Eine Hand voll Highlands (Teil 14) + Bonus
Es ist wieder Zeit für eine ganze Hand voll Highlands. Fünf Drams von aktuell bis längst vergangen. Mit einem kleinen Bonus bei dem ich mich selbst in die Pfanne gehauen habe. Viel Spaß beim Lesen!
Royal Brackla 10-year-old – James Eadie
Ein Small Batch aus zwei Fässern, abgefüllt von James Eadie. 1155 Flaschen mit 46% kamen aus je einem
First Fill Bourbon Barrel und einem Refill Butt. Link zur Whiskybase
Nase: Malzig und leicht alkoholisch. Geht in Richtung von Mezcal, was es etwas Gutes ist. Mit der Zeit kommt eine schöne Süße dazu. Auch ein paar Früchte sind am Start, auch etwas Vanille.
Mund: Leicht würzig und pfeffrig. Gleichzeitig weich und leicht süß. Ein paar Spuren von Kaffee, etwas Schwarzbrotrinde.
Abgang: Eine ordentliche Menge an Bitterstoffen, einige vergorene Früchte aber auch eine zestige Zitronennote. Das Brot ist wieder da.
Fazit: Ein sehr solider Einsteiger, es ist allerdings auch kein Komplexitätsmonster oder dergleichen. Die Balance die durch das zweite Fass hergestellt wurde ist glaube ich wichtig. Außerdem scheint er mir auch gut bepreist. 84/100
Teaninich 11-year-old – James Eadie
Ein Teaninich mit 11 Jahren und 48,3%, der ein Finish in einem Malaga Hogsheads (spanischer Likörwein) aus europäischer Eiche erhalten hat. Wie groß das Batch ist wird nicht verraten. Auf der Flasche steht auch nicht, dass es ein Teaninich ist. In der Base ist er aber als solcher gelistet. Link zur Whiskybase
Nase: Extrem fruchtig. Helle Pflaumen, Pfirsiche, Aprikosen. Auch ein paar exotischere Sachen, wie Papaya. Auch ein paar Bitterstoffe von den Schalen sind auch schon da. Eine würzige Note in Richtung Rotbuschtee kommt noch dazu.
Mund: Saure Fruchtnoten, dazu Getreide, laktische Noten und eine eher würzige Süße (macht das Sinn?!). Jetzt ist das eher ein kleines Frühstück.
Abgang: Der Tee übernimmt jetzt deutlich. Das ist anfangs anstrengend. Mit der Zeit legt sich das aber ein Stück weit und die Süße kann einigermaßen dagegen halten.
Fazit: Schöner Dram. Die Nase lohnt sich vor allem. Ich mag den. 86/100 Meine Tastingpartnerin hat ihn mit einem Madeira verglichen, fand aber Madeira ist besser als dieser Whisky aus einem vergleichbaren Fass.
Ben Nevis 2014 – James Eadie
Aprospos Finish: Hier haben wir ein Oloroso Finish eines Ben Nevis. Nach 10 Jahren insgesamt im Fass kamen dabei 300 Flaschen mit 58,9% raus. Link zur Whiskybase
Nase: Süßlich, vergoren fruchtig. Vor allem europäische Gartenfrüchte. Im Hintergrund lauert die Würze des Olorosofasses, aber im Vordergrund ist alles getrieben von Früchten. Mit der Zeit kommt Wachs und Honig. Das verbindet sehr gut den Tabak vom Fass und die Früchte. Schön.
Mund: Der Alkohol packt gut an, ist aber nicht überwältigend. Eine leicht parfümierte Note, wieder wunderschöne Früchte, diesmal exotischer. Drachenfrucht kommt mir in den Sinn. Dazu kommt noch Vanille. Auch hier ist das Olorosofass eher zurückhaltend. Alle drei Schlucke hatte ich einen Touch Brühe, etwas Tabak. Aber alles sehr begleitend und leise.
Abgang: Deutlich wärmend geht es zu Ende. Die Aromen sind jetzt nicht mehr sehr gut ausdefiniert. Da ist Süße, vielleicht auch noch irgendwas fruchtiges, aber nichts mehr was man gut fassen kann. Oloroso ist auf dem selben Level, mit ein paar Nuancen in Richtung Metall on Top. Am Ende wird es langsam immer trockener.
Fazit: Für das Alter ist das verrückt guter Stoff. Ich bin begeistert. Generell ist Oloroso für mich immer willkommen, vor allem wenn das Fass nicht dominiert. So ist es auch hier. Schöne Früchte vom Ben Nevis Destillat und dazu noch das Komplexitätslevel des Fasses… I’m in. 88/100
Clynelish 1996 – Berry Bros & Rudd
Ab und an passiert es, dass man Samples vergisst und sich dann später wieder freut wenn sie woanders auftauchen. Den hier hab ich Christian empfohlen, als ein Sample zu einem Flaschentausch dazuhaben konnte. Danach hab ich nichts mehr vom 16 Jahre alten BBR Clynelish für La Maison du Whisky gehört. Bis Christian ihn mir an meinem Geburtstagstasting serviert hat. Welch Freude! Link zur Whiskybase
Nase: Kräftige und unterschiedliche Zitrusnoten, dazu Apfel, Honig, Thymian und die erwartbare Wachsnote. Wenn auch sehr dezent, sie versucht sich zu verstecken.
