Urlaubsbekanntschaften: Morisco Spirits
Unser Sommerurlaub in 2024 hat uns diesmal wieder nach Italien geführt. Ganz konkret in die Marken. Am Abend vor einem geplanten Besuch in Ancona habe ich dann mal ein wenig gesucht was denn die Stadt zum Thema Whisky zu bieten hat. Eigentlich habe ich gar nicht viel erwartet, vielleicht ein Fachgeschäft, vielleicht eine Bar. Dann aber bin ich über ein Suchergebnis gestolpert, dass mich stutzig gemacht hat. In Ancona gibt es einen unabhängigen Abfüller? Schnell hab ich mir die Webseite angeschaut und beschlossen: Ich muss versuchen Kontakt aufzunehmen. Wenigstens um ein paar Samples zu kaufen oder Bezugsquellen zu klären. Schnell in die Tasten gegriffen hatte ich auch schon bald eine Antwort. Auf der anderen Seite der Kommunikation meldete sich Andrea Morisco, der Kopf hinter Morisco Spirits. Unglaublich freundlich und absolut interessiert an einem Treffen. Ja, das ist Whiskygemeinschaft und -industrie wie ich sie liebe. Der Rest ist quasi Geschichte, wir haben uns dann tatsächlich in der Stadt getroffen, haben gefachsimpelt, viel gelacht und Spaß gehabt. Einen Schwung Samples hab ich dann auch gleich noch mitbekommen. Und jetzt hatte ich endlich Gelegenheit diese zu verkosten.
Benrinnes 2011 – Morisco Spirits
Es startet mit einem Benrinnes aus dem Refill Bourbon Hogshead. 11 Jahre reifte der Spirit darin um dann mit 53,1% in 312 Flaschen gebracht zu werden. Abgefüllt wurde er in der Marbles Serie. Das Muster auf der Flasche soll an den Marmor in der Kirche Santa Maria in Trastevere, der ältesten Marienkirche in Rom erinnern. Link zur Whiskybase
Nase: Tief malzig bis brotig. Ein ordentliches Sauerteigbrot oder Schwarzbrot. Dazu auch noch eine schöne Fruchtnote. Vor allem Zitronen. Auch eine laktische Note in Richtung saure Sahne ist da. Und nasses Laub oder ein Waldboden.
Mund: Eine schöne pfeffrige Würze, gefolgt von einer unendlichen Süße und gleichzeitig nicht übertriebenen Süße. Die Früchte sind jetzt sehr hell und eher aus einem mitteleuropäischen Garten, zusammen mit den Kräutern direkt daneben.
Abgang: Die Würze setzt sich fort. Eine gewisse Süße ist auch geblieben. Dazu eine Prise Salz. Vielleicht ist da auch nochmal Zitrone und vielleicht auch etwas Ingwer. Und auch noch mal das Malz. Ein Blätterteiggebäck, dass ein paar Minuten zu lange im Ofen war, macht den Abschluss.
Fazit: Hubs, wieso ist denn mein Glas schon leer? Was soll ich sagen, ich mag Benrinnes und der hier ist keine Ausnahme. Das einzige was ich mich frage: Wie wäre der, wenn er nochmal 10 Jahre im Fass bleiben hätte dürfen. Ich kann verstehen, dass er schon abgefüllt wurde, ich bin nur neugierig. 87/100
Ben Nevis 2012 – Morisco Spirits
Weiter geht es in den Highlands. Ein Ben Nevis der nach 9 Jahren aus dem Bourbon Hogshead mit 52,4% in 260 Flaschen gebracht wurden. Der Marmor soll an die Santa Maria Maggiore, eine der vier Papstbasiliken in Rom, erinnern. Link zur Whiskybase
Nase: Kurz kommt Alkoholdunst hoch, das fühlt sich sehr jugendlich an. Dann geht es in Richtung „dreckiger“ Vanille, Getreidekaffee und einer großen Menge Kondensmilch. Daneben steht etwas Fudge und ein Toast mit Birnenspalten und Thymian.
Mund: Karamellisierte Früchte, braune Butter und jede Menge Salz. Ein Poiré-Calvados, mit einer Prise weißem Pfeffer oben drauf.
Abgang: Wieder der Kaffee und auch weitere Bitterstoffe. Birnenspalten, die Schale dominiert jetzt. Der Thymian ist jetzt in Form von Honig da.
