Old & Rare Flight 006
Zwei Dinge fallen für dieses Review zusammen: Es ist mal wieder Zeit für ein Old & Rare Tasting und gleichzeitig wäre jetzt gerade mal wieder in Limburg die wunderbare Whiskyfair. Das ist mehr als ein guter Grund für ein paar echte Highlights.
Es dürfen diesmal wieder Paare von Lost Destilleries sein, das ist doch ein gutes Thema. Wir starten mit Imperial in der Speyside, auf deren Gelände heute die Dalmunach Destillerie neu errichtet wurde. In Runde zwei geht es auf Islay zu Port Ellen. Ehre wem Ehre gebührt oder doch ein wenig overhyped? Kann man nur rausfinden, wenn man mehr probiert. 😉 Zum Schluss gibt es dann noch zwei Banff aus den Highlands. Gerade die Abfüllungen aus den 70ern haben mich bisher meistens überzeugt.
Imperial 15-year-old James MacArthur
Zum 500 jährigen Jubiläum des schottischen Whisky hat der unabhängige Abfüllen James MacAthur diesen Whisky 1994 abgefüllt. Zur Anzahl der Flaschen oder den Fässern der 43% starken Abfüllung ist mir nichts bekannt. Link zur Whiskybase
Nase: Ein Biskuitkuchen mit künstlicher Vanille macht den Start. Dann kommen salzige Noten und ein helles Rhabarberkompott. Einige Anklänge von Holz und Rosinen geben einen Hinweis auf mögliche Fässer. Etwas Schlagsahne mit Zitrusabrieb ist auch noch dabei.
Mund: Weich und rund bewegt sich der Malt durch den Mund. Etwas Kuchen mit hellen Früchten, als Gegenpol gibt es Kalk und eine gewissen Mineralität. Ein kleiner Touch Würze hier und auch etwas Zitrus da. Aber immer alles im „gediegenen“ Rahmen.
Abgang: Im Übergang ist etwas Pfeffer und Ingwer vorhanden. Dann wird es ein leicht bitterer Abgang mit etwas Holz, einer sehr dezenten Süße, Trockenheit und Salz. Schokolade ist erkennbar und auch Honig. Ingesamt ist er aber recht mild und fast etwas kurz. Wenn man ihn ein wenig stehen lässt, dann kommen noch Paraffine raus. Das ist ein schöner Twist. Warten lohnt sich.
Fazit: Ein Malt für ein breites Publikum, der aber nicht zwingend zum Runterkippen ist. Da kann man schon ein wenig Zeit damit verbringen. Die Trinkstärke ist sicher auch dem Anlass geschuldet, mit Fassstärke würde man sicher Anfänger und Gelegenheitsgenießer abschrecken. Das lässt natürlich nur schwer die große Tiefe zu. Ich finde das hier dennoch ein wirklich gelungenes Bottling. 87/100
Imperial 21-year-old The Whisky Exchange
Eine besondere Gelegenheit mit einer speziellen Flasche Whisky feiern. Was will man mehr? Vielleicht eine Flasche mit einem eigenen Label? The Whisky Exchange macht das möglich. In diesem speziellen Fall sogar von einer verlorenen Brennerei. Schöner Marketinggag. Mal sehen ob der Inhalt die Erwartung hält. 186 Flaschen aus dem Bourbon Barrel gibt es. Sie sind 46,8% stark. Link zur Whiskybase
Nase: Eine sehr prägnante Süße macht den ersten Eindruck. Dazu kommen wunderbare Früchte, vor allem Birne, voll und reif. Vanille und Zitrusschale spielen den Begleiter. Immer wieder kommen Schwaden direkt aus dem Süsswarenladen. Gepresste Zuckerperlen, Zuckerwatte und so weiter… Dazwischen findet sich auch immer wieder mal etwas Wachs, Gras und auch mal die ein oder andere Mandel.
