Big in Japan
Ich hatte in den letzten Tagen die Möglichkeit, oder besser gesagt das Privileg, insgesamt vier Single Cask Chichibu zu verkosten. Das schreit nach einem eigenen Japan Beitrag. Ich hab noch zwei Einsteiger dazu gefunden und schon haben wir ein schönes Bild.
Mars Maltage „Cosmo“
Ein Einsteiger zum Einstieg. Ein Blended Malt der Mars Shinshu Distillery, bzw. Honbo Sake Brewery. Abgefüllt mit 43% und lt. meinem Sample auch Farbstoff. Blended Malt bezieht sich hier scheinbar auf die unterschiedlichen Malzsorten die verwendet wurden, denn gebrannt wurde nur in Komagatake. Wobei mich das verwirrt, müsste es dann nicht ein Single Malt oder Blend sein? In der Base vermutet jemand, dass es kein japanischer Whisky ist. Den Angaben auf der Produktseite entnehme ich eher dass das Malz nicht aus Japan stammt. Es bleiben Fragezeichen. Link zur Whiskybase
Nase: Süße, matschige Früchte, extrem viel Malz und eine starke Erinnerung an New Make.
Mund: Malz und cremig. Durchaus mit einer gewissen Bitterness. Die Früchte kann man noch herbeireden. Und ich bilde mir etwas Rauch ein.
Abgang: Das malz schlägt jetzt in deutliche Brotnoten um. Dazu kommt wieder der Reich, eine gewisse laktische Säure und auch ein dazu passendes Mundgefühl. Magerquark 0,1%, wenn ihr wisst was ich meine.
Fazit: Ich habe ich mich mehr mit den Rätseln um das Produkt beschäftigt als mit dem Inhalt im Glas. Mir ist es am langen Ende zu viel Malz und Jugend um wirklich positive Vibes zu verspüren. Das Produkt selbst hat aber keine Fehler in dem Sinn. 78/100
Yamazaki 12 (ca. 2017)
Der Einsteiger von Yamazaki. Abgefüllt wird aus American, Spanish & Japanese Oak Casks mit 43%. Er war mal eine Zeit lang nur noch sehr schwer zu kriegen. Man hatte den Stock an passenden Fässern ziemlich wenig werden lassen, so dass die Preise ziemlich eskaliert sind. Dieses Bottling stammt dann schon aus der Wiederauflage, allerdings müsste er eines der sehr frühen davon sein, wahrscheinlich aber nicht genau das hier: Link zur Whiskybase
Nase: Erst floral, dann Gummibärchen und dann auch pappsüß. Eine geschnittene Wiese mit Puderzucker drüber.
Mund: Clotted cream mit weißem Pfeffer und Zitrus. Dann wieder floral und mit einem Schwung Kokos.
Abgang: Hier kommt noch Vanille, die ich schon vorher erwartet hätte. Ein paar Bitterstoffe kommen. Er ist salzig und süß. Am Ende trocken. Ich finde auch noch Butterkeks und Milchkaffee.
Fazit: Ein sehr guter everday-dram, der aus diesem Preissegment leider rausgerutscht ist. 86/100 von mir. Im Durchschnitt der vier anwesenden Genießer: 86,25
Chichibu 2012 – Tattoo Series for The Whisky Exchange #1763
The Whisky Exchange hat immer wieder Single Cask Chichibu, auf die man sich bewerben kann. Die meisten davon landen danach in Auktionen und die wenigsten werden geöffnet. Das mussten wir natürlich ändern. Hier haben wir die Tattoo Serie, die thematisch an die Three Monkeys 三猿 angelehnt ist. Zusätzlich gibt es die Behandlung mit Farbe die auf ultraviolettes Licht reagiert. Als erstes gibt es „see no evil“ 10 Jahre alt, aus einem refill Bourbon Barrel und mit 58,5% in 175 Flaschen gefüllt. Link zur Whiskybase
Nase: Oh, Daniel und ich sind sofort „sold“: Vanillekipferl. Dazu Früchte ohne Ende. Das ist vielleicht nicht extrem komplex, aber hat in diesem Spektrum schon eine tolle Tiefe. Wenn man tief einatmet wird es leicht alkoholisch, also vorsichtig nosen.
Mund: Die Früchte werden deutlich konkreter: weiße Pfirsiche. Dazu Gebäck, ein Blütenhain und ein Hauch Baumsaft. Nichts was man direkt mit schottischem Whisky vergleichen kann, aber daran ist nichts verkehrt.
Abgang: Jetzt ist das Vanillekipferl dekonstruiert. Vanille, Puderzucker, Butter, Salz, Mehl. Das alles auf hellen Früchten verteilt und mit Schnapps getränkt.
Fazit: Nomnom, extrem geiler S*****. Ob sich Preis oder gar Zweitmarktpreis wirklich rechtfertigen lassen… muss ja jede*r selber wissen. Die Gruppe gab 92 Punkte im Schnitt und er bekam von mir 91/100. Die Jugend ist da. Aber in dem Alter geht das nicht besser.
Chichibu 2014 – Tattoo Series for The Whisky Exchange #13337
Speak no evil. Die zweite Flasche aus der Serie. Worüber sollen wir nicht schlecht sprechen? Sieben Jahre im Rotweinfass (genauer wird es nicht), abgefüllt mit 59,5% in 271 Flaschen. Link zur Whiskybase
Nase: Nussig und ziemlich vanillig. Auch wieder grasig, aber anders als der „see no evil“. Dazu dunkle Nougatcreme auf einem schönen Sauerteigbrot mit dunkler Kruste. Auch genannt Schwarzbrot.
