Vertikale Geheimnisse der Speyside

Wie auch schon Serge V. vor kurzem wieder festgestellt hat: Die „Secret“ Abfüllungen nehmen zu. Das Recht den Namen der Brennerei zu nennen wird beim Verkauf nicht gewährt. Manchmal wird dieser dem Abfüller nichtmal genannt. Das ist ein Spiel der Marketingabteilungen, denn mit dem Namen geht auch eine gewisse Marke einher. Der Aufbau einer solchen kostet Geld, die unentgeltliche Nutzung finden diverse Brennereien nicht in Ordnung. Auch sind schon einige Abfüller unter den Verdacht geraten Abfüllungen, die sonst kaum Prestige erhalten würden, als Secret/Undisclosed abzufüllen, damit ein gewisser Mythos entsteht. Es könnte ja … Macfarcdronach drin sein, nicht wahr?

Nun ich mache das Spiel nur bedingt mit. Die Reviews bleiben neutral dem Inhalt gegenüber, vielleicht kann ich ein paar Infos und Gerüchte als Randnotiz mit beisteuern. Der Kern soll aber das Review an sich bleiben und darauf freue ich mich schon. Von 13 bis 44 Jahren sind heute geheimnisvolle Malts aus der Speyside am Start. Das wird bestimmt gut!

Speyside 13-year-old Brühler Whiskyhaus

Das Brühler Whiskyhaus haut in letzter Zeit mit hoher Schlagzahl Bottlings raus. Dieses hier ist ein viel diskutiertes daraus. Diesmal nicht wegen leicht bekleideter Frauen auf den graphischen Labels, sondern wegen dem Haus auf der Taschenuhr. Das sieht so aus wie Easter Elchies, das Stammhaus von Macallan. Damit muss das hier ja einer solcher sein, oder? 😉 Zu den bekannten Fakten: 13 Jahre alt, 596 Flaschen, 56,7%, 1st Fill Sherry Butt. Link zur Whiskybase

Nase: Tabak und Leder kommen mir als erstes in den Sinn. Dann etwas Gerbsäure, bevor eine fruchtige Seite zum Vorschein kommt. Da sind dunkle Beeren aber auch sehr reife Orangen. Auch etwas Trockenobst ist dabei, vor allem Rosinen. Immer wieder kommt ein saurer Geruch dazu, den empfinde ich eher als unangenehm.

Mund: Süßlich warm beginnt es, dann gibt es einen Schwung Pfeffer, bevor wieder der Tabak und das Leder zurück kommt. Im Mund ist er weit weniger fruchtig als in der Nase. Die buttrige Säure ist erneut da, allerdings diesmal nicht so unangenehm. Als Pluspunkt kommt eine kräftige Kaffeenote dazu.

Abgang: Bitter und säuerlich geht er dahin. Es gesellt sich vor allem Espresso zu den Früchten aus der Nase. Einige Sherry-Holz-Noten sind jetzt auch noch zu finden, bzw. kommen deutlicher hervor.

Fazit: Macallan hin oder her, das hyped mich nicht, das ist ein leckerer Malt. Für Fans von Tabaknoten. Wenn man das nicht so mag, dann könnte es hier schwierig werden. Mir hätte wahrscheinlich eine längere Reifung in einem weniger frischen Fass besser gefallen. In der Nase fand ich die Säure unangenehm. 86/100

The Cigar Malt 2006 Ian Macleod

Dem Titel nach erwartet mich im zweiten Malt wieder Tabak. Der Cigar Malt von Ian Macleod in der Chieftains Serie hat Tradition. Diese Abfüllung aus dem November 2020 ist 14 Jahre im Fass gewesen (1st Fill Sherry Butt). Sie umfasste 651 Flaschen und ist 59,0% stark. Link zur Whiskybase

Nase: Sauer und leicht schwefelig. Rosenwasser, nasser Tabak, Leder und auch andere Sherrynoten.

Mund: Die säuerlichen Tabaknoten und dazu fauligen Eier dominieren. Vielleicht gibt es da auch noch etwas Frucht. Aber ehrlich gesagt kämpfe ich da sehr überhaupt noch was zu schmecken.

Abgang: Ganz kurz kommt eine schöne Fruchtsüße in Richtung Datteln und Feigen, bevor man vollständig überwältigt wird von Tabak und saurer Butter. Der Schwefel ist hier nicht mehr ganz so schlimm.

Fazit: Vielleicht muss man da eine Zigarre dazu rauchen, damit der schmeckt. Damit fang ich jetzt aber nicht wieder an, nur um diesen Malt zu „verstehen“. 76/100

Speyside 1988 Le Gus’t

Wieder eine Abfüllung, die durch die Abbildung des Macallan Estate Eater Elchies auffällt. Der französische Abfüller Le Gus’t macht es noch ein wenig deutlicher durch ein Foto. Erneut hier die Fakten: 30 Jahre alt, aus einem Sherry Butt, 510 Flaschen, 53,7%. Link zur Whiskybase

Nase: Sherry mit einigem an Frucht. Da sind Äpfel, Pflaumen etwas dunkle Kirschen. Bestreut mit etwas Zimt und Kakao.

