Ein Blick über den großen Teich

Mit Bourbon und Rye kenne ich mich kaum aus. Ich muss zugeben ich hab auch wirklich noch nicht viele probiert. Sicher ich hab ein paar Sachen in der Bar, die ich für Cocktails oder Longdrinks geeignet finde. Wild Turkey Rare Breed, Knob Creek Bourbon und Rye, Sazerac… was man eben in einer gut sortieren Hausbar so hat *hüstel*. Mit Single Casks oder besonderen Abfüllungen habe ich bisher kaum Kontakt. Am Sonntag ergab sich aber die großartige Chance das zu ändern.

Als Jason, der Macher von WhiskyJason, mich dann als Gast in seinen Livestream eingeladen hat (gibts hier zum Nachgucken) habe ich mich vor allem erstmal sehr gefreut. In einem kurzen Vorgespräch haben wir darüber gesprochen was wir verkosten sollen. Beim Blick in seine riesige Sampleliste kam mir eine Idee: Raus aus der Komfortzone Scotch Single Malt, rein ins Vergnügen amerikanische Whisky. Gedacht getan! Auf die folgenden drei haben wir uns dann sehr schnell geeinigt.

Jack Daniel’s No.27 Gold

Ein doppelt gereifter Bourbon. Neben den typischen Eichenfässern werden auch Ahornfässer verwendet. Mit 40% wurde er abgefüllt. Über die Anzahl der Flaschen, Reifezeit oder ähnliche Dinge schweigt man sich allerdings aus.

Nase: Ich behaupte einfach mal das was ich nicht zuordnen kann in der Nase, das ist das Ahornfass. Auf jeden Fall ungewohnt und damit spannend. Darüber hinaus zwickt der Alkohol ein wenig in den Schleimhäuten. Nach ein paar Minuten im Glas finde ich ein älteres trockenes Roggenbrot.

Mund: Maissüße und ein Hauch Vanille. Wahnsinnig viel mehr ist allerdings nicht los.

Abgang: Eher kurz und süß. Wenn man eine Zeit wartet, dann kann man ein wenig Banane erhaschen.

Fazit: Nicht schlecht. Aber sicher auch nicht großartig. Auf jeden Fall viel besser als der überall bekannte No. 7. Kann man glaube ich relativ gedankenlos nebenher trinken. Der Preis ist allerdings relativ hoch, für das was man kriegt. Außer man rechnet vielleicht die Umverpackung mit. Aber die kann man eben nicht trinken. 78/100

1792 Single Barrel

Ein Einzelfass unbekannten Alters aus der Barton 1792 Destillery. 49,3% stark und 2016 abgefüllt.

Nase: Eichenwürze ohne Ende, einiges Karamell und die typische Vanille.

Mund: Immer noch sehr viel frisches Fass und fast schon cognacartig.

Abgang: Ein Toffee ganz kurz bevor es sich komplett aufgelöst hat. Die Eiche bleibt für immer, aber auf eine gute Art und Weise. In den letzten Zügen auch etwas Vanille und Frucht: Grapefruit und wachsige Orangen.

Fazit: Ok. Das ist spannend. Was ich bisher einfach nicht kannte ist diese starke Präsenz des frischen Eichenfasses, in einer anderen Form als Vanille. Das zieht sich hier komplett durch und das macht schon irgendwie Spaß. Nicht das ich ihn den ganzen Abend trinken wollen würde, aber da mal die Nase und den Gaumen rein zu halten lohnt sich auf jeden Fall. 82/100

Michter’s US*1 Single Barrel Straight Rye

Auch hier ein Einzelfass aber kein Bourbon sondern ein Rye. Wieder kein Alter bekannt (mindestens vier Jahre im Fass). In einem Charred American White Oak Barrel gereift und mit 42,4% abgefüllt.

Nase: Eukalyptus, Menthol und auch wieder Roggenbrot. Faszinierende und für mich sehr unerwartete Nase.

Mund: Ein Schwung Eukalyptus kommt mit. Er wird kurz salzig, dann kommt etwas Pfeffer dazu, bevor es in einer malzigen Süße mündet.

Abgang: Hier bilde ich mir ein den Schwenk wieder Richtung Menthol zu schmecken. Und Baumharz. Eine leichte Säure mischt sich dann noch zur Süße.

Fazit: Sehr hübsch. Und so unerwartet. Zumindest für mich. Ich kann mir vorstellen, dass gerade Peat-/Islay-Fans hier auch sehr viel Spaß haben. 85/100

…und nun?

Danke Jason. Für einen wunderbaren Stream aber auch das du mich zum Lehrling für amerikanischen Whisky gemacht hast. Da gibt es scheinbar auch viel zu lernen und zu erforschen. Ich fange sicher nicht an schottische Single Malts dafür aufzugeben, aber vielleicht interessiere ich mich jetzt häufiger für die andere Seite des Atlantik.

Samples: Von WhiskyJason für den Livestream bereitgestellt; Foto: Eigene Anfertigung