Lagavulin Destillerie

Ein Flight Lagavulin

Lange her, dass ich hier mal Lagavulin verkostet habe. Der vermeintliche Flight, den ich hier dokumentiere, wurde auch nicht am Stück geflogen. Insofern ist ein Vergleich zwischen den Abfüllungen nicht gut möglich. Trotzdem spannend, welche Eindrücke ich bei den Abfüllungen hatte. Im virtuellen Line-up finden sich sowohl Feis Ile als auhc Jazz Festival Bottlings, Diageo Special Releases und Distillery Exclusives. Und zum Schluß noch ein Abstecher ins Raritätenkabinett.

Lagavuling 12-year-old (2016)

Eine Flasche Lagavulin 12-year-ol (2016)

2016 hatte Lagavulin sein 200tes Jahr des Bestehens zu feiern. Das war aber natürlich kein Grund die üblichen Abfüllungen auszulassen. Deshalb gab es in der Diageo Special Release natürlich auch wieder einen 12-jährigen. 57,7% stark und aus Refill American Oak Casks. Zur Anzahl der Flaschen schwieg man. Link zur Whiskybase

Nase: Speck, Malz, Torfrauch, Zitrone. Auch eine maritime Seite zeigt sich. Mit Muscheln und Seetang, einer Meeresbrise.

Mund: Kennt ihr diese Speckchips? Irgendwie fühle ich mich daran erinnert. Ansonsten geht es weiter mit der stabilen Salz-Zitrone-Rauch-Meer-Kombination. Vielleicht nochmal ergänzt um etwas Lagerfeuer. 

Abgang: Erstaunlich weich, für das kleine Feuerwerk, dass bisher abgefeuert wurde. Hinterlässt fast schon ein cremig-schmelziges Mundgefühl. Die Aromen ändern sich nicht groß. Es kommen noch Bitterstoffe dazu.

Fazit: So wie man sich den 12er wünscht. Eine lecker Kombination aus Aromen, klar Islay zuzuordnen. Das passt für mich. Damals war die Welt auch preislich noch in Ordnung 😉 88/100

Lagavulin 12-year-old Feis Ile 2022

Eine Flasche Lagavulin 12-year-old Feis Ile 2022

Diageo hat 2022 zum Feis Ile nicht gerade geglänzt. Zwei eher junge Bottlings, vergleichbar mit den jährlichen Special Release. Dafür aber mit einem ordentlichen Preisaufschlag. 6336 Flaschen mit 57,7% wurden abgefüllt und die Abfüllung ist auch immer noch verfügbar zum Zeitpunkt des Reviews. Alles nicht nachvollziehbar? Vielleicht liegt der Trick in den Refill American Hogsheads und dem Finish in Virgin American Oak. Link zur Whiskybase

Nase: Säuerlicher, nasser Erdboden. Oder vielleicht auch eine Wiese. Etwas Vanille, Seetang und Gischt. Süßlicher, leicht speckiger Rauch. Irgendwas leicht fruchtiges ist auch noch da, aber das ist nicht unbedingt ein Highlight.

Mund: Salzig und süß geht es los. Dann wird er kurz scharf. Es kommt Zitrone und Vanille aber auch etwas leicht… gammeliges. Außerdem kommt gerade der Straßenbautrupp vorbei.

Abgang: Keine besondere Länge. Das ist aber auch nicht schlimm. Wieder etwas Säure, etwas Vanille, das leicht vergorene und eine komische Rauchnote. Nach einiger Zeit wird es recht trocken.

Fazit: Der ist zum einen nicht besonders gut und zum anderen ist die Preisgestaltung ehrlich gesagt eine Frechheit. Ich kann das nicht mal als berechtigtes Experiment gut finden. 80/100

Lagavulin Distillery Exclusive 2017

Eine Flasche Lagavulin Distillery Exclusive 2017

Was gibt es schöneres als bei einem Destilleriebesuch eine exklusive Flasche mitzunehmen? Genau: Nix. Das sollte fast schon dazu gehören. So kann man auch bei Lagavulin mit etwas Glück eine solche Flasche mitnehmen. Im Jahr 2017 wurde diese Abfüllung unbekannten Alters aufgelegt. 7500 Flaschen mit 54,1%. Welche Fässer im Spiel waren wird nicht verraten. Link zur Whiskybase

Nase: Es dauert einen Moment bis er zugänglich wird. Vorher sind die Schleimhäute noch mit dem Alkohol beschäftigt. Dann kommt gebuttertes Popcorn, geröstet über einem Torffeuer. Das geht über in süßlichen Rauch und damit auch Vanille. Dann kommt auch noch Birne, Kräuter und geräucherter Fisch.

Mund: Süßlich, mit Birne und trockenem Rauch. Dann kommt eine schöne Marinade aus Honig, Kräutern, Pfeffer und Salz. Dazwischen sind immer wieder Früchte. Ananas, Birne, Pfirsich.

Abgang: Ein cremiger Film legt sich über die Schleimhäute. Milchschokolade mit geräucherten Kräutern darin. Dann kommen wieder Früchte dazu. Birnenspalten in billigem Schokoladenpudding. Auch ein kleines Stück Biskuit. Dazwischen immer wieder etwas Asche.

Fazit: Ich hatte nur ein Sample davon. Das hier ist also kein „Urlaubswein“. Ich bin ziemlich begeistert. Das ist vielleicht nicht typisch Lagavulin. Stattdessen ist es einfach lecker mit leichtem Laga-Einschlag. Tolles Bottling! 90/100

Lagavulin Islay Jazz Festival 2016

Eine Flasche Lagavulin Jazz Festival 2016

Im Jahr des 200tes Jubiläums von Lagavulin gab es natürlich auch eine der berühmten JAzz Festival Abfüllungen. Diese hatte keine Altersangabe, die 6000 Flaschen wurden aber immerhin mit fassstarken 54,5% abgefüllt. Gereift wurde in Refill American Oak und 1st Fill ex-Bourbon Link zur Whiskybase

Nase: Es beginnt mich einem Topf Salz. Der steht bereit für gekochtes Gemüse. Dahinter kommt dann Jod, Vanille und Zitrone. Was wiederum von Kohle und Rauch überrollt wird.

Mund: Mittlerweile liegt der Fisch auf dem Grill. Zitrone und Pfeffer darüber. Es steigt Rauch auf. Salz und Gemüse sind zurück. Jetzt aber mit einem Übergewicht ins Maritime.

Abgang: Hier hat er nicht mehr besonders viel Tiefe, aber dafür kommt er mit dichten Aromen. Kohle, Jod, Birne, Lakritze, Bitterstoffe.

Fazit: Ziemlich nett. Ganz klar einer zum Mitnehmen, wenn man auf dem Jazzfestival war. Über die fehlende Altersangabe kann man sich zwar beschweren, aber dafür ist er aber irgendwie zu lecker. 89/100

Lagavulin Distillery Exclusive 2018

Eine Flasche Lagavulin Distillery Exclusive 2017

Auch in 2018 wurde ein Distillery Exclusive abgefüllt. Diesmal mit 53,5% aus American Oak & First-Fill Bourbon Hogsheads. Insgesamt gab es 6000 Flaschen. Über das Alter gibt es, wie glