Die Pagodendächer von Glenfarclas

All in the Family

Glenfarclas Family Casks… what could possibly go wrong? Wenig, was sich in der Preisgestaltung der letzten Jahre deutlich gezeigt hat. Für einen diese Garanten der Qualität darf man mittlerweile einiges hinblättern. Soll uns hier aber nicht davon abhalten möglichst viele davon zu verkosten. Fünf auf einen Streich!

Glenfarclas 1998 The Family Casks S20

557 Flaschen aus einem Sherry Butt. 1998 Destiliert, im Mai 2020 für den Batch S20 abgefüllt. Fassstarke 57,9% stehen zu Buche. Link zur Whiskybase

Nase: Eine eher leichte Nase, sehr weit weg irgendwie. Rinderboullion könnte da sein. Ein paar Beeren. Etwas Schokolade ist da auch noch. Ziemlich flach aber dennoch. Wenn man lange genug wartet macht er langsam auf. Dann wird er erstmal süßer. Dazu kommen Trockenfrüchte. Datteln, Orangen und Rosinen vor allem. Eine sehr, sehr alte Vanilleschote, die schon oft ausgekratzt wurde.

Mund: Hier ist das Highlight dieses Whisky. Eine wunderbare Kombination aus hellen Früchten und Gewürzen. Von frischen Äpfeln bis hin zu getrockneten Aprikosen und Rosinen. Salz, Pfeffer und auch anderes. Und ein klein wenig Tabak und Leder.

Abgang: Etwas Leder und Tabak mit einer süßen Komponente. Nur wenige Bitterstoffe. Ein Hauch von der ausgelutschte Vanille ist auch noch da.

Fazit: Leckerer Whisky aber ein Leisetreter. Da darf man nichts das schreit dagegen trinken. In sich aber wirklich schlüssig und lecker. 88/100

Glenfarclas 1996 The Family Casks W17

Aus Batch W17 stammt dieser 1996 Glenfarclas. 52,4% haben die 581 Flaschen. 21 Jahre alt war er im November 2017 und auch diese Abfüllung kam aus einem Sherry Butt. Link zur Whiskybase

Nase: Es hat geregnet und wir sitzen im Unterholz. Ein Kirschschnapps wird rumgereicht. Eine prickelnde Vanilla Coke steht daneben. Aus dem Ledersäckchen wird eine Butterstolle geholt. Die Butter ist schon leicht ranzig.

Mund: Eichenwürze ohne Ende. Dazu Kräuter und viele rote und dunkle Früchte. Quasi das was der ganze Wald und jede Hecke so hergibt. Zwischendrin ist dann auch sowas wie beschwipste Früchte dabei. Tabak und Leder sind auch zu finden.

Abgang: Die Kirschen wurden jetzt in Butter geschwenkt und stehen neben einem Tabakpäckchen. Die Bitternoten sind stark ausgeprägt und binden die Aromen gut zusammen. Irgendwo dazwisch ist auch noch Gebäck zu finden. Es wird dann auch irgendwann eine recht trockene Geschichte.

Fazit: Das ist fantastisch. Der ist schon sehr ausdrucksstark und mit den Butternoten vielleicht nicht für Jede/n. Ich fand ihn allerdings trotzdem unglaublich trinkig. Auch wenn das eigentlich keinen Sinn macht. 90/100 Beim zweiten Mal nur noch 89/100. Wundert mich irgendwie nicht, wenn ich die Notes so durchlese.

Glenfarclas 1995 The Family Casks W18

Noch mal ein Jahr weiter zurück geht es und ein Jahr länger im Fass. Batch W18 mit einem der „berühmten“ 4th Fill Sherry Butt, die Glenfarclas-Spezialist hs305 so liebt. 23 Jahre alt und 52,3% stark ist die Abfüllung. Link zur Whiskybase

Nase: Eine eher verschlossene Nase die sich erst nach ein paar Minuten Luft wirklich öffnet. Da sind dann Kräuter, erdige Noten und Tabak. Dazu die fruchtige Seite mit alten und auch grünen Äpfeln. Dazu ein wenig Zimt, der schon ausgeraucht ist. Vanille ist auch mit dabei.

