Thompson Tasting
Die Brüder Phil & Simon Thompson leben den Whiskytraum. Eigene Brennerei, unabhängiger Abfüller und dann auch noch ein Hotel mit einer fantastischen Whiskybar. Unglaubliche Leistung und Hingabe würde ich sagen. Darüber hinaus machen sie sich auch noch Gedanken, wie man dem Flippen entgegen wirken kann. Also der Entwicklung, dass gefragte Flaschen gekauft uns sofort wieder in Auktionen verhökert werden. Ihr aktueller Ansatz geht so: Man kann ihre Flaschen nicht direkt kaufen, sondern bewirbt sich via Verlosung darauf eine Flasche erwerben zu dürfen. Bei der Verlosung wird dann nicht vollständig blind gezogen. Wer in der Vergangenheit brav war, der hat eine höhere Chance. Brav heißt: Hat keine Flaschen verkauft, hat Flaschen geöffnet usw. Das alles scheint relativ aufwendig, ist aber meiner Meinung nach ein lobenswerter Ansatz. Da ich sowas unterstütze habe ich in 2021 an diversen ihrer Ballots teilgenommen und die Flaschen dann auch alle aufgemacht und geteilt. Heute gibt es ein passende Review dazu. Für mich ein schöner und würdiger Abschluss für ein tolles Whiskyjahr.
Westport 1997 Phil & Simon Thompson
Wir beginnen mit einem Blend. Oder genauer gesagt einem teaspooned Whisky. Westport nennen sich Glenmorangie, die mit einem Teelöffel eines anderen Whisky versetzt wurden. Das ist Vorgabe der Destillerie, damit die Marke nicht in direktem Bezug zum Single Malt gebracht werden kann. Die Enthusiasten wissen aber natürlich was dahinter steckt. In diesem Fall ist er 24 Jahre alt, stammt aus einem Refill Bourbon Hogshead. Es gab 176 Flaschen davon und diese sind 50,1% stark. Link zur Whiskybase
Nase: Erstmal ist Getreide und Malz. Dann kommen helle Früchte: Pfirsich, Marille, Orange. Das geht wiederum über in Vanille, Backpulver und ein helles Gebäck.
Mund: Das transportiert er dann auch wunderbar zum Taste. Honiggebäck mit einer starken Getreidenote. Und auch Butterplätzchen mit etwas Ingwer.
Abgang: Nach dem Schlucken wird er erstmal salzig, zitronig und leicht nussig. Wunderbar wärmend läuft er die Speiseröhre runter. Dann tauchen langsam Bitterstoffe auf. Es geht Richtung Grapefruit.
Fazit: Ein typischer Glenmorangie würde ich sagen. Mit einem leichten Twist im Abgang. Das hat mir sehr gut gefallen. 88/100
Highland Region 2000 Phil & Simon Thompson
Wieder ein geheimnisvoller Malt und diesmal ist die Entschlüsselung etwas schwieriger. Mit ein wenig Diskussion in meinem Lieblingsforum sind wir darauf gekommen, dass sich hierbei um einen Loch Lomond handeln muss. Denn die Hinweise deuten auf die Tim & Struppi Comics hin. Dort gibt es einen Band, in dem wir einige der Hinweise vom Label wiederfinden. Und in „Die schwarze Insel“ nascht Struppi dann eben auch von einem Loch Lomond Fass. Genug der Detektei, die Fakten: 21 Jahre alt, Region Highlands, 2 Refill Hogsheads (der Farbe nach nicht zwingend Bourbon), 589 Flaschen, 54,7% Link zur Whiskybase
Nase: Da sind erstmal neu ausgepackte und imprägnierte Lederschuhe. Dann kommen Zwiebelhände. Kennt ihr das, wenn man Zwiebeln schneidet und die Hände auch einen Tag später noch danach riechen. So. Dann kommt ein Kartoffelkeller und später auch noch Turnbeutel, nach dem Sport. Oh je.
Mund: Im Taste ist er vor allem holzig und trocken. Zwischendrin schwimmen immer wieder Zwiebeln vorbei. Und auch Ingwer, was hier schon eine Wohltat ist. Außerdem ist da einiges an Korken zu schmecken.
