Zwei unabhängige Old Pulteney
Es gibt bestimmte Whiskytypen oder -charaktere. Die Rauchigen, Floralen, Fruchtigen, … und auch die Maritimen. Inselwhisky. Schmeckt nach mehr, nach rauer See und dergleichen. Ein solcher ist typischerweise Talisker. Die sind aber mit den aktuellen Abfüllungen bei mir irgendwie in Ungnade gefallen. Ersatz „muss“ her. Old Pulteney sagt man diese Charakterzüge auch nach. Die Destillerie liegt zwar nicht auf einer der Inseln, aber in einer Highlandhafenstadt direkt am Meer. Unter diesen Bedingungen reift der Malt angeblich besonders schnell. Deshalb auch das „old“ im Namen.
Zwei bis drei Originalabfüllungen hatte ich schon. Diese waren durchwachsen, die beste war noch ein Travel Retail. Heute schaue ich mal zwei unabhängige Abfüllungen an. Total ähnlich oder total unterschiedlich? Unabhängig abgefüllt und fassstark sind beide. Aber wir haben ein Sherry Butt und ein Bourbon Hogshead. Die Reifezeit ist unterschiedlich und auch die Jahrgänge liegen, wenn auch minimal, auseinander. Egal wie die Faktenlage ist, wir kriegen es sowieso nur mit einer Methode raus.: Probieren.
Old Pulteney 1998 Malts of Scotland
Nach zwölf Jahren und elf Monaten in Bourbon Hogshead 1217 füllte der unabhängige Abfüller Malts of Scotland diesen Highlander ab. 301 Flaschen mit 52,5% kamen dabei raus. Link zur Whiskybase
Nase: Süße Malznoten und Honig gehen über zu etwas Zitrus. Gewachste Äpfel liegen auf einem Holztisch neben einer Schüssel Haferflocken.
Mund: Honig-Salz-Krokant mit etwas Zitronenabrieb. Entsprechende Bitterstoffe sind auch da. Frisches Holz, und eine pfeffrige Säure (keine Ahnung wie ich das sonst beschreiben soll).
Abgang: Extrem wärmend und mit ordentlicher Süße verabschiedet er sich. Er ist aber auch wieder sehr grün, fast schon Pflanzensäfte und zum Schluss natürlich bitter. Der Spaß ist nur von kurzer Dauer.
Fazit: Nicht schlecht, aber den Baumsaft und das ganze Grüne muss man schon mögen. Die Anklänge Richtung Frühstück sind da schon eher meins. 82/100
Old Pulteney 1999 Gordon & MacPhail
Aus der neu aufgelegten Connoisseurs Choice Cask Strength Serie von Gordon & MacPhail sind schon viele beeindruckende Malts entsprungen. Das hoffe ich auch bei diesem 19-jährigen Old Pulteney aus dem Refill Sherry Butt. 554 Flaschen mit 56,5% gab es davon. Link zur Whiskybase
Nase: Eine würzig-süße Nase, fast schon wie Curry-Gewürzketchup. Nach einiger Zeit dann eher Sherry-Gewürzketchup. Rosinen, zerstoßene Nüsse, Pilze und Waldboden. Immer wieder Kurkuma, Curry und Haselnüsse. Danach ein paar Zweige, Blätter einer alte Eiche.
Mund: Eine samtig weiche Textur wird durch Salz und Pfeffer unterbrochen. Auch die Süße-Rezeptoren haben zu tun. Dunkle Früchte und ein leicht rauchiger Charakter kommen dazu. Rosinen werden dominant, begleitet durch einen bissigen Charakter.
Abgang: Rote Früchte wurden auf einem Zedernholzbrett zermatscht. Mandelsplitter darüber. Sherryessenz bindet es zusammen und Hagelsalz rundet alles ab. Der Abgang ist beeindruckend. Und lang.
Fazit: Wenn man Sherry-Whisky mag wird man den hier lieben. Sehr lecker und kurz habe ich mein eigentliches Ziel vergessen. Das trifft er nicht ganz, bis auf die salzige Note. 89,998/100
Die Sehnsucht nach dem Meer
… bleibt irgendwie. So ganz klar kann sich der Old Pulteney nicht in dem Bereich platzieren. Trotzdem ist der G&M eine Wucht und hat sich wirklich gelohnt. Nach einem Talisker-Ersatz muss ich dennoch weiter suchen.
Bilder: Eigene Anfertigung, Samples: Eigenes Originalsample, eigene Flasche
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