100% Calvados beim Fèis Ile Festival
Vielleicht findet man beim Whiskyfestival auf Islay auch mal irgendwo einen Calvados. Sicher aber nicht 100%. Es geht natürlich um Whisky. Von der „Bauernhofdestillerie“ gibt es heut drei Drams. Ein 100% Islay, ein Calvados Cask Finish und eben ein Festivalbottling.
Kilchoman 100% Islay 9th Edition
Jedes Jahr gibt es einen 100% Islay von Kilchoman. Das heißt die Bestandteile des Whisky, bevor er ins Fass kam, stammen vollständig von Islay. Die Reifung erfolgte in 1st fill und Refill Bourbon Fässern. Genug davon um nach neun Jahren Reifung 12000 Flaschen mit dem 50%igen Malt zu befüllen. Link zur Whiskybase
Nase: Frisches Holz und eine leicht künstliche Zitrusnote sind meine ersten Assoziationen. Danach gibt es eine sehr würzige Note. Langsam vor sich hin röstende Samen und trocknende Kräuter. Auf jeden Fall ist da Zimt und Vanille. Nach einiger Zeit kommt eine Süße dazu. Die Zitronen sind dann kandiert.
Mund: Wieder eine leichte Holznote zusammen mit der Frucht. Einige „Farm“-Notes kommen hinterher. Der Torf sagt kurz hallo, aber auch die Heuernte ist irgendwie im Gange. Salz und Vanille kann ich auch ausmachen.
Abgang: Im Übergang ist wieder die künstliche Fruchtnote da. Dann wird es stark wärmend. Stärker als bei 50% vorher vermutet. Die Würze aus der Nase geht jetzt in eine etwas schärfere Richtung. Ingwer und Pfeffer. Abgebunden wird wieder mit sehr dezentem Rauch und einem winzigen Stück Schokolade.
Fazit: Eher untertorft, wenn man andere Abfüllungen von Kilchoman im Kopf hat. Das ist für mich aber vollkommen in Ordnung. Das hätte sonst wohl viele interessante Notes überlagert. Die leicht künstlichen Aromen sind eine unnötige Ablenkung finde ich. Dennoch hat mir das gut gefallen. 87/100
Kilchoman 2011 / 2012 Fèis Ile 2021
Auch 2021 fand das Festival auf Islay nur virtuell statt. Die Bottlings wurden Online verkauft und passende Sessions im Video angeboten. Das Bottling umfasst sechs Bourbon Barrels und zwei Oloroso Sherry Casks. Das ergab nach acht Jahren 2832 Flaschen mit 56,3%. Link zur Whiskybase
Nase: Es beginnt mit einer farmigen Torfnase. Ziemlich schnell schwenkt es zu einer frisch angeschnittenen und noch leicht unreifen Ananas. Dann kommen Tee und Kräuter dazu und etwas Rauch. Ein wenig Sandelholz und Vanille ich auch noch dabei. Könnte insgesamt auch der Geruch eines „Ganesha“-Shop sein. Nur ohne die Süße, von der ich Kopfschmerzen kriege.
Mund: Eine sanfte Melange aus Früchten, geräucherten Aromen und Kräutern dreht in meinem Mund ihre Kreise. Da sind Süd- und Zitrusfrüchte, da ist offenes Feuer und da ist der Gewürzstand am Jahrmarkt. Irgendwo dazwischen ist auch noch Schokolade. Vielleicht sind wir ja insgesamt auf dem Jahrmarkt?
Abgang: Im Übergang habe ich einen Flashback: Ein asiatischer Salat mit Zuckerschoten und Sojasaucendressing. Das bleibt genau lange genug um die Erinnerung im Gehirn zu aktivieren. Dann geht es in leichte Bitternoten zusammen mit einer Idee geräucherter Kräuter. Dazu Früchte in dunkle Schokolade getaucht. Etwas Salz darüber. Daneben einem Milchkaffee. Dann wechselt es nochmal in Richtung Aperitif. Roter Wermut zum Beispiel. Damit endet es dann. Nach langer, langer Zeit.
Fazit: Der passt. Ein Festivalwhisky. Spaß mit Freunden. Alleine in der Ecke verkopfen. Alles möglich. Noch dazu ist er wirklich, wirklich zugänglich. Den würde ich mir einem „Torfgegner“ geben trauen und der würde sagen „ja, wird nicht mein Lieblingswhisky, aber den kann man schon trinken“. Und der Peat-Head kann auch was damit anfangen. Ein Festivalwhisky. Zum Trinken. 90/100 (Emotional vielleicht noch ein Punkt mehr).
Kilchoman 2013
Ende 2020 wurde die Uniquely Islay Serie „An Geamhradh“ von Kilchoman auf den Markt gebracht. Single Casks, mit einem besonderen Touch. In diesem Fall ein frisches Bourbon Barrel mit einem Calvados Cask Finish. Ich hab ein wenig Angst vor dieser Kombination, denn der Afffinity von Compass Box hat mir nur bedingt gefallen. Aber ich freue mich auch auf diesen 56,7% starken, sieben Jahre alten Malt. Schließlich bringen Experimente auf lange Sicht die ganze Szene weiter. Link zur Whiskybase
Nase: Ein entfernter Torfrauch vermischt sich mit einem Wasserbottich mit Äpfeln. Apfelschnappen auf dem Torfacker. Nach einiger Zeit serviert jemand Apfelspalten mit Salzkruste. Wenn man lange genug wartet, dann findet sich ein süßlicher Rauch ein und eine kleine Aschewolke. Priscilla sagt er hat was von ranzigem Schweinefett. Außerdem findet sie kalkhaltige, mineralische Noten und eine Grapefruit.
Mund: Für den enttäuschenden Geruch ist der Geschmack laut Priscilla gut. Ich finde zuerst vor allem wieder Salz. Dazu vergorene Äpfel, mit einem Kräutersud dazwischen. Es sind auch metallische Anklänge. Der Bottich scheint mir so ein klassischer Waschzuber. Die Griffe sind aus Apfelholz.
Abgang: Das Metall geht auch über in den Eindruck nach dem Gaumen. Dazu dann noch Bitternoten. Kinley Bitterapfel. Gibt es das noch? Ich glaube nicht. Hier kommt auch noch distanzierter Rauch dazu. Geräuchertes Apfelmus.
Fazit: Danke lieber Jürgen, dass den probieren durfte. Das ist schon was speziell. Weit weg von dem was der Affinity darstellt. Kilchoman kann hier klar den Stempel aufdrücken. Dennoch ist das Calvados-Fass mehr als nur „Mitspracheberechtigt“. 87/100 Priscilla ist vor allem von Taste und Abgang überzeugt, der Geruch ist für sie off. 85/100
Uniquely Kilchoman?
Ich hab keine gesicherte Erkenntnis was das wäre. Ich habe aber die Sicherheit hier wunderbare Whisky getrunken zu haben. Es sind definitiv Abfüllungen mit eigener Berechtigung und spätestens beim Fèis Ile Bottling ist mir der Mund offen stehen geblieben. Das ist alles was ich von so einem Bottling möchte. Klar kann da in den Whiskyspähren noch der ein oder andere Punkte mehr erreicht werden. Die Frage ist was man erreichen will. Das ist vielleicht die wahre Kunst.
Bilder: Eigene Anfertigung und freundliche Überlassung von der Whiskybase und Jürgen | Samples: Privat gekauft, geschenkt und eigene Flasche
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.