Abgang: Das ganz Spektrum findet sich dann auch im Abgang wieder. Garniert mit ein ein paar Bitterstoffen, vielleicht Richtung Kaffee. Außerdem wird er moosig.
Fazit: Ohje. Ja… das ist dann eher einer für andere. die ganz wenigen „On“-Notes werden durch eine Vielzahl an „Off“-Notes überlagert. Der ist wirklich schwer zu trinken und nur was fürs Trainieren der Sinne. Zu allem Überfluss bleibt er auch noch sehr lange präsent, so dass man ihn mit Kaffee odgl. abwaschen muss. 59/100
Blended Malt Scotch Whisky 2010 Phil & Simon Thompson
Die Rätselei geht weiter. Auf der Fläche der Abtei von Pluscarden wurde im 19ten Jahrhundert Miltonduff errichtet. Der Hut wiederum ist hier auf diesem Bild bei Twitter auf dem Kopf von Dick Beach zu finden ist. Jener wiederum ist MWP für Miltonduff im Loch Ness Whisky Parliament. Ich schließe also daraus: Das hier ist ein teaspooned (siehe Löffel auf dem Bild) Miltonduff. Ich sollte wirklich darüber nachdenken ein Privatdetektiv zu werden. 😉 Die Fakten: Zwei (siehe Fässer auf dem Bild) 1st Fill Barrels mit mindestens 11 Jahren ergaben 563 Flaschen mit 50%. Link zur Whiskybase
Nase: Eine Kuchenglasur mit Zitrone und Rosenwasser wird gerade frisch aufgebracht. Daneben steht Marzipan. Später dann wird der Kuchen mit Schnaps durchtränkt. Hmmm…
Mund: Salzig geht es weiter. Mit Karamell, Vanille und einem trockenen Gebäck. Darüber ein paar Sprenkel Limoncello. Die Textur ist sensationell cremig.
Abgang: Eine sehr milder Tresterbrand bringt die ersten Bitterstoffe. Dazu gibt es kandierte Zitrone und Grand Marnier. Das Malz kommt zum Vorschein, zusammen mit Kaffeebohnen (leichte Röstung).
Fazit: Wunderbar lecker, den könnte ich die ganze Zeit vor mich hin schlürfen. Feine Struktur und gleichzeitig für das junge Alter eine schöne Tiefe. Und die cremige Textur ist schön schmeichelnd. 88/100
Linkwood 2008 Phil & Simon Thompson
So. jetzt ist es aber mal gut mit den Rätseln: Es steht drauf was drin ist. Ein Linkwood aus dem Jahr 2008. 13 Jahre im Refill American Oak Butt ergeben 636 Flaschen mit 52%. Link zur Whiskybase
Nase: Eine schöne, salzige Süße, was auch immer das sein soll…. Dann kommen helle Früchte: Apfel, Birne, weißer Pfirsich. Es auch Vanille da. Ein Gebäck mit Zuckerglasur und Kräutern. Man merkt auch schon ein paar Bitterstoffe und Öle von Zitrusschalen. Außerdem ist er ganz leicht mineralisch.
Mund: Wo in der Nase noch alles leichtfüssig und „hell“ erscheint geht es jetzt tief runter. Vergorene Früchte, wieder eine gewisse Mineralität. Dazu etwas muffiges, Waldboden und Shiitake-Pilze. Die Süße ist auch noch da. Vor allem vom Malz, aber auch diversen Zuckerarten.
Abgang: Mit denen geht es dann auch weiter. Puderzucker, Zuckerglasur auf einem Zitronenkuchen. Das ist aber er leicht süßlich und malzig, im Taste war es drückender. Dann kommt Orange, etwas Salz und Minze. Er ist immer wieder wärmend und leicht würzig.
