Eine Benromach Session
Auf diesen Beitrag freue ich mich schon seit einiger Zeit. Er entstand aus einem spannenden Experiment. Die fünf Samples haben Christine und Priscilla von mir zu Verkostung erhalten und dazu Notes aufgeschrieben. Ich selbst habe dann erst einige Zeit später und ganz unabhängig von beiden verkostet. Das Ergebnis habe hier heute zusammengefasst. Es gibt somit Eindrücke von einer Person die schon vor Ort war und sich in die kleine Destillerie verguckt hat. Heute allerdings ist sie meist bei deutlich torfigeren und rauchigeren Whisky unterwegs. Mal sehen wie das heute zusammen passt. Dazu kommen Eindrücke einer Person die bisher noch wenig Berührung mit Benromach hatte. Und ich selbst liege wohl irgendwo dazwischen. Mit etwas Wissen und etwas Erfahrung zur Brennerei und den Whisky. Ein dreidimensionales Review, könnte man sagen.
Benromach 10-year-old
Es beginnt mit der 10 Jahre alten Standardabfüllung. Im neuen Design gehalten und 2021 abgefüllt. Er stammt aus First Fill Fässern und wurde mit 43% abgefüllt. Link zur Whiskybase
Nase: Christine findet Terpentin, Birne und er muffelt. Priscilla ist bei Marille und vergorenem Obst. Farbverdünner und Holz sind auch dabei. Tobias findet auch einiges an Muff. Birne vor allem in Richtung Kerngehäuse. Etwas brauner Zucker.
Mund: Priscilla findet vor allem fruchtiges. „Obst“ steht auf dem Zettel. Christine konkretisiert mit Birne. Tobias findet etwas Pfefferwürze, Vanille und Käsekuchen. Dazu schon eine Fruchtigkeit, aber eher trocken.
Abgang: Christine findet zwar er bleibt eine Weile, es ist aber dennoch wenig los dabei. Priscilla findet ihn süß und bitter, in dieser Reihenfolge. Tobias findet auch hier viel Trockenheit. Etwas Holz dazu und die Früchte sind zwar da, aber eher aus einem trockenen Cider oder so.
Fazit: Christine und Priscilla sind sich einig, hier könnte man auch einen Obstler oder Willi im Glas haben. Und das ist ihnen dann zu wenig. 70 und 75 von 100. Tobias geht nicht ganz so harsch ins Gericht, fragt sich aber für wen dieser Einsteiger gedacht ist. Mit der geringen Stärke und den daraus resultierenden gezähmten Aromen kann er bei den erfahrenen Enthusiasten sicher nicht überzeugen. Für einen Einsteiger sind die trockenen Aromen vielleicht doch zu viel. 80/100
Benromach 15-year-old
Die nächstgrößere Abfüllung könnte man sagen. Ein 15 Jahre gereifter Benromach aus Sherry- und Bourbonfässern. 2020 wurde diese Version abgefüllt und auch hier sind 43% geboten. Link zur Whiskybase
Nase: Priscilla findet Ahornsirup und Madeira. Christine geht mit dem Sirup mit, hat aber eher getrocknete Pflaumen in der Nase. Tobias findet eine ganz leichte Rauchfahne, frisch gemahlenen Pfeffer, langsam einkochenden Sherry und angebrannten Zucker.
Mund: Priscilla ist er im Taste nicht mehr als ein „naja“ wert. Christine bleibt die Pflaume in Erinnerung. Tobias findet erstmal Bleistiftspäne, einiges an Holz, bis dann langsam der Sherry hervorkriecht und die typischen Aromen betont. Trockenobst vor allem.
Abgang: Priscilla findet ihn schön weich aber zu nichtssagend. Christine hat sich zu Fallobst durchgearbeitet. Tobias ist er zu schnell weg, da kann man kaum was festhalten. Es bleibt eine leichte Sherryimpression mit einer gewissen Trockenheit im Mundraum.
Fazit: Priscilla ist es einfach zu wenig, er ist fast wässrig 75/100. Christine ist da schon zufriedener, vor allem die Frucht ist positiv. 80/100 Tobias kann gute Ansätze erkennen, es reicht aber nicht um zu überzeugen. 82/100
Benromach 2009
Wir wechseln zu einer fassstarken Abfüllung mit Jahrgang. Das vierte Batch der Cask Strength Serie. 57,2% stehen zu buche. Abgefüllt in 2020 ergeben sich rechnerisch 11 Jahre Lagerzeit. Leider habe ich keine Angaben zu den Fässern und der Anzahl an Flaschen gefunden. Link zur Whiskybase
Nase: Priscilla findet hier Zwetschgen und Asche. Das geht über in Trockenfrüchte und eine deutliche Süße. Christine ergänzt noch eine gänzlich andere Richtung: Limoncello. Tobias findet ein gelöschtes Lagerfeuer aus Tannenholz. Passend dazu auch Harz. Dann mit Honig überzogene helle Trockenfrüchte.
Mund: Passend zum Limoncello hat Christine im Mund fruchtige Zitrone und ein wenig Seife. Priscilla ist bei Rotwein mit viel Säure und findet die Zwetschgen wieder. Bei Tobias zwickt es erstmal in der Zunge, der Alkohol macht sich Raum. Dann kommen dunkle Sherry Aromen, gepaart mit etwas Zitrus. Tabak und Rosinen bleiben.
Abgang: Tobias nimmt die Aromen dann auch mit. Die Zitrusnote wird leicht seifig, ansonsten viel dunkle Früchte, leicht gesalzen. Die Damen sind sich einige, er ist recht süß. Christine gefällt das samtige Gefühl, dass er hinterlässt.