Mund: Es geht weiter mit der Würze. Zusätzlich zu den Brotgewürzen gibt es auch noch Dinge die man in Rotweinen so findet. Außerdem frisch aufgeschnittene gelbe Früchte.
Abgang: Wie auch schon zuvor in unterschiedlicher Form: Das Rotweinfass ist sehr präsent. Rote und gelbe Früchte, einige Säure, Vanille und am Ende noch Nougatpralinen.
Fazit: Wir sind uns einig: 89/100. Irgendjemand hat noch komische Vorstellung warum wir hier synchronisiert sind. Am Ende ist es wohl so: Ein schönes Bottling. Und mit Sicherheit auch kein Bottling das vom Rotweinfass verschlechtert wurde oder gar ein schlechtes Rotweinbottling. Aber Rotweincask muss für uns nicht sein – und dann sind 89 Punkte wiederum ziemlich viel.
Chichibu 2014 – Martial Arts Trilogy for The Whisky Exchange #3508
Ein niedliches Fass. So könnte man Chibidaru Cask übersetzten. Es handelt sich dabei um ein japanisches Quater Cask. Mit grob sieben Jahren und 60% kam er daraus für Whiskyexchange in 119 Flaschen. Er ist einer von drei der Martial Arts Serie. Für diese wurden entsprechende Labels kreiert und nicht das Fass verprügelt (zumindest vermute ich das). Link zur Whiskybase
Nase: Sehr stark verdichtete Aromen. Alkohol ist präsent. Alle mögliche Backwaren. Dazwischen auch Vanille und Früchte. Aber alles so verwoben und gepackt, dass man es kaum entschlüsseln kann. Mit Sauerstoff kommen Gebäcknoten mit grünen, unreifen Früchten. Wasser bringt schon fast eine überbordende Fruchtigkeit.
Mund: Auch hier sehr intensive aber gepackte Aromen. Viele Fruchtbitterstoffe, Eichenwürze, metallische Noten. Die Backwaren sind jetzt süße Gebäckstücke mit Vanille. Nach einiger Zeit im Glas kommt eine schöne Kombination aus Orange und Honig.
Abgang: Ein wenig salzig, ein wenig Bitter. Dann kommt eine frische und kühlende Medizin. Auch Rinden und dergleichen sind da. Aber nicht diese medizinische Note die man von Islay kennt. Vielleicht etwas asiatische? Würde ja passen. Am Ende ist da wieder das Gebäckstück. Diesmal mit Honig und schon recht trocken.
Fazit: Der verträgt wirklich viel Sauerstoff. Anfangs war ich schon fast ein wenig verzweifelt. Auch Wasser hilft hier wirklich. Und da bin ich jetzt irgendwie hin und her gerissen. Ohne jede Arbeit am Malt sind das für mich auf keinen Fall mehr als 87 Punkte, eher 86. Mit können wir über 88-89/100 reden.
Chichibu 2014 – Martial Arts Trilogy for The Whisky Exchange #11049
Die meisten Daten sind sehr ähnlich. Auch hier wieder Bruce Lee Appreciation Label. Oder vielleicht eher Liu Chia-liang, denn das hier passt zum Drunken Master. Denn: Gereift wurde in einem Beer Cask. Da kamen dann auch etwas mehr Flaschen dabei raus: 261. Aber auch wieder mit soliden 59,5%. Link zur Whiskybase
Nase: Käse. Aber so richtig. Bergkäse, Emmentaler, Maasdamer aber auch milder Sorten. Nach ein paar Minuten verfliegt das und wird ersetzt durch Honig, Vanille, grüne Äpfel und – wie zu erwarten bei einem Bierfass – einer Menge an Malz und auch etwas Hefe. Aber nicht zu viel, das ist voll im Rahmen. Und da ist auch eine schöne Wachsnote, passend zum Honig. Wenn ich ihn noch länger stehen lasse, dann wird es noch besser. Röstmalz und generell ein paar Röstaromen.
Mund: Ganz milder Biersud mit einem Spritzer Zitrone. Dazu Honig. Was wohl passiert, wenn man die südamerikanischen Biere destilliert? Mein Kopf sagt das könnte in diese Richtung gehen. Wachs, Apfel und Röstaromen sind nur auch wieder da. Das ist wirklich schön.
Abgang: Zitronen, Limetten, Honig. Tiefe Malznoten werden jetzt von Kaffee begleitet. Auch das funktioniert wirklich gut für mich. Der Apfel ist jetzt nur noch mit der Schale vorhanden. Karamalz und Getreidekaffee, zusammen mit einem Stück 70% Schokolade.
Fazit: OMG, der erste Whisky aus einem Bierfass, den ich wirklich mag. Wahrscheinlich liegt es vor allem daran, dass es scheinbar kein Stoutfass ist. 😉 Anyways: Das ist wirklich leckerer Whisky. Würde ich gerne öfter trinken, werde ich aber wahrscheinlich nicht 😉 90/100
Of strange illuminated mannequins
Wie gut man doch Textzeilen aus dem Alphaville Song Big in Japan hier verwenden kann, obwohl der Kontext überhaupt nicht passt. Ganz im Gegensatz zum Lied haben wir hier wirklich eine gute Zeit und ich bin bestätigt: Chichibu ist ein go to für mich. Ich bin ja froh, dass „meine Jungs“ da so hartnäckig dran geblieben sind. Sonst hätte ich wirklich was verpasst.
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Bilder: Titel: ちちびあん, CC BY-SA 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons | Flaschen: Eigene Anfertigung und freundliche Überlassung der Whiskybase
Samples: Eigene Flaschen, von whic.de kostenlos zur Verfügung gestellt (Mars) und offiziell gekaufte Samples
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