Fazit: Der hat natürlich mit seinem jungen Alter keine unendliche Tiefe. Trotzdem ist das ein ganz großartiger Dram, der mir das Wasser im Mund zusammen laufen lässt. 88/100
Glentauchers 13-year-old – Morisco Spirits
Aus einem Oloroso Sherry Butt stammt der 13-jährige Glentauchers. Nur 120 Flaschen gibt es vom 54,8% starken Speysider. Der Marmor in der Basilika Santa Prassede Rom stand Model für das Label. Link zur Whiskybase
Nase: Eine gewisse Süße, etwas Apfel und eine ganze Menge an Garten. Frisch geschnittene Rosen, trockenes Laub. Kirschmarmelade auf Pumpernickel.
Mund: Relativ viel Säure im ersten Moment. Dann sind wir wieder zurück bei der erdigen Würze. Nach etwas Kauen haben wir Apfelkompott und die Marmelade ist jetzt auf einem Toast.
Abgang: Schöne Süße, in der Länge relativ trocken, dabei gleichzeitig wärmend. Hier ist die Würze nur noch ganz dezent vorhanden.
Fazit: Was soll ich sagen… der hat mich nicht vom Hocker gehauen. Ist aber ein stabiler, leckerer Whisky ohne Fehler. Ich hatte mir hier ein aktiveres Fass erhofft und gleichzeitig ist hier auch der Grundspirit nicht besonders aktiv. Man kann den denke ich relativ gedankenlos vor sich hin trinken. Auch solche Whisky sind vollkommen ok, er verliert hier einfach nur im Vergleich zu den jüngeren Drams aus der Marbels-Serie. 85/100
Williamson 2010 – Morisco Spirits
Wir wechseln die Serie hin zur Stillness. Darauf sind wunderschöne Fotografien abgebildet, die zur Referenz der Stille gut passen. In diesem Fall die Rückseite der Laphroaig Destillerie mit Blick aufs Meer. Das ist dann auch die Referenz dazu was inoffiziell in der Flasche ist. Gereift wurde 12 Jahre in Ex-Bourbon mit einem Refill Sherry Butt Finish. 150 Flaschen mit 54,2% wurden abgefüllt. Link zur Whiskybase
Nase: Sehr schöne aschige Torfnase mit etwas Jod und trockenen Bandagen. Dahinter dan Seegras, eine leichte Süße und ein frischer Stich mit dem Spaten durch die Torfschicht.
Mund: So geht es auch weiter. Jetzt sind die maritimen Noten noch stärker, das medizinische ist nur noch im Hintergrund. Mit ein paar Umdrehungen im Mund kommt die Süße wieder raus und bringt etwas Vanille mit und Erde mit.
Abgang: Im ersten Moment dacht ich: oh, der ist aber schnell weg. Dann kommt er aber schnell zurück und breitet sich nochmal im Mund aus. Ein paar Birnenscheiben, etwas rote Früchte. Bitterstoffe aus Fruchtschalen und Kernen. Und ganz langsam verschwinden die torfigen Noten.
Fazit: Sehr rund, sehr stimmig. Wunderschön gereift, genau passend zum Alter. Die Jugend ist bereits verloren, er steht stabil und für sich alleine da, aber die Torfnoten sind immer noch intensiv und prägend. Gefällt mir. Das Sherry Finish ist kaum merkbar und ich vermisse es auch nicht. 88/100
Bellisimo!
Stimmig und schön. Davon hat man gerne eine Flasche im Regal stehen. Die sind schön anzusehen, man kann eine gute Geschichte erzählen und dann ist der Inhalt auch noch lecker. Dafür ist Whisky da. Die Sinne ansprechen, ins Gespräch bringen, gemeinsam genießen. Und das haben wir dann auch getan. Einen kleinen gemeinsamen Schlenker durch Ancona, kurze Einkehr bei einer Bar bzw. einem Weinhändler den er beliefert. Dort ein Glas Prosecco und weiter fachsimpeln, einkaufen, genießen. Das war ganz wunderbar. Danke Andrea, ich hoffe wir treffen uns wieder!
P.S.: Ich durfte auch noch ein Rum Sample mit nach Hause nehmen. Den fand ich auch sehr lecker. Da ich aber keinerlei Ahnung von Rum habe schreibe ich mal kein Review dazu. 😉
Mehr zu: Ben Nevis, Benrinnes, Glentauchers, Laphroaig, Undisclosed Islay
Bilder: Freundliche Überlassung von Morisco Spirits
Samples: Kostenlos von Andrea Morisco zur Verfügung gestellt.
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