Mund: Wunderbar süß und dick. Mit einer leichten würzigen Note kommen Kräuter noch mit dazu. Birnen und Äpfel. Erdige Noten sind dabei. Auch salzig ist er.

Abgang: Leckere Holznoten und auch wieder der Zimt. Dicker, süßer Honig dabei. Ein ganz leicht seifiger Unterton. Birnen und Äpfel. Leicht nussig.

Fazit: Sehr lecker, wenn auch ein wenig … eigentümlich. Wahrscheinlich sind es die erdigen Noten, die ich so nicht erwartet hätte. Könnte ich aber vielleicht schon noch mehr Gefallen dran finden, wenn ich nicht „nur“ ein Sample gehabt hätte. 88/100

Glenfarclas 1994 The Family Casks S18

Noch mal 23 Jahre. Diesmal 1994 destilliert und im Juli 2018 abgefüllt (Batch S18). 552 Flaschen mit 53,3% aus einem Refill Sherry Butt. Link zur Whiskybase

Nase: Wieder eine eher zurückhaltende Nase. Nach einiger zeit gibt es dann etwas Holz, delikate Kräuter und ein klein wenig süße Früchte. Alles eher im „defensiven Bereich“. Etwas Vanille ist auch noch dabei. Mit Wasser kommt dann noch Honig dazu.

Mund: Früchte und Kräuter geben sich die Klinke in die Hand. Das ist ein wunderschönes Spiel um die Zunge und den Gaumen. dazu auch ein paar salzige und vanillige Noten. Das ist wunderbar. Dazu kommt eine metallische oder mineralische Komponente.

Abgang: Brotige Noten mit Honig. Dazu Eichenwürze und pfeffrige Würze. Süße und helle Früchte liegen darunter. Klasse. Nach einiger Zeit kann mann einen schönen Weißwein aus dem Barrique für sich finden.

Fazit: Sehr fein. Das Holz muss man ertragen können, dann kann man mit dem mehr als leben. 89/100

Glenfarclas 1992 The Family Casks S20

Zurück in den aktuellen Batch und weitere zurück im Destillastionsjahr: 1992 ins Fass, Juni 2020 wieder raus. Aus diesem Sherry Butt kamen dann 601 Flaschen mit 55,9%. Link zur Whiskybase

Nase: Kräuter Blumen Vanille gelbe Früchte vor allem Zitrus. Eine frisch aufgeschnittene Orange. Tabak, Eiche und Sherryaromen.

Mund: Wunderbare salzige Makadamia- und auch Erdnüsse. Dazu Vanille und gelbe Früchte. Tabak, Eiche und Sherry sind eher hintergründig.

Abgang: Keine unendliche Länge aber was da kommt ist fantastisch. Ein pricklen und auch ein Schluck Mineralwasser. Die Nüsse sind wieder da.

Fazit: Das ist ein grossartiger Whisky, abseits von den gefragten, stark Sherry durchtränkten Glenfarclas. Schon spannend, denn hier fehlt die Angabe darüber, wie oft das Fass schon verwendet wurde. Bei einem relativ frischen Fass würde man mehr Dominanz erwarten. Heimliches 4th Fill? 😉 90/100

Those Were The Days

Als man die Glenfarclas aus seinem eigenen Geburtsjahr noch problemlos beziehen und bezahlen konnte. Hätte man wohl tun sollen. Aber gut zu wissen, dass die aktuellen Abfüllungen weiterhin ihr Versprechen halten. Glenfarclas The Family Cask waren schon immer und bleiben auch eine Bank.

Danke an Christian, der sich durch dieses Tasting mit „durchgequält“ hat 😉

Bilder: Eigene Anfertigung (Christian) und freundliche Überlassung von Ihlione, BlakeLuces und Nosferatu68 | Samples: Privat gekauft