Mund: So geht es dann auch weiter. Ein leichtes, fruchtiges und wachsiges Profil setzt sich fort. Die Früchte bleiben hell und gelb. Vieles zeigt in Richtung Zitrus. Auch Schalen und Zeiten sind da. Die Vanille ist auch vorhanden, genauso wie etwas Pfeffer aber nur begleitend. Das Mundgefühl ist eher trocken.
Abgang: Er bleibt in seinem Profil und hat eine wunderbare Länge, Salz und mittlerer Trockenheit. Wenige Bitterstoffe kommen noch oben drauf. Das Gras geht über in einen Blumenstrauß. Vielleicht sogar Wildblumen. Zum Bienenwachs gibts ein wenig Honig.
Fazit: Ein toller Whisky, der durch den Marketinggag sicher viele Enthusiasten glücklich gemacht hat. Schönes Ding! 88/100
Port Ellen 1983 Douglas McGibbon
Eines der letzten Fässer Port Ellen die jemals gebrannt wurden hat der unabhängige Abfüller Douglas McGibbon hier in die Flasche gebracht. Im Winter 2008 wurde er aus einem einzelnen Refill Butt mit 46% in eine unbekannte Anzahl an Flaschen gebracht. Link zur Whiskybase
Nase: Unmittelbar sind da Seetang, alte, nasse Hölzer, Diesel und Paraffin. Dann kommen matschige Pfirsiche und auch Apfel. Zwischendrin finde ich auch immer wieder Harz und Jod. Nice!
Mund: Es beginnt mit Holz. Spontan ist das sogar etwas zu viel. Dann geht es aber zum Glück sehr schnell in Richtung Stachelbeere und Heu. Dann wird es ein prasselndes Lagerfeuer, bis ein maritimer Einschlag und eine salzige Brühe kurz vor dem Schlucken kommt.
Abgang: Danach geht es zwischen trockene Fruchtnoten mit Limetten und Stachelbeeren, Lampelöl und Margarita mit Salzkruste sowie Mezcal hin und her. Das könnte ich den ganzen Abend haben. Ganz wunderbar!
Fazit: Für 46% kompletter Wahnsinn. Es ist aber mal wieder ein Whisky, der mich mit der Frage zurück lässt: Wie wäre der in Fassstärke. Ausserdem verhindert der erste Moment beim Taste den Übertritt zur magischen Neunzig. 89/10
Port Ellen 1982 Bladnoch Forum
Wenn ich das richtige verstehe, dann handelt es sich bei Bladnoch Forum um die Destillerie Bladnoch die „damals“ als unabhängiger Abfüllen auftrat. Dieser Port Ellen wurde 2007 mit 25 Jahren und 58,1% aus einem Butt geholt. Welches Butt steht nicht drauf. Link zur Whiskybase
Nase: Es beginnt mit einer starken alkoholischen Note. Mazerierender Seetang könnte es sein. Auch wenn ich keine Ahnung habe wie das genau riecht. Dann kommt Gischt und Teer und Torf und alles was man sich so erhofft. Dazwischen ein Hauch süßer Früchte und auch Agaven.
Mund: Maritim Noten gepaart mit leichtem Torf. Spontan vom Level her eher bei Highland Park oder Talisker angesiedelt. Dann geht die Fahrt relativ schnell in Richtung Jod, gepaart mit einer wunderbaren Fruchtnote.
Abgang: Zum Glück bleibt der ca. ewig. Der Abgang ist für mich kaum zu schlagen. Ein mild in der Glut gebratener Fisch mit einem fruchtigen Chuttney. Da sind Trockenfrüchte und auch wunderbare Gewürze drin. Ein Hauch Vanille, Lagerfeuer, Rauch und Seeluft wabern immer wieder vorbei und es sind die Bitterstoffe und Jod die mich dann hinaus begleiten.
