Glenmorangie mit Prof. Dr. Tasting

Das Leben als Whiskynerd ist schön. Ich meine klar, da kann man sich über Preisentwicklungen und verpasste Flaschen aufregen. Man kann sich auch im vergangenen Jahr drüber beschweren, dass weder Messen noch Tasting stattgefunden haben. Aber der Whisky und die Industrie finden ihren Weg. Unter den Enthusiasten werden weiterhin Flaschen geteilt, Onlinetastings entstehen.

So war es auch in meinem Freundeskreis. Die gut gepflegte Tradition des Weihnachtstasting, veranstaltet durch den „Prof. Dr. Tasting“, durfte auch dieses Jahr nicht ausfallen. Wir haben uns natürlich nicht vor Ort getroffen. Er hat sich vielmehr die Mühe gemacht uns alle mit großzügigen Samples zu versorgen. Diese haben wir dann per Videokonferenz unter seiner Führung verkostet.

Das Thema war dieses Jahr Glenmorangie, schon das zweite Mal in dieser Reihe. Die Faszination rührt beim „Tastingleiter“ von der milden und ausgewogenen Grundform, die häufig durch gutes, manchmal experimentelles, Fassmanagement noch weiter aufgewertet wird. Ich bin schon gespannt was uns dieses mal erwartet!

Glenmorangie Allta

Whisky Alta!!1! Ok, das ist auch nur im Deutschen „komisch“. Der Whisky ist eine der Private Editions, deren Reihe mit dieser 10ten Abfüllung 2019 zu Ende ging. Sie waren immer von einer konkreten Spezialität geprägt. In diesem Fall wurde ein eigener Wildhefestamm verwendet. Ansosnten erfolgte die Lagerung in 1st und 2nd Fill Bourbon Casks. Eine Angabe zu Alter und Anzahl der Flaschen gibt es nicht. Die Abfüllung erfolgte mit 51,2% in Fassstärke. Link zur Whiskybase

Nase: Vanille, Apfel, gedeckter Apfelkuchen mit Puderzucker, leichte Holztöne. Das ist im Wesentlichen der Basiswhisky der hier ruft, oder? Ich würde sagen ja.

Mund: Kräuter und Bitterstoffe, ziemlich viel Holz auch. Das ist schon etwas ausdrucksstärker als die Nase. Das Gebäck oder der Kuchen ist auch noch präsent.

Abgang: Gscheid süß. Auch Apfelkerne und etwas Säure. Der Kuchen ist jetzt eher ein Zitronenkuchen mit Zuckerglasur. Das ist sehr gefällig.

Fazit: Allta heißt im gälischen, so zumindest meiner Recherche nach, „wild“. Nun, die Hefe mag zwar wild sein, der Whisky ist es nicht. Wo der Hefestamm jetzt zu schmecken ist… ich denke eher nirgends. 😉 Im Mund ist der Whisky nicht ganz so meins, ansonsten ist er absolut trinkig. Es ist ein wirklich leckerer Glenmorangie. Alles fein für mich. 86/100

Glenmorangie Spìos

Gleich die nächste Private Edition. In 2017 wurde diese abgefüllt, ich glaube 2018 herausgegeben. Diesmal aus Rye Fässern. Die Abfüllung hat 46%, ist also nicht fassstark. Über Anzahlen weiß man wieder nichts, weder Flaschen noch Jahre. Link zur Whiskybase

Nase: Schöne Fruchtenoten zum Start. Da ist vor allem Apfel und Birne. Auch Apfelwein finde ich. Es gibt so Kuchen mit gelierten Äpfeln und Apfelwein. Daran erinnert er mich. Dazu kommt Zimt und Vanille. Nach einiger Zeit gibt es noch einige Waldaromen. Nadeln, Boden, vielleicht auch Pilze.

Mund: Salz, viel Salz und ein klein wenig Pfeffer. Er ist vor allem rund und weich. Aber auch herb und trocken. Man merkt etwas Zitrus, die Äpfel sind eher weniger da. Dann kommt Sauerteig auch Hefeteig. Wenn man ihn lang im Mund behält ist da eigentlich nur noch Brot.