Mund: Fruchtig, leicht süß. Der Alkohol packt auf der Zunge gut zu. Gewachste Äpfel, etwas Lakritze, Zitrone und Malz. Dazu kommt eine deutlich mineralische Note.
Abgang: Eine herbale Note steigt auf. Dazu Olivenöl, Salz und weißer Pfeffer. In der Länge viele Bitterstoffe. Grapefruit (Schale und Fruchtfleisch) und Kaffeebohnen würde ich sagen.
Fazit: Ein wunderbares Bottling, da würde ich gerne mehr von trinken. Ich denke der wird sich auch mit ein paar Monaten Luft deutlich zu einer frisch geöffneten Flasche ändern (dieses Sample hatte wahrscheinlich diese Luft schon). Wird aber wohl eher ein Wunsch bleiben. 90/100
Glen Garioch 1978 hand-filled
Die Chance vor Ort eine eigene Flasche abzufüllen ist immer etwas besonderes für Whiskyliebhaber. Einen über 40 Jahre alten Whisky dabei vorzufinden ist wahrscheinlich eine „once in a lifetime“ Gelegenheit. Fantastisch dass diese Flasche hier dann mit der Whiskycommunity geteilt wurde. 42 Jahre, aus einem Refill Bourbon Barrel und mit 54,6% in die Flaschen. Link zur Whiskybase
Nase: Das Alter ist klar erkennbar. Das Fass hat gut gearbeitet. Milde Eiche, staubiges Antiquariat. Möbelpolitur und Skiwachs. Ein fruchtiger Einschlag steigt langsam auf. Vor allem Trockenfrüchte. Mangospalten, Bananenchips, Apfelringe. Malz, Getreide, Honig.
Mund: Intensiv, mit vielen Bitterstoffen, old style Bourbon. Eine leichte Süße, mit etwas Vanille eilt zur Unterstützung. Das Fass nimmt aber sehr viel Raum ein. Das ist an der Grenze von too much.
Abgang: Maische mit Zitruszeste. Mit der Zeit sehr trocken und gleichzeitig kommt wieder die Würze auf. Wieder die Politur und das Wachs. Am langen Ende wird es wirklich nochmal sehr lecker. Das gefällt mir.
Fazit: Das ist ein tolles Bottling und ich wäre sehr zufrieden wenn ich das von einem Besuch in Schottland mit heim gebracht hätte. 90/100
Banff 1976 – Signatory Vintage Silent Stills
Und noch mal einer aus meinem Geburtstagstasting als kleiner Bonus. Denn ich hatte ihn natürlich blind im Glas, ohne zu wissen dass ich ihn vorher schon mal hatte. Link zur Whiskybase
Nase: Junger Torf, etwas Zitrone, Seetang, Vanille., viele Früchte
Mund: Lakritze, Zitrone, Salz, erdige Torfnoten, etwas Rauch,
Abgang: süßlich, Lakritze, frischer Torf, Meer, Fischsuppe,
Fazit: Nach der Auflösung was es ist konnte ich nur noch lachen. Ich glaube so wunderbar hab ich mich noch nie selbst getrollt. Auf Basis dass es der vorletzte Whisky einer langen Session war und ich mich im Rauch verstiegen hatte, war ich dann irgendwann bei jungem Laphi. Dass es ein Banff aus einer meiner eigenen Teilungen ist, den ich bereits verblogt hatte… damit hab ich nicht gerechnet (Link zum Review). Anderes Glas, anderer Tag, andere Vorraussetzungen. Wie ich immer sage: macht euch lieber selbst einen Eindruck und hört nicht auf mich 😉
Eine kleine Überraschung
Wenn man mir vorher gesagt hätte, dass eine aktuelle 10-jährige Abfüllung fast mit den großartigen Drams der Vergangenheit mithalten kann. Ich es wahrscheinlich nicht geglaubt. Der Ben Nevis hat mir Hoffnung für aktuellen Abfüllungen gegeben. Generell eine tolle und abwechslungsreiche Reise in die Highlands. Ich bin zufrieden.
Mehr zu: Banff, Ben Nevis, Clynelish, Glen Garioch, Royal Brackla, Teaninich, Eine Hand voll Highlands (13)
Bilder: Eigene Anfertigung, freundliche Überlassung der Whiskybase
Samples: Eigene Flasche, privat gekauft und von Kirsch Whisky Import kostenlos zur Verfügung gestellt (Royal Brackla, Teaninich, Ben Nevis)
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