Berge in den Highlands

Eine handvoll Highlands

Für die Größe der Region und die Anzahl der Destillerien sind die Highlands hier im Blog bisher stark unterrepräsentiert. Das hat für mich keinen speziellen Grund. Es ist nicht so, dass ich die Highlands und den Whisky von dort nicht mag. Vielleicht bildet es noch am ehesten die Menge an Flaschenteilungen für Flaschen aus der Region ab. Denn das ist natürlich eine meiner häufigsten Quellen für Review Samples.

Aber ich muss auch gar keine Wissenschaft daraus machen, ich kann ja in Zukunft etwas ausgewogener verkosten. Fangen wir gleich damit an. Heut im Programm: Fünf verschiedene Highland Whisky. Vier davon unabhängig abgefüllt, drei Bourbon Hogsheads, zweimal fängt der Destilleriename mit „Glen“ an und eine Originalabfüllung ist dabei. 5, 4, 3, 2, 1 … los!

Inchmurrin 21-year-old

Die Loch Lomond Destillerie verkauft Whisky unter vielen Namen. Einer davon ist Inchmurrin, benannt nach einer Insel im See „Loch Lomond“. Hier haben wir einen 21 Jahre alten Vertreter mit 46%. Mehr scheint nicht bekannt. Link zur Whiskybase

Nase: Banane, grüne Trauben, Tomatensträucher, Birnen. Hab ich zuletzt in dieser Kombination gegessen… lasst mich überlegen… nie? Ich glaub das hat einen Grund.

Mund: Cremig, gelbe Früchte, leichtes Prickeln, etwas Holz. Dann kommen faulige Trauben, fies. Und Vanilleeis nach drei Stunden in der Sonne. Das ist auch nicht besser irgendwie.

Abgang: Süßlich, auch hier wieder das Gefühl das etwas leicht „drüber“ ist. Ein unangenehmer Film bleibt im Mund und belegt für Minuten die Schleimhäute.

Fazit: Puh. Eher nicht nochmal. Ich korrigiere: Sicher nicht noch mal. Laut Homepage der Brennerei gibt es den nicht mehr. Das hat wohl Gründe. 70/100

Blair Athol 2010 Whiskybroker

Bereits im 18. Jahrhundert wurde Blair Athol eröffnen. Wie viele der alten Destillerien ist sie über die Jahrzehnte durch verschiedene Hände gegangen und hat einiges an Umbau erlebt. Heute gehört sie zu Diageo. Dieses Fass hier aber wurde vom Whiskybroker abgefüllt. Nach zehn Jahren in einem Wine Barrique. 266 Flaschen davon wurden mit 56,5% verkauft. Link zur Whiskybase

Nase: Datteln und Feigen, Rosinen auch andere getrocknete Früchte. Kirschen und Brombeeren. Karamell und Honig. Leichte Vanillenoten und auch feine Hölzer. Zimt, Leder und Tabak. Aber das ist eher ein Verbinder zwischen den Früchten.

Mund: Kaffee, Tabak, Leder, Schokolade. Der ganze Mund ist mit einer dickflüssigen, fast sirupartigen Schicht überzogen. Eine würzige Komponente kommt dazu. Irgendwo zwischen Ingwer und Pfeffer. Zwischendurch blitzt immer wieder was künstlich süßes durch. Hubba Bubba Erdbeere würde ich sagen.

Abgang: Die Erdbeere startet dann auch im Abgang. Dann wird er süß und sauer, mit Orangen und Kirschen. Schöne Bitternoten. Ein leckerer Gewürzkuchen mit Nüssen ist das was bleibt.

Fazit: Den lasse ich mir gerne gefallen. Weinfässer können ziemlich Biester sein. Das hier ist eher wie eine großartiges Sherryfinish. 89/100

Old Pulteney 2006 Cadenhead

Ein Bourbon Hogshead, 294 Flaschen, 14 Jahre, 55,4%. Soweit der Rahmen, den Cadenhead in seiner Authentic Collection angibt. Der Inhalt ist ein Old Pulteney. Die Destillerie gehört heute zu den Inver House Destillers. Sie existiert aber auch schon seit bald 200 Jahren. Link zur Whiskybase

Nase: Zesten und frischer Grasschnitt. Pinienzapfen und salzige Gischt. Apfelschalen mit Vanillestaub. Mit Soda gefloated.

Mund: Pfeffer und Salz. Süße Zitronen, Kohletabletten und Mezcal. Scheinbar bereite ich mich auf einen herrausfordernden Abend für meinen Magen vor. Das Leinöl hilft da sicherlich auch.

Abgang: Wärmend und salzig mit einem Knall. Am Strand stehen. Es ist etwas kühler geworden. Im Glas einen schönen Mezcal (i feel you Serge V.!) eine Zitrone über dem Glasrand ausgedrückt.

