Around the World – die achte Umrundung
Es ist wieder Zeit für eine Runde im Dram-Jet um die Welt. Diesmal bleiben wir im Hoheitsgebiet der Five Eyes. Von England in die USA und dann nach Neuseeland.
Circumstance 2020 – Phil & Simon Thompson
Wir beginnen mit einem Single Grain aus England. Drei Jahre im Ex-Bourbon und mit 57,1% in 220 Flaschen abgefüllt. Jaja, drei Jahre gereifter Neutralalkohol. Das kann doch gar nix sein, oder? Link zur Whiskybase
Nase: Roggenbrot in aller Intensität. Auch eine Brotsuppe. Malzsirup, Vanille, Wachs, florale Noten und Honig.
Mund: Pfeffer, wieder das Wachs und eine große Menge an exotischen Früchten. Ananas, Papaya, Guave, Limette und Orange. Honigwaben und hell gebräunter Toast.
Abgang: Würzig, mit viel Pfeffer. Schön wärmend. Der Honig ist zurück. Jetzt eher aus dem Wald. Auch die Vanille. Dazu auch wieder Früchte und diesmal mit Schale.
Fazit: Drei Jahre. DREI JAHRE. Es ist wirklich faszinierend was Circumstance hier abliefert. Ich bin absolut begeistert. Davon will ich sicher noch mehr probieren. Nur gibt es bisher keine anderen Single Casks davon. Wie die beiden Brüder das nur immer wieder schaffen. 89/100
Cotswolds Founder’s Choice 01/2018
Der erste offiziell abgefüllte Whisky aus der pittoresken Cotswolds Distillery in England. Er wurde turbogereift mit dem STR Verfahren und dann mit 60,9% aus American Oak Red Wine Casks in 2850 Flaschen abgefüllt. Link zur Whiskybase
Nase: So stelle ich mir Gummibärchensaft vor. Mit einer irgendwie künstlichen und übertriebenen Fruchtigkeit, fast schon brutaler Süße und einem Prickeln in der Nase. Da sind auch noch Pfirsichringe und einer von diesen schlimmen Kaugummis die wir als Kinder alle mochten, die nur ca. 2 Minuten gut schmecken.. Ich glaube diese Rolle… wie hieß das nochmal?
Mund: Schön würzig durch den vielen Alkohol, Pfeffer und Chili. Das wird aber gut durch die Fruchtigkeit gekontert. Es kommt Wärme, Malz und eine angenehme Tiefe. Wieder Pfirsich, dazu Vanille und etwas Zimt.
Abgang: Immer noch schön würzig, gleichzeitig kommen jetzt ein paar Bitterstoffe vom hinteren Teil der Zunge. Etwas Zitronenabrieb, vielleicht auch noch dunkler Kakao. Da ist natürlich noch nicht so viel drin, wie bei einem lange gereiften Whisky, aber das ist trotzdem schon sehr solide.
Fazit: Das ist beeindruckend, was die STR Casks hier für ein rundes, intensives und ausgewogenes Bild hinterlassen. Verrückt. Für Fans fruchtiger Whiskys kann ich nur empfehlen hier mal zu probieren. Ob man dieses Batch noch findet bin ich mir nicht sicher, aber auch die späteren ware nicht verkehrt. 87/100
Heaven Hill 2009 – Archives
Labels mit einzelnen Vögeln, Fischen, Krustentieren oder Schmetterlingen? Genau, das muss eine Archives Abfüllung der Whiskybase sein. Hier für den US-Markt und aus der Heaven Hill Destillerie. 10 Jahre in einem Barrel und dann mit 68,8% (sic!) in 211 Flaschen gefüllt. Link zur Whiskybase
Nase: Vanille, Maissirup, Gurke, Dill, grasige Noten, sowie Gewürze, leicht orientalisch, etwas auch Eiche darunter,
Mund: Würzig. Und das ist eine Untertreibung. Das braucht einen Moment, bis sich die Schleimhäute an den vielen Alkohol gewöhnen. Dann geht es in Richtung Gebäck mit Nüssen. Dazu ein schöner Kirschschnaps.
Abgang: Eine Kombination aus Eukalyptus und Honig. Cafe Latte mit ziemlich viel Hafermilch. Zitronentarte auf einer Eichenholzplatte. Unendlich wärmend. Das Gefühl geht auch nach Minuten nicht weg.