Mund: Sowohl würzig als auch mit starker Sherry-Seite. Gute Noten von Kakao, Schokolade und Kaffee. Vielleicht auch Milchkaffee. In einer „Star Bucks“-Variante.

Abgang: Etwas säuerliche Schwefelnoten aber nicht unangenehm. Die Schokolade ist auch wieder da. Dazu ein wenig Lakritze.

Fazit: Ziemlich nett. Mehr als nett würde ich sogar sagen. Durchaus komplex und fordernd. Macallan Fans sind laut Whiskybase verzückt. Dafür fehlt mir die Expertise. 88/100

Speyside Region 1975 Antique Lions of Spirits

Wieder eine der Abfüllungen aus dem vergessenen Lagerhaus. Die Story glaub ich ja bis heute nicht. Dennoch muss man anerkennen, es tauchten zur selben Zeit diverse, über 40 Jahre alte, Secret Speyside Abfüllungen aus den 70ern auf. Bei unterschiedlichen Abfüllern. Irgendwo müssen die ja herkommen. Diese hier wurde von Antique Lions of Spirit abgefüllt, dem Joint Venture aus Whisky Antique, Lions Whisky und Sansibar Whisky in der Savannah Series. Er ist 42 Jahre alt, war zum Schluss in einem Fino Sherry Cask und hat eine Stärke von 49,2%. Der Flaschenzähler stoppte bei 378. Link zur Whiskybase

Nase: Ohhhh hallo! Marzipan und Kokos, Rosenwasser, Schwarzkirschen. Da ist wieder alles am Start. Auch ein schönes Ananasjogurth dazu. Dazwischen immer wieder Vanille. Es geht weiter mit den tropischen Früchten. Mango ist da. Papaya. Jetzt wird alles überreif. Das ist schon mal ein Statement!

Mund: Süß und fruchtig mit einer leichten Prise Salz geht es weiter. Wieder die exotischen Früchte. Ananas, Mango, auch pralle Pfirsiche dazwischen. Lychee, Guave. You name it. Dazu noch etwas Eiche und Bitternoten als Balance. Da merkt man Alter und Qualität. Brutal.

Abgang: Im Abgang wird das Feuerwerk ein wenig ruhiger. Das ist dann aber auch ok. Da schmeckt man Klasse und eine gewisse Alterswürde, wenn es sowas bei Whisky gibt.

Fazit: Fantastisch. Was will man mehr. Ich frag mich immer noch, was die echte Story hinter diesen Fässern ist. Wie auch immer: Das ist tolles Zeug und dieser zählt unter den an sich schon großartigen Abfüllungen mit zu den noch besseren. 92/100

Speyside 1973 Acla da Fans

Auch der schweizer Abfüller Acla da Fans hat ein Fass der ominösen Secret 40iger ergattern können. Im Rahmen der Acla Selection, die durch Understatement beim Label geprägt ist, wurde dieser 44 Jahre alte Malt abgefüllt. Gelagert in einem Sherry Butt mit einer relativ kleinen Ausbeute von 156 Flaschen. Ich hoffe das war ein geteiltes Fass! 47,1% hatte die Abfüllung. Link zur Whiskybase

Nase: Tropische Früchte und trockene Vanillenoten geben sich die Klinke in die Hand. Ananas, Kiwi, Papaya, Mango. Alles aber eher kurz vor dem Reif werden. Daher kommen auch die trockenen Aromen.

Mund: Eine süße Honignote kommt zu den Fruchtnoten. Einige wenige würzige Anklänge. Auch etwas Salz kommt dazu. Im Vergleich zu anderen Abfüllungen dieser Speysider ist das ein eher stiller und dennoch sehr tiefer Malt.

Abgang: Die trockenen Noten gehen langsam in Tanine über. Die Früchte „faden“ aus. Die Länge ist gefühlt ewig, man wird aber nur in Nuancen immer wieder erinnert. Und das ist schon eine herausragende Eigenschaft.

Fazit: Superlecker. Ich kann verstehen wenn man den auch in den Sternen sieht. Für mich ist das Profil „unreife Früchte“ und „trocken“ dazu eher nicht geeignet. Dennoch: Die Qualität kann man neidlos und mit großem Respekt anerkennen. 90/100

Alles Macallan?

Eine geflügeltest Wort in der Whiskyszene: Secret Speyside wird scherzhaft immer mit „das muss ein Macallan sein“ bezeichnet. Ich hab keine Ahnung, ob hier auch nur ein Tropfen Macallan im Spiel war, um ehrlich zu sein. Ich weiß auch gar nicht, ob ich mir das wünschen würde.

Was ich mir schon wünschen würde ist mehr vom Le Gus’t und dem Acla da Fans. Und sicherlich noch viel mehr vom Antique Lions of Spirits. Das ist fantastisches Zeug. Meine Neugierde ist zwar groß, ich wüsste gerne was in der Flasche ist. Wenn ich dafür aber diese Qualität erhalten kann, dann soll es so sein! Dann trinke ich dumm aber glücklich fantastischen Whisky. 😉

Bilder: יאיר צפורי, CC BY-SA 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons (Beitragstitel) und freundliche Überlassung von sow42195, DocF., Montegehro | Samples: Privat gekauft und getauscht.