat, ist hoch. Was bleibt ist trotz der Trinkstärke sicher nicht schlecht. Eine Offenbarung war es aber dann auch nicht. 85/100
Scotch Universe Hydra III – 119° P.2.1′ 1775.1″
Ein alte Bekannte aus dem Universum von Michel Reick. Mittlerweile ein offenes Geheimnis: Hinter der getorften Hydra versteckt sich ein Glenturret, genauer gesagt ein Ruadh Maor. 9 Jahre und 11 Monate gereift im First Fill Amontillado Sherry Fass und dann mit 60,1% abgefüllt. Wahrscheinlich ein Single Cask, das ist aber nicht genauer spezifiziert. Link zur Whiskybase
Nase: Die Nase ist sehr würzig und frisch zu Beginn. Das schlägt relativ schnell in würzig und muffig, sobald der Torf anklopft. Dazwischen tauchen brotige und erdige Noten auf. Hefe und Sauerteig, ich denke das kommt aus dem vergorenen Wein, zusammen mit dem speziellen Torf und Rauch von Glenturret. Das ist dann doch ziemlich herausfordernd. Zwischendrin kommt auch eine fruchtige Note hoch. Vor allem Orangen und Blutorangen.
Mund: Sofort sehr trocken, die 60% packen auch deutlich an. Dann kommt überraschend Vanilleeis, zusammen mit einer fruchtig-torfigen Sauce.
Abgang: Ziemlich säuerlich und bitter. Torf und Rauch sind noch am Start. Wärmend, leicht betäubend und in der Länge dann doch wieder sehr süß.
Fazit: Nicht ganz so gut wie die ersten beiden Hydra. Ich bin allerdings sehr froh, dass ich mein Sample beim ersten Tasten relativ schnell stehen lies. Denn da war ich sehr abgetan. Das war beim zweiten Versuch dann deutlich besser. Ich würde sagen die Luft hat gut getan. 85/100
Aberfeldy 1990 – Gordon & MacPhail
Aberfeldy kam mir bisher eher selten ins Glas. Hier hatte ich eine weitere Mini, von der es allerdings auch Großflaschen gibt. Abgefüllt wurde von Gordon & MacPhail in der Connoisseurs Choice Reihe. Diesmal aus der Phase „New Map Label“. 20 Jahre alt, 43% und aus Refill Sherry Butts. Link zur Whiskybase (70cl Flasche)
Nase: Das sind diverse Zerealien. Vor allem Hafer und Weizen, vielleicht auch etwas Roggen. Dazu Honig und etwas Kampfer.
Mund: Das ist Mundgefühl ist angenehm cremig. Dafür ist er an sich leider recht flach. Die Kräuter werden etwas mehr, dabei wird er gleichzeitig seifig. Das Getreide wird weniger.
Abgang: Sehr leicht, weich und rund. Absolutes easy drinking. Keine Kanten, keine Komplexität. Da ist eine schöne Karamellsüße. Das war es aber dann auch.
Fazit: Angeblich ein refill Sherry Butt. Das ist für mich nicht nachvollziehbar. Lässt man das leere Glas etwas stehen, dann kriegt man als Highlight Sandelholznoten. Nur sollte das Highlight vielleicht nicht das leere Glas sein. Auch hier könnte ich den „Miniatur-Disclaimer“ setzen. Allerdings ist dieses Bottling bei weitem nicht so alt (abgefüllt 2011). 81/100
Aberfeldy 1974 – Gordon & MacPhail
Gleich ein zweiter Aberfeldy hinterher. Diesmal deutlich früher destilliert und von G&M in der CC Phase „old Map Label“ abgefüllt. 40% stehen zu Buche, über Fässer weiß man nichts. Link zur Whiskybase
Nase: Ich muss tief ins Glas, um die Gerüche zu erfassen. Da ist Malz, Orange und Honig. Er ist auch ganz leicht kräutrig. Durch das „tiefe“ Riechen wird er leider etwas stechend.
Mund: Auch dieser Kandidat ist eher flach. Ich finde Berberitzen, eine leicht pfeffrige Würze und dann auch Lakritz. Aber eher in der Art „leere Packung, die eine Woche offen stand“, wenn ihr wisst was ich meine.
Abgang: Cremig süß, vielleicht war ja hier etwas Sherry am Start? Etwas Frucht ist auch noch da und die delikate Würze bleibt.
Fazit: Kein Feuerwerk. Musste mich schon sehr konzentrieren die Assoziationen herrauszukitzeln. Dennoch schön die beiden gegeneinander zu probieren. Wenn ich die Wahl hätte, dann würde ich diesen Kandidaten wählen. Auch wenn ich mich auf diesen sehr konzentrieren muss, da ist dann wenigstens ein gewisser eigener Stil zu finden. 84/100
Die Würze der Highlands
In letzter Zeit hab ich häufiger gelesen das Profil der Highlands wäre oft würzig. Nun, auch wenn es vielleicht nicht immer die höchste Intensität war, das kann ich hier grundsätzlich attestieren.
Das Highlight allerdings, für mich, ist der Oban. Einen so maritimen Dram hatte ich selten im Glas. Die Flasche war schnell leer, als ich sie über Weihnachten in der Familie mitgebracht habe. Ich bin also nicht der Einzige der so denkt. Davon hab ich gerne noch eine im Schrank!
Darüber hinaus haben die beiden Vergleich auch Spaß gemacht, selbst wenn hier kein großartiger Dram dabei. Immerhin gediegene Reife und ein „funky cask“ waren dabei.
Mehr zu: Oban, Glenturret, Aberfeldy
Bilder: Eigene Anfertigung und freundliche Überlassung der Whiskybase
Samples: Eigene Flaschen und privat gekauft
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