Verborgenes Islay
Es wird mal wieder Zeit für einen Ausflug in das unbekannte Islay. D.h. Whisky von der Insel der torfigen Malts, auf denen die Brennerei nicht genannt werden kann. Oder der Abfüller mit dem Mythos spielt. Das weiß man manchmal einfach auch nicht so genau. „Das könnte ein Ardbeg sein“ löst eben was anderes aus als „das ist ein Bunna, weil es drauf steht“. Ob man das nun gut findet oder nicht.
Was auch immer wahr ist bei unseren sieben Kandidaten heute: Wir versuchen das mal ganz neutral anzugehen. Für mich waren fast alle Verkostungen blind. Notes entstanden vor der Auflösung. Manchmal hab ich auch geraten was es sein könnte. Einmal lag ich sogar richtig. 😉
Islay South Coast 12-year-old Brühler Whiskyhaus
Vom Brühler Whiskyhaus kam in der zweiten Jahreshälfte 2021 eine Miniserie „Islay South Coast“ auf den Markt. Die Labels waren alle mit Comic-Zombies versehen. Der zwölf Jahre alte hat ein Finish im Palo Cortado Sherry Cask erhalten. Mit 56,4% kam er dann in 579 Flaschen. Link zur Whiskybase
Nase: Relativ junger und süßlicher Peat. Da ist auch die typische, dazu passende, Birne dazwischen. Außerdem finde ich noch irgendwas aus dem Meer. Seetang.
Mund: Die Zungenspitze wird erstmal übersprungen. Der erste Eindruck ist: Salz. Mit Salzkruste obendrauf. Dazu etwas Zitrone und deutlichem Peat. Damit dann doch noch eine Süße. Der Seetang ist auch wieder da. Außerdem noch Asche und Kohle.
Abgang: Prickelnd geht es zum Ende. Wieder mit jungem Torf. Zusätzlich gibt es noch Mandeln. Bitterstoffe halten sich eher in Grenzen.
Fazit: Blind verkostet war meine Vermutung hier einen Caol Ila zu trinken. Das liegt nicht so wirklich an der Südküste, insofern ist das sicher falsch. Ob nun Laga, Laphi oder Ardbeg in der Flasche ist, das Urteil bleibt gleich: Kann man gut trinken, wenn man junge Peater mag. Ist aber auch nicht überragend. 84/100
Images of Islay „The Ferry to Islay“ Malts of Scotland
Eine beliebte Serie an Undisclosed Whisky ist „Images of …“ von Malts of Scotland. Darauf sind immer „ikonische“ Orte und Abbildungen in Schottland zu finden. Es hält sich das Gerücht, in der Flasche ist immer die Destillerie, die am nächsten zum Objekt verortet ist. In diesem Fall wären das dann wahrscheinlich Caol Ila oder Bunna. Wir wissen es aber natürlich nicht. Was wir wissen: Single Port Cask. Der Farbe im Glas nach Vollreifung, das Zeug ist einfach pink. Außerdem wissen wir noch es gab 345 Flaschen mit 53,2%. Link zur Whiskybase
Nase: Da ist drin was drauf steht: Portfass, check; Heavily Peated, check. Das ist wie ein Torffeuer in das immer wieder ein Suppenkelle Saft aus roten Beeren gekippt wird. Der Rauch der dabei entsteht hat eine Süße, die fast an dicken Sirup erinnert.
Mund: Eine sehr stoffige Textur ist das erste was mir auffällt. Dann wird er früh erstaunlich bitter. Die Süße ist auch immer noch sehr intensiv. Beeren und Torf sind weiterhin erkennbar, auch der Rauch ist noch da. Das war aber in der Nase angenehmer.
Abgang: Auch hier bleibt es grundsätzlich im Thema. Port und Torf. Es wird dabei eine sehr trockene Angelegenheit und ein wenig Gummi spielt auch noch eine Rolle. Wenn ich mich zwinge, dann finde ich vielleicht noch irgendwo eine Zitrone.
Fazit: Ich hatte davor schon einige „Images of…“. Deshalb ist es ungewöhnlich, dass sie es noch nicht ins Blog geschafft haben. Eher ein Zufall, denn ich mochte viele davon. Der hier ist für mich in der Kategorie „lieber nur wegriechen“. Ich komme mit dem was Taste und Abgang bieten eher nicht zurecht. Wer auf Port und Torf fliegt kann aber durchaus Spaß haben, vermute ich. Unter dem Motto „Showcase“. 84/100 Ach und welche Destille das sein könnte? Keine Ahnung. Das Fass macht alles tot. Vielleicht Caol Ila, wegen der Zitrone im Abgang. 😉
Islay South Coast 21-year-old Brühler Whiskyhaus
Der zweite im Bunde der Islay South Coast. Diesmal ein 21 Jahre alter Geselle mit einem Finish in einem Manzanilla Sherry Butt. Ob jetzt zwei Jahre Finish nicht schon eher eine Teilreifung darstellt? Ok die Frage muss man nicht beantworten 😉 419 Flaschen mit 51,6% ergaben sich. Link zur Whiskybase
Nase: Ganz leichter Torf kriecht langsam aus dem Glas. Dann kommt leicht vor sich hin simmernder Speck, der auf geringer Hitze brutzelt. Es wird medizinisch. Dann kommen noch Vanille und Erdnüsse.