Fazit: Sicher nicht ausgereift, aber absolut spannend und durchaus trinkig. Ich würde sagen: Das kann man so abfüllen, ich hätte ihn vielleicht noch ein paar Jahre drin gelassen. 86/100
Fettercairn 1996 Phil & Simon Thompson
Error 502 Bad Gateway. So steht es auf der Flasche. Mit diesem Fass war irgendwas nicht in Ordnung, deshalb schafft man es nur auf gerade mal 20 Flaschen. Der 24 Jahre alte Highlander aus einem Refill Oak Hogshead scheint zum großen Teil ausgelaufen zu sein, oder die Engel hatten mal so richtig Durst. Der verbliebene Rest hat 53%. Link zur Whiskybase
Nase: Etwas Holz macht den Anfang. Dann kommt Zitrone, leicht matschig, nachdem man sie ausgedrückt hat. Dazu ein trockener Weißwein, der aber dennoch eine fruchtige Süße versteckt hält. Zusammen mit Vanille im Vordergrund wird er dann noch würzig.
Mund: So geht es auch weiter: Würzig. Es zwickt in der Zunge, mit Pfeffer, Ingwer und ordentlich Zitrone. Dann kommen Kräuter. Ein honigsüßer Sud, der ganz leicht seifig daher kommt. Auch Gebäck mit Vanille kann ich finden.
Abgang: Wärmend und deutlich süßlich geht es den Rachen runter. Mit ein paar Kräuter, vielleicht eher einem milden Kräuterlikör geht es dem Ende entgegen. Auch der Wein meldet sich nochmal, unter anderem als Barrique. Er hat aber auch dieses crispe, salzige, das manche Weine mitbringen.
Fazit: Die Gewürze sind teilweise heftig und das hat mir schon Spaß gemacht. Die Wirkung des Fasses auf die wenige Flüssigkeit ist auch deutlich, für mich aber überhaupt nicht störend. 87/100
Tullibardine 1993 Phil & Simon Thompson
Den Abschluss macht der älteste Whisky im Bunde. Ein 28 Jahre alter Tullibardine aus 2 Refill Hogsheads. 347 Flaschen mit 47,6% ergaben sich. Das ist erstaunlich wenig für zwei Fässer. Link zur Whiskybase
Nase: Erstmal ist da Honig, dann ein Stollenkonfekt, dass man über Weihnachten vergessen hat. Die Rosinen haben muffige Stellen im Teig ausgebildet, drumherum ist aber alles staubtrocken. Dann kommen Blüten, etwas Wachs und Kies. Schokoladentröpfchen vermengen sich mit Gummiabrieb.
Mund: Die Schokolade ist auch noch da. Dazu kommt Malzkaffee und Honig. Ein paar saure Früchte, vor allem Zitrone und Apfel., Kalk, Benzin und irgendwelche Blüten bilden eine Melange mit Skyr.
Abgang: Bitterstoffe kommen nach dem Schlucken herauf. Das geht Richtung Röstmalz und Milchkaffe. Der Nachklang ist irgendwo zwischen leicht nussig und leicht seifig, abgebunden mit Honig und Lampenöl.
Fazit: Umso öfter ich davon getrunken habe, desto besser wurde er. Obwohl die Tendenz wieder Richtung „off“ ging. Das ist aber bei weitem erträglicher als beim Loch Lomond. Weltklasse konnte er damit aber nicht erreichen. Trinkig, mit ein paar Ecken, die man durchaus mögen kann. 85/100
Eine Achterbahnfahrt
Es geht rauf und runter mit verrückten Loopings und zwischen dem wohlig warmen Gefühl und der Unsicherheit ob man alles bei sich behalten kann. Ich sage danke für die Möglichkeit das alles probieren zu können und für die Hingabe die in alle jenem steckt. Ich muss nicht alles nochmal haben, aber ich weiß Phil und Simon werden mir noch viel Neues und Spannendes bescheren!
Habt einen tollen Jahresausklang alle miteinander und startet gut in das neue Jahr! Ich freue mich wie immer über den Austausch (tobias (at) keinehalbendrinks.de) und bin schon gespannt was uns 2022 beim Whisky alles bringt.
Bilder: Eigene Anfertigung | Samples: Eigene Flaschen
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