Fazit: Werde ich Bourbon-Fan. Nein. Ist das trotzdem fantastisch und stellt auch den ein oder anderen Scotch in den Schatten. Absolut. 88/100
Rittenhouse 23-year-old
Wenn wir schon da sind, dann geht auch noch ein zweiter Heaven Hill. Eine der Raritäten des Hauses. Ein 23 Jahre alter Rye aus einem Single Cask New Charred American White Oak Barrel. Abgefüllt mit 50% Link zur Whiskybase
Nase: Im ersten Versuch hatte ich ihn blind. Was ist das denn? Irgendwas Florales. ganz süßlicher Rauch, Karamell, Vanille. Beim zweiten Versuch habe ich da viel Dill. Sehr viel Dill. Und sehr viel Vanille. Das restliche Bild bestätigt sich.
Mund: Lemondrops, Gurkenwasser, Dill. Eigentlich hätte ich da jetzt draufkommen müssen. Vanille und etwas brotiges. Dazu eine gute Würze.
Abgang: Leicht seifig, das gehet aber schnell. Der Drops bleibt. Eine schöne Süße kommt dazu. Bleibt nicht zu lange, die letzten Eindrücke sind von Brot und Gurken.
Fazit: Schönes U-Boot in meinem Geburtstagstasting. 86 Punkte von jemandem der gar keine Ahnung von Rye hat und 88 von jemandem der gern Roggenbrot isst. Nach dem zweiten mal könnte ich mich vielleicht zu einer 87 erweichen lassen. Er ist schon schön rund.
Rowan’s Creek Straight Kentucky Bourbon
Wenn wir schon mal in Bardstown in den USA sind, dann kann man ja auch noch vor Ort wechseln. Und zwar zu Willet, wo man diesen Bourbon aus New Charred Oak Barrel abfüllt. Überspezifisch mit 50,05%. Link zur Whiskybase – ob ich allerdings genau dieses Batch hatte kann ich nicht sagen.
Nase: Sehr süßlich, in Richtung Cornsirup. Insgesamt eine deutliche Maisnote. Dazu Dill, Vanille und braune Butter. Mit einiger Zeit im Glas kommt eine leicht unangenehme alkoholische Note dazu.
Mund: Wieder der Maissriup, ein paar brotige Noten und jetzt dazu noch weißer Pfeffer. Dill ist auch wieder da und die Vanille wird mit Zucker in der Butter karamelisiert.
Abgang: Endet mit Vanille, etwas Gebäck, einem Hauch heller Frucht und am Ende wird er deutlich trocken. Mit der Zeit kommt Laub, Erde und ein Biss direkt in die Grasnabe.
Fazit: Mit dem kann man glaube ich tolle Cocktails machen. Vermutlich ist er dafür aber zu teuer. Ich würde das gerne auch pur mögen, aber mir fehlt dazu wahrscheinlich der Zugang zum Bourbon. Ich würde mal sagen das ist solide und in meinem Geschmacksspektrum dann eine 82/100
Scapegrace Anthem
Noch nie von Scapegrace gehört? Ich auch nicht. Zumindest nicht bis ich das Sample in der Post hatte. Ein Neuseeländischer Whisky aus dem Virgin French Oak, ohne Altersangabe und mit 46%. What could possibly go wrong? Link zur Whiskybase
Nase: Getreide, bierige Noten, einiges an Bitterstoffen. Der geschätzte Fundramental spricht in der Base von pinker Grapefruit. Das kann ich gut nachvollziehen.
Mund: Rauchige Noten, aber auf eine komische Art und Weise. Auch ziemlich viel Holz. Das ist schon sehr jung was ich hier im Glas hab. Eher unreif um ehrlich zu sein. Tu mich auch schwer dafür sinnvolle Notes zu schreiben.
Abgang: Eine gewisse Zitrusfrische und Säure. Die versöhnt etwas. Ansonsten nochmal das Holz und vielleicht auch die Grapefruit. Ach ich weiß auch nicht.
Fazit: Das ist nicht so ganz meins. Ich probier dann nochmal in ein paar Jahren/Jahrzehnten, ok? 76/100
Polarisation
Wie schafft es die eine Destillerie mit nur drei Jahren so einen Knaller hinzukriegen und die andere muss leider eher den Erwartungen entsprechen? Ich befürchte auch für Circumstance dürfte dieses Fass nicht der Standard sein. Man muss vermutlich eher Phil & Simon für die Fassauswahl gratulieren.
Meine zweite Erkenntnis ist: Bei US-Whisky ist das Spektrum recht groß. In diesem Fall meine ich aber nicht zwingend die Qualität. Die können einfach auch sehr unterschiedlich sein.
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Bilder: Titel: Screenshot von scribblemaps.com | Eigene Anfertigung und freundliche Überlassung der Whiskybase
Samples: Eigene Flaschen, Teil eines Tastings und kostenlos von whic.de zur Verfügung gestellt (Rowan’s Creek & Scapegrace)
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