Fazit: Damit attestiert Christine auch eine gute Trinkbarkeit 85/100. Priscilla ist froh, dass es aufwärts geht. 80/100 Tobias schließt sich an, alleine die Fassstärke bringt hier einen Vorteil. 84/100
Benromach 2009 Contrasts: Peat Smoke
Aus der Contrasts Reihe kommt diese Abfüllung. Wir wechseln damit auch die Art der Abfüllung. Jetzt steht der rauchige Charakter im Vordergrund. Die Abfüllung aus 2020 ist gereift in 1st Fill Bourbon Casks und abgefüllt mit 46%. Spannende Info auf der Flasche: Die Gerste wurde mit 42ppm getorft. Link zur Whiskybase
Nase: Christine stieg bei diesem Bottling mit ihren Notes aus. Zu nichtssagend. Priscilla findet einige Blumen und Zitronen. Tobias findet auch Zitrusnoten und eine dezente und sehr junge Torfnote. Außerdem ist er leicht käsig.
Mund: Priscilla bleibt ein Eindruck von Süße und Leichtigkeit. Sie beschreibt ihn „gelb“. Für Tobias ist es im Mund ein Kampf. Zwischen leichtem Rauch und Torf und Käse. Das ist meistens eher anstrengend. Da ist es angenehm, dass immer wieder ein wenig Süße vorbei kommt.
Abgang: Für Priscilla ist er jetzt nur noch süß. Tobias findet ihn vor allem kurz. Torf und Rauch sind fast weg. Ein kleines Highlight ist jetzt eine trockene, würzige Kombination aus Zitrone und Ingwer.
Fazit: Tobias kann sich mit dem Namen schon anfreunden. Kontraste sind sicher da. Er weiß aber nicht ob das die richtigen Kontraste für ihn sind. Und Peat Smoke ist vielleicht ein wenig zu optimistisch. Vor allem wenn man das Phenollevel betrachtet. Das entspricht in etwa Port Charlotte und hat aber nichts damit zu tun! 80/100 Priscilla findet ihn ingesamt zu blumig. Sie ist aber zufriedener als ihre Notes vielleicht vermuten lassen. 82/100. Auch Christine ist im Gesamtfazit dann doch zufrieden. 85/100 lassen vermuten, dass man ihn doch gut trinken kann.
Benromach 2012 Contrasts: Peat Smoke
Wir schließen mit einer weiteren Contrasts Abfüllung. Diesmal aus 2012, abgefüllt 2021. Die Reifung erfolgte in Sherry Casks, getorft wurde mit 55ppm und abgefüllt wieder mit 46%. Link zur Whiskybase
Nase: Tobias ist an den Dunst in Whiskylagern erinnert. Dazu plattgetretener Erdboden. Etwas Rauch und Rosinen. Christine kann sich gut mit dem Sherry, den die Flasche anpreist, anfreunden. Den Smoke vermisst sie. Priscilla hingegen findet wenigsten etwas Peat und der Sherry bringt ihrer Meinung nach vor allem Rosinen.
Mund: Priscilla und Christine sind sich einig: Das ist vor allem süß, was da im Mund ankommt. Während er für die eine cremig rüber kommt ist die andere erneut bei Pflaumen. Tobias kann das cremige Mundgefühl nachvollziehen. Eine schöne Fruchtigkeit (Zitrus) ist erkennbar, die er aber weniger in Richtung Sherry verortet. Dieser kommt dann eher durch schokolierte Espressobohnen. Auch Salz findet er.
Abgang: Dieses ist auch im Abgang erkennbar. Dazu eine schöne Torfnote und auch leichter Rauch. Die Sherrynote sind jetzt eher dreckig. Priscilla muss husten, der Alkohol reizt scheinbar. Dann wird er vor allem bitter. Christine steht vor einem Fragezeichen.
Fazit: Das ist dann auch ihr Fazit. Ist das die Destillerie und der Whisky, den ich damals so toll fand? Hier kommt sie zur Note 85/100 mit eben jenem Fragezeichen. Priscilla findet ihn auch nicht schlecht. Für sie der beste in der Session, dennoch sind die 83/100 mit einem „naja“ versehen. Tobias findet das einen schönen und auch versöhnlichen Abschluss der Session. Da ist schon eher drin was versprochen wurde und er ist gefühlt weniger fehleranfällig. Fassstärke wäre interessant. 86/100
Urlaubswhisky?
Kennt sicher jeder vom Wein. Der beste Wein im Urlaub wird zuhause nicht mehr die gleichen Impressionen liefern können. Das Umfeld fehlt. Könnte sein, dass Christine diesem Effekt zum Opfer gefallen ist. Für Priscilla und Tobias ist hier sicher nicht der heilige Gral des Whisky ausgegraben worden. Es waren interessante Anklänge zu finden. Zumindest Tobias würde vor allem gerne ein paar Abfüllungen einer „höheren Range“ probieren. Mehr Reifezeit und Fassstärke würden ihn interessieren.
Das Experiment auf jeden Fall hat mir, ich schreib jetzt mal wieder in der Ich-Form, sehr viel Spaß gemacht. Es ist immer schön zu sehen, wie die Eindrücke verschiedener Personen zu den gleichen Whisky ausfallen. Ich kann nur weiterhin betonen: Meine Notes kann man nur als Anhaltspunkt nehmen. Selber probieren ist immer Trumpf. Vielen Dank liebe Priscilla und liebe Christine, dass ihr bei diesem Spaß mitgemacht habt!
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Bilder: Titel: John Paul, Wikipedia CC BY-SA 3.0, Link | Flaschen: Freundliche Überlassung der Whiskybase
Samples: Gekauft bei Simple Sample
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