Abgang: Eher trocken. Dann erstmal etwas Holz. Es gibt auch wieder Salz und Zitronen. Diesmal auch Limetten. Leicht seifig dabei. Die Vanille bekommt man auch noch mal mit. Auch im Abgang ist nach langer Zeit viel Brot und etwas Salatgurke.

Fazit: Das Ryecask ist defintiv merkbar. Das muss man respektieren, im Vergleich zum Allta ein Plus. Allerdings wird das nicht mein favorisiertes Profil. Er ist speziell … eher zu speziell für mich. Der Name heißt übrigens „würzen“ auf Gälisch. Das passt schon ganz gut, denke ich. 83/100

Glenmorangie Bacalta

Die Private Edition des Jahres 2017 stammt aus einer Mischung von Bourbon und Madeira Casks und zwar Malmsey Madeira. Auch hier ist wieder 46%, keine Altersangabe und keine Flaschenanzahl. Link zur Whiskybase

Nase: Eine schöne dicke Haselnusscreme. Dazu Brot- und Kuchenkrumen. Das Brot ist als schon gegessen, die Nougatcreme ist noch offen. Dazu kommt noch einiges an Vanille.

Mund: Hier ist er leicht pfeffrig zu Beginn und danach kommt etwas Banane und Mango. Reife Früchte vor allem. Da vermute ich jetzt mal den Einfluss der Nachreifung?

Abgang: Hinten raus wieder Nüsschen. Haselnüsse vor allem. Dazu auch noch Mandeln oder sogar Marzipan. Am Ende gibt es Kokos und dann wird er auch trocken.

Fazit: Niemals hätte ich den Madeira erkannt. Der vergorene Wein würde ich eher mit tiefroten Früchten asoziieren. Dennoch durchaus lecker. Nach einiger Zeit wird er aber eher dünn. Bacalta heißt übrigens „gebacken“. 85/100

Glenmorangie A Tale of Cake

Diese Limited Edition löst glaube ich die Private Editions ab. Gefinished in Tokaji Weinfässern und ansonsten mit den gleichen Werten wie die Vorgänger meistens: NAS, 46% unbekannte Flaschenzahl. Ansonsten gerne in Stefans Beitrag die Details nachlesen. Link zur Whiskybase

Nase: Wieder sind wir beim Süßkram unterwegs. Erinnerungen an Milchschnitte kommen hoch. Dazu Vanille und Ananas. Auch Kokos und Honig ist dabei.

Mund: Damit geht es dann auch weiter: Ananas und Kokos. Dann kommt Kakaobutter und damit weiße Schokolade. Die Früchte gehen dann Richtung Mango. Das ganze wird immer durch Honignoten verbunden.

Abgang: Es wird bitter und trocken. Salziges Brot und vielleicht auch Kuchen sind dabei. Es ist auch Schokolade zu finden und ein wenig Nüsse.

Fazit: Hätte auch irgendwie süßer sein können. Wenn man von Kuchen spricht und an Glenmorangie denkt zumindest. Insgesamt eher nicht so meins. Es ist aber keinesfalls schlechter Whisky. 84/100

Westport 2004 Willson & Morgan

Ein versteckter Glenmorangie. Ein Teaspooned Whisky. D.h. der Name darf nicht genannt werden. Es wird ein Teelöffel eines anderen Whisky in das Fass gegeben, damit ist es ein Blend. Und diese Glenmorangie-Blends heißen immer Westport. Klingt kompliziert, aber das ist eben auch die Whiskywelt. Dafür wissen wir anderes deutlich besser: Ein Single Marsala Cask, mit Altersangabe (15 Jahre). Er ist fassstark (59,5%) und es gibt 295 Flaschen davon. Link zur Whiskybase

Nase: Alte Schiffsplanken mit Lack dran. Beize. Tequila, braun und billig. Mit der Zeit Rumrosinen. Vielleicht auch Pflaumen. Leicht würzig. Das ist jetzt aber doch deutlich anders.

Mund: Er ist wärmend und würzig. Dazu saure rote Früchte und deutlich Holz. Dazu noch Salz und ein Vanilleplunder. Das ist schon eher Glenmorangie.