Fazit: Tja. Alleine der Abgang ist es wert sowas zu probieren. Das ist einfach fantastisch. Der Rest könnte vielleicht unter den Erwartungen bleiben, je nachdem wo man bei Port Ellen steht. Das Finale ist aber wirklich „Grande“. 90/100
Banff 1974 Gordon & MacPhail Connoisseurs Choice
Aus der Reihe „Old Map Labbel“ der G&M Connoissuers Choice kommt dieses Mini. Wie üblich in der Reihe abgefüllt mir 40% und ohne Altersanhabe. Link zur Whiskybase
Nase: Ein dezenter Gruß mit der Öllampe. Dazu Leder und Parrafine. Äpfel, Birne, fein gemahlene Gewürze. Das geht schon mal gut los!
Mund: Ölige (Leinöl), salzige und grasige Noten gehen über in Bitterstoffe und eine extreme Süße. Dazwischen blitzt etwas Zitrus und vielleicht auch in Touch kandierter Ingwer hervor.
Abgang: Dunkle Schokolade und Kaffee überraschen mich zuerst. Die Bitterstoffe bleiben, dazu kommt noch Eichenwürze und leichte „Weinigkeit“. In der Länge ist er dann honigsüß.
Fazit: Nase und Taste haben mich voll überzeugt. Im Abgang wurde es dann nicht zwingend schlecht, allerdings passt das nicht mehr ganz zum Rest. Insgesamt relativ rund, das spreche ich jetzt mal den 40% zu. Damit wird er auch recht trinkig. 87/100
Banff 1975 Jack Wiebers Whisky World
Der deutsche Abfüller Jack Wiebers hat diesen Banff aus dem Jahr 1975 nach 33 Jahren im Bourbon Cask in die Flasche gebracht. In der Serie Gentlemans Noses kamen die 120 Flaschen mit 44,2% auf den Markt. Link zur Whiskybase
Nase: Der erste Eindruck geht in Richtung Parrafine, Öllampen, Öllappen und auch Äpfel. Dann schwenkt es direkt zu süßem Honig und Propolis. Malz und leichte Vanillenoten kommen hervor. Das ergibt dann auch ein Gebäck, ganz luftig leicht und süß scheint es zu sein. Eine ganze Wiese Wildblumen erblüht vor mir. Oragenöle und eine ganz dezenter Holzton schließen das Ganze dann ab.
Mund: Samtig weich umschließt er die Zunge. Sofort kommt eine leicht säuerliche, grasige Note auf. Diese wird nach einer Weile durch gut integrierte Bitterstoffe und Zitrusnoten ergänzt. Salz kommt auch noch dazu.
Abgang: Wiesen mit Kräutern dazwischen, frisch gemähtes Gras. Dazu viel Honig ein ganz leichte Bitterstoffe. Zitrusnoten wechseln zwischen Limette, Zitrone, Orange und Grapefruit hin und her. Auch hier sind wieder ein paar Holznoten am Start. Die passen aber gut und bei dem Alter ist das kein Wunder.
Fazit: Die Nase ist für mich ein unglaubliches Highligh. Vielleicht hat auch daher den Beinamen „Gentle Noses“. Im Mund ist dann verhältnismässig wenig los, aber auch hier ist er nicht schlecht. Der Abgang ist dann wieder wirklich gut, an die Nase kommt er – leider- nicht mehr ran. 90/100
Eine Ode an die Festivals
Das Line-up in diesem Review hätte wunderbar auch ein Tag in Limburg oder auf der Village sein können. Damit ist die Mission für den Flight sicherlich erfüllt. Eine Whiskymesse ersetzt es natürlich nicht. Damit will ich aber die Drams nicht schmälern. Ein Flight wie dieser ist eine große Freude und ich bin sehr froh über jedes Dram darin. Persönliches Highlight, wenn ich eines wählen muss: Der 1975er Banff. Diese Nase… herrlich!
Bilder: Eigene Anfertigung. | Samples: Eigene Flaschen, Originalsamples und privat gekauft.
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