Mund: Ein Lagerfeuer prasselt. Eine gewisse Pfefferschärfe macht sich breit. Kräuter verbrennen über Torf. Es gibt Muschelsuppe.
Abgang: Es endet mit Nüssen und einer deutlichen Süße. Zitrone wird über den Muscheln ausgepresst. Das Feuer verglimmt langsam. Nach über einer Stunde im Glas kommt dann überraschend noch Pfannkuchen dazu.
Fazit: Insgesamt zurückhaltend aber angenehm komplex. Würde sagen die lange Reifung sorgt genau dafür. Balanciert, nicht aufdringlich aber mit Tiefe. Ardbeg und Laphi würde ich bei dem Alter ausschließen. Nach dem Prinzip müsste es dann Lagavulin sein. Aber nix Genaues weiß man nicht. 88/100
Islay South Coast 13-year-old Brühler Whiskyhaus
Der dritte und letzte der Südküstler. Dieses Bottling war wohl nur über eine „geheime“ Facebookgruppe zu kriegen. Bzw. einen versteckten Link der Whiskyhaus. 13 Jahre ist er alt und wurde in einem PX-Fass gefinished. 423 Flaschen mit 57,3% gab es. Link zur Whiskybase
Nase: Wie zu erwarten: Rauchig, torfig und süß. Dazu kommt auf der Fruchtseite noch Ananas und erstaunlich viel Vanille. Da war das Finish wohl nicht ganz so aktiv.
Mund: Die Geschmacksknospen finden direkt Salz und Pfeffer. Dann kommt eine gut durchgezogene Kräuterlimonade. Torf und erste Bitterstoffe kommen hinterher. Gesmokte Grapefruit.
Abgang: Auch nach dem Schlucken bleibt es salzig. Die von einem PX erwartbare Süße ist da. Die Ananas ist jetzt gegrillt. Torf ist auch wieder ganz klar präsent und ein paar Kräuter dürfen auch noch mal.
Fazit: Die Ananas lässt mich auf Ardbeg schließen. Falsche Fährte. Die Hinweise auf der Flasche (eigentlich auf allen Flaschen) deuten aber auch hier auf Laga hin. Auf den Medaillons der Zombies ist jeweils 1816 zu lesen. Das Öffnungsjahr der Lagavulin Destillerie (Ardbeg und Laphi sind jew. 1815 eröffnet worden). Zum Inhalt: Kann man gut trinken, haut mich aber nicht aus den Latschen. 86/100
Islay Single Malt Scotch Whisky 1990 Phil & Simon Thompson
Wie schon bei einem früheren Tasting haben wir hier einen 30+ Laphroaig von den Thompson Brothers im Glas. In einem Bourbon Hogshead gereift ergaben sich 250 Flaschen mit 49,0%. Abgefüllt wurde für The Nectar in Belgien, wo man gerade 15. Geburtstag feiert. Link zur Whiskybase
Nase: Süßlich, tropisch fruchtig. Mit viel Banane, Torf und Vanille. Dazu ein kleines Meeresfrüchtebuffet. Ich hab einen spontanen Verdacht…
Mund: Salz und Torf und ein paar Kräuter, die gerade auslaugen. Die Früchte sind zurück. Orange und auch gespritzte Orangenschale. Ein frisch angeschnittene Ingwerwurzel, inklusive Schale. Auch Zitrone ist am Start. Um im Bild der Meeresfrüchte zu bleiben: Das ist das Dressing für die Leckereien.
Abgang: Zum Schluß wird es süß, fast in Richtung Räucherstäbchen. Es wir auch wieder tropisch fruchtig. Torf und Rauch sind gut im Zaum gehalten, well aged. Nach langer Zeit kommen Bitterstoffe in Form von Milchkaffee.
Fazit: Hier war ich mir ziemlich sicher. Das ist ein Laphroaig, vermutlich 25-30 Jahre. Scheinbar hab ich recht. Zumindest sagen das die wenigen Kommentare in der Base. Lecker ist er auch. Das hätte ein Kandidat sein können für 90. Ganz reicht es irgendwie nicht. 89/100
Islay Single Malt Scotch Whisky 1989 Phil & Simon Thompson
Nochmal so ein Bottling der Gebrüder Thompson. Wo sie nur all diese Fässer her haben? Diesmal sind die 250 Flaschen für Kirsch Import abgefüllt worden. Nach 31 Jahren in einem unbekannten Fass hatte er noch 52,1% Link zur Whiskybase
Nase: Vanille und Rauch geben sich die Klinke in die Hand. Süßliche Früchte kommen hervor… beschwipste Birne? Da ist auch was von Cognac. Von Cognac beschwipste Birne? Eine schöne Salbeinote bringt unaufdringlichen Torf mit sich.