Abgang: Süß und leicht bitter. Mit vergorene Früchten. Auch wieder Gewürze und auch wieder Holz. Das Weinfass ist jetzt auch noch deutlicher präsent.

Fazit: Der ist schon ok. Die Nase ist ein wenig speziell aber sehr interessant. Insgesamt bissl viel Holz vielleicht. 84/100

Westport 1997 Five Lions

Zum Glück hab ich Westport schon erklärt, dann kann ich mich jetzt auf andere komplizierte Fakten stürzen. Also Five Lions ist meiner Recherche nach ein Suspriktionsversand. Hinter den Fässern steht scheinbar Michel Reick, der Best Dram, Scotch Universe und weitere Abfüllungen macht. Ok lieber mehr Fakten zum Whisky: 18 Jahre war er im Fass, 1997 wurde er destilliert. Zumindest zum Schluss in einem 1st Fill Sherry Butt. Er ist so richtig fassstark mit 59,6%. Link zur Whiskybase

Nase: Ein Sherryfass. Ganz eindeutig. Schöne Sherrynoten und Früchte. Eine Torte mit dunklem Boden und dunklen Früchten. Brombeeren, Kirschen, Heidelbeeren und rote Weintrauben. Da ist auch noch auch etwas Tabak.

Mund: Mit dem geht es dann auch direkt weiter: Tabak und Schwarzbeeren. Auch wieder Brombeeren. Etwas Schokolade und Kaffee kommt dann nach ein paar Umdrehungen.

Abgang: Süß mit viel Kuchen und Gebäck. Getränkt mit Sherry. Dunkle Früchte ohne Ende. Dazu auch noch etwas Salz und wieder der Tabak.

Fazit: Lovely Sherry, schön aufgesprittet. Allerdings hab ich keine Ahnung was da wirklich im Fass war. Das kann kaum ein Mensch rausschmecken (uch wenn ich zwei mal Kuchen erwähnt habe). Dennoch, der ist lecker! 87/100

Westport 2007 Best Dram

Wo gerade schon bei Michel Reick waren: Eine Abfüllung seiner Best Dram Marke. Wieder ein 1st Fill Finish. Diesmal ein PX. 10 Jahre ist er alt und 51,5% stark. Es gibt nur 144 Flaschen und die Abfüllung stammt aus zwei Fässern. Das liegt daran, dass zwei Octave- also Achtel-Fässer verwendet wurden. Link zur Whiskybase

Nase: Durchgefaulte Weintrauben, Schwarzbeeren, Brombeeren, Johannisbeeren. Durch die Früchte kommt auch noch Vanille durch. Holz und Tabak geben den Rahmen.

Mund: Trockenfrüchte mit intensiven Aromen und ordentlicher Süße. Dazu kommt erst Salz und dann dunkle Schokolade. Das geht dann irgendwann über in Espresso.

Abgang: Trocken und sauer geht es den Rachen runter. Dann gibt es auch wieder Espresso, Schokolade und Trockenfrüchte. Gewürze und Holz bleiben dann relativ lang.

Fazit: Auch wieder schön. Hier kriegt man aber nun wirklich keine noch so leise Ahnung von Glenmorangie mehr. Das ist aber auch einfach egal, oder? 87/100

Warum Desert essen, wenn man es auch trinken kann?

Eine Erfahrungsreise durch die vielen Variationen von Süßspeisen, Deserts und vor allem Kuchen. Schönes Ding. Ich glaube die höchsten Weihen wird Glenmorangie bei mir wahrscheinlich selten erhalten, aber der Best Dram Westport und auch der Allta haben sich immerhin Mühe gegeben. Und insgesamt war kein echter „Ausfall“ dabei, die waren alle mindesten gut bis sehr gut trinkbar. Einige hatten auch gefährliche „schenk nochmal nach“ Eigenschaften.

Vielen Dank unserem lieben Tastingleiter. Es war wie immer fantastisch ausgewählt, organisiert, durchgeführt und insgesamt ein einfach wunderbar. Ich freue mich schon jetzt auf die nächste Runde.

Später am Abend ist dann alles etwas unschärfer und unsortierter 😉

Bilder: Freundliche Überlassung vom Prof. Dr. | Samples: Eigene Flaschen des Prof. Dr.