Fazit: Spannend, speziell aber nicht vollkommen herausragend. Und das sage ich, obwohl ich in Fan von Mezcal-Whisky bin. Komisch. Vielleicht war es auch der falsche Tag. 87/100

Glen Ord 2007 SMWS 77.61

Die Brennerei vom Hügel mit dem Runden Gipfel, so mal meine freie Übersetzung, ist auch schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gegründet worden. Heute befindet sie sich in der Diageo Gruppe. Dieses Bottling stammt aber von der SMWS. Die Scotch Malt Whisky Society füllt jedes Jahr zu Ehren von Robert Burns, dem wohl berühmtesten schottischen Dichter, Bottlings ab. Dieses hier war ein Bottling in 2020. Ganz konkret haben wir einen 12 Jahre alten Whisky aus dem Bourbon Hogshead, abgefüllt mit 60,6%. 228 Flaschen davon gibt es. Link zur Whiskybase

Nase: Ein matschiger Apfelkuchen mit einer würzigen Note. Vielleicht etwas Ingwer. Kondensmilch steht auch schon auf dem Tisch. Jetzt muss nur noch jemand den Kaffee bringen und Omas Sonntagskaffee kann beginnen.

Mund: Der packt erstmal an. Die über 60% kommen voll zur Geltung. Es dauert etwa eine Minute bis sich das Prickeln und die Ingwerschärfe gelegt haben. Dann sind einige bittere Noten vorhanden, aber auch eine angenehme Süße. Da sind auch noch feine Holznoten oder aber vielleicht Schalen. Immer wieder kommt auch ein wenig Frucht vorbei. Eingelegt Früchte oder wie der Eindruck in der Nase schon war: Verbacken in einem Kuchen. Nur diesmal ohne Kuchen. Leicht salzig ist er auch noch.

Abgang: Eine leicht verbale und bittere Note, gepaart mit der Süße der Früchte. Auch das Holz ist noch mal da. Die Länge ist, im Vergleich zum vorherigen Eindruck, fast ein wenig enttäuschend.

Fazit: Absolut leckerer Dram. Das ist so einer, den kriegt man blind ins Glas und verbringt dann ewig mit dem Versuch rauszuschmecken was das jetzt sin könnte. Und man wird es einfach nicht rausfinden. Aber man hat Freude daran und ist dann überrascht nach der Auflösung. 87/100

Glen Garioch 1984 Signatory Vintage

Erneut eine alt-ehrwürdige Destillerie der Highlands. In den letzten Jahren des 18. Jahrhundert gegründet und heute im Besitz von einem der Getränkegiganten: Beam Suntory. Aber auch hier habe ich ein unabhängiges Bottling im Glas und zwar von Signatory Vintage, abgefüllt für das Brühler Whiskyhaus in Rahmen der un-chillfiltered Collection. Der Whisky hat 44,0%, ist 34 Jahre im Fass gewesen und stammt aus einem Bourbon Hogshead. 194 Flaschen wurden abgefüllt. Link zur Whiskybase

Nase: Die Nase ist erstmal sehr verhalten. Da ist ein wenig Frucht und Malz. Vielleicht auch Honig. Aber der scheint ein wenig Zeit zu brauchen. Nach einiger Zeit kommen alte Hölzer zum Vorschein. Eine verstaube Bibliothek. Aber auch fruchtige Anklänge. Noch etwas später dann eine Lavendelseife. Aber eine sehr dezente.

Mund: Eher dünn und unaufgeregt. Früchte sind immer noch da, aber auch die Seife. Und da nun alles andere in den Hintergrund gerückt ist, da wird diese Note dominant. Etwas Pfeffer eilt noch zum Ausgleich, aber das reicht nicht.

Abgang: Leichte Zitrusnoten. Lavendel und Veilchen sind immer noch da. Dazu ein paar Botenstoffe mit Grapefruit als Highlight. Danach wird es spürbar seifig. Eine Scheibe Brot liegt da auch irgendwo noch rum. Hm… jetzt wird’s langsam ein wenig arg wild.

Fazit: Ich vermute es gibt schlimmere Veilchen-Whisky, aber ich werde kein Fan von diesem hier. Nicht so mein Stil. 78/100

Lernen und genießen

Ich habe sicher wieder einiges gelernt. Z.B. dass ich Veilchenwhisky scheinbar nicht mag. Und das ich mich gefühlt vor mir selbst rechtfertige wenn ich in Bottling schlechter bewerte als ein gewisser S. V. – oh Serge, was hast du nur getan!

Ich habe auch genossen. Z.B. den Glen Ord. Da hatte ich wenig Erfahrung bisher und dieser Dram hier hat mir sehr gut gefallen.. Aber Das Highlight stammt vom Broker. Der Blair Athol hat mir so gut gefallen, da musste ich gleich mit einer ganzen Flasche zuschlagen. Vielen Dank Mark!

Die Whiskywelt ist einfach riesig, immer spannend und voller toller Menschen.

Bilder: Eigene Anfertigung, freundliche Überlassung von sow42195, Samples: Eigene Flaschen und privat gekauft