Drei von einer [Whiskyart] – Der große Unbekannte: Speyside Malt
Unter der Bezeichnung Speyside Malt werden häufig Single Malts von unabhängigen Abfüllern veröffentlicht, von denen man nur eines weiß oder preisgeben will oder kann: Die Region. Ebenda im Speyside sind sehr viele, teils berühmte, Destillen Schottlands angesiedelt. Manche davon wollen nicht das unabhängige mit ihrem Namen werben. Manchmal ist offiziell beim Verkauf des Fasses wirklich nicht bekannt, aus welcher Destille es stammt. In den letzten Jahren ist ein regelrechter Hype in dieser Kategorie entstanden. Kommen doch nicht selten extrem gute und alte Speyside Malts auf den Markt. Auf der Whiskymesse in Limburg habe ich dieses Jahr die Gelegenheit genutzt drei Drams dieser Kategorie zu probieren. Die Gelegenheit war günstig, denn die Whiskys sind es nicht. Will man eine Flasche davon haben sind 400€ und mehr keine Seltenheit. Da bot die Messe die Möglichkeit für deutlich kleineres Geld 2cl zu probieren und sich ein Urteil zu bilden.
Speyside Malt 1973, Sansibar ‘Chinese Mask label’, 1973-2016, 52%, Sherry Cask, 240 Flaschen
Nase: Dunkle! Früchte! Piemontkirsche, Heidelbeere, Cassis so intensiv, das könnte auch Sirup sein.
Mund: Leckerestes Edelmarzipan, dann spanischer Brandy im Sherryfass gelagert und ein Früchtetee mit ganz feiner Säure.
Abgang: Der bleibt eine Ewigkeit. Die Kirschen aus der Nase, das Marzipan aus dem Mund und dann noch etwas Zimt.
Boah, das ist ganz nah an der Perfektion. 94/100
Speyside Region 1973, The Whisky Agency ‘Art Nouveau Ladies’, 43 Jahre (1973-2017), 46,9%, Sherry Butt
Nase: Er beginnt ganz sanft mit etwas Holz, dann Wachs und Honig. Eine Öllampe? Auf jeden Fall aber Banane.
Mund: Exotische Gewürze, auch Süßholz. Die Banane und der Honig sind immer noch da.
Abgang: Deutlich anders als im Mund, aber auch sehr lecker. Mittelgang hat man Kumquats und Minze.
Insgesamt auch wahnsinnig gut. Vielleicht ein kleines bisschen schlechter im Gesamtbild. Aber das ist Jammern auf sehr sehr hohem Niveau. 90/100
Speyside Region 1975, Antique Lions of Spirit, 41 Jahre (1975-2016), 46,9%, Fino Sherry Cask, 230 Flaschen
Nase: Milchschokolade und Kirschen. Kommt mir ganz kurz bekannt vor von der Village in Nürnberg. Dann ist da aber auch noch Eukalyptus und Cassis.
Mund: Das Paar bleibt dann auch. Ungewöhnliche Kombination, aber lecker. Muss ich mal in einem Cocktail ausprobieren. Neu im Mund ist Pfeffer, Orange und alter Rotwein. Ein Pinot Noir oder Auxerrois?
Abgang: Die Schokolade ist wieder da, diesmal eher mit hohem Kakaoanteil. Dazu kommt, trockener Sherry und Rosinen und ein paar Bitterstoffe. Sehr schöne Länge.
Auch kaum zu topen. Teils überraschend aber immer extrem lecker. Zum Sansibar fehlt dennoch was. 92/100
Fazit: Brutal. Drei mal 90 und mehr Punkte. Unglaublich hohe Qualität, unglaublich lecker und vielschichtig. Ich komme aus dem Schwärmen gar nicht mehr raus. Alle drei waren absolut herausragend und dennoch stach der Sansibar noch mal heraus. Da war das Gesamtbild am stimmigsten. Es hat durchaus seinen Reiz, wenn ein Whisky etwas hat, was dominant und ungewöhnlich ist. Im Kontrast zum Rest steht. Der Sansibar hat das auch, genauso wie die beiden anderen. Jede Schicht für sich ist aber in sich rund und wird dann auch noch im Ganzen zu einem Bild. Das hebt ihn – für mich – noch mal ab.
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