Mund: Ein kurzer und sehr unerwarteter Flash von Rinderbrühe. Das kenne ich sonst vor allem von Sherryreifungen. Das sagen aber weder Nase noch Farbe vorher. Man braucht einen Moment bis man sich daran gewöhnt. Dann geht es wieder gewohntere Gefilde, ähnlich denen beim Nosing.
Abgang: Auch hier wieder die Brühe, dann wird es extrem trocken. Später kommt dann auch wieder schöne Fruchtnote durch. Wieder mit Röstaromen. Das bringt dann auch Bitterstoffe dazu, angebrannter Zucker und Röstmalz. Christian sagt „pelzig pilzig“, was auch immer das heißt.
Fazit: Ich hätte keinen Zusammenhang zum vorherigen Bottlings herstellen können. Und vielleicht existiert der auch nicht. Falls doch ist das hier nochmal ein Laphroaig. Ich war allerdings mit den Bouillon-Flashs auch ziemlich beschäftigt. Da ist Destille raten zweitrangig. Diese sind einprägsam. Der Whisky ist deswegen nicht schlecht, nur ungewohnt und überraschend. Aber ehrlich gesagt auch nicht top. Vielleicht müsste ich ihn öfter trinken? 87/100
The Dark Side of Islay 23-years-old „Kildragon“ Malts of Scotland
Sehr aufmerksame Leserinnen und Leser mögen vielleicht bemerkt haben, dass die anderen Dark Side hier bisher in der Kategorie Blend untergebracht sind. Das ist auch der Unterschied beim „Kildragon“. Hier haben wir einen Single Malt, Single Cask. Dann macht es auch keinen Sinn ihn nach einer längst vergangenen Destillerie zu benennen. Kildragon ist meines Erachtens eine Wortschöpfung für den Whisky. Das treibt natürlich die Gerüchteküche noch mehr an! Ich komme gleich nochmal drauf, aber hier erstmal das Wissen: 23 Jahre, 1st Fill PX Sherry Cask, 51,1%, 209 Flaschen. Link zur Whiskybase
Nase: Ein großer Pot mit einem Sud aus Kräutern, Gewürzen und Früchten köchelt über einem Torffeuer. Wir sind hier vor allem in der weihnachtlichen Richtung unterwegs. Ein uralter Holztisch wird daneben aufbereitet. Vom abbeizen bis zur finalen Wachsschicht ist alles dabei. Und wo der Sud noch eine gewisse Süße aufwarten kann ist die Möbelschreinerei dann eher eine trockene Angelegenheit.
Mund: Die Fruchtigkeit nimmt zu. Es werden alle möglichen Trockenfrüchte gereicht. Kirschen, Pflaumen, Beeren. Das Feuer ist mittlerweile eher eine Glut und die wabert Asche und Rauch durch den Raum. Ein Rumtopf wird geöffnet und eine Pfeife gestopft. Mit klatschnassem Tabak.
Abgang: Wo Nase und Taste noch laut und fast aufdringlich waren wird es jetzt eher leise. Salzige Noten bleiben auf der Zunge zurück. Die Bitterstoffe von zerriebenen Fruchtkernen steigen langsam auf. Kirschpastillen und kalter Espresso geben die letzten Aromen frei, bevor er dann trocken verschwindet.
Fazit: Ein gigantisches Fass, dass Thomas Ewers da an Land gezogen hat. Die Frage nach dem Inhalt kann er wahrscheinlich beantworten. Der Vermutung hier einen Ardbeg im Glas zu haben, so wie sich einige in den Foren geäußert haben, die kann ich für mich nicht bestätigen. Das zähle ich aber nur unter „Brennereicharakter nicht eindeutig“ in meine Bewertung. Das mag auch am PX Cask liegen. Es ist „dennoch“ wirklich fantastischer Stoff. 91/100
Anmerkung Christian: Hier liege ich deutlich drunter, eher bei 87-88 Punkten. Was für Ardbeg sprechen könnte, das ist nicht so meine Destille 🙂
Was wäre wenn…
… ich jeweils sicher wüsste was drin ist oder nicht blind (wie bei 5 von 7 der Fall) Notes geschrieben hätte? Interessante Frage, das Gegenexperiment ist leider nicht mehr möglich. Es war auf jeden Fall viel Gutes dabei und ich will für mich nicht ausschließen, dass ich mit offenen Augen mal einen Punkt mehr gezückt hätte.
Christian hat übrigens diese Auswahl zusammen gestellt. Ein Dankeschön dafür. Kuratiert und akquiriert mit versierter Hand.
Anmerkung Christian: Ich war von dem Tasting auf hohem Niveau eher ernüchtert. Ich hatte mir vor allem von den 30ern mehr erhofft.
Bilder: Eigene Anfertigung und freundliche Überlassung der Whiskybase | Samples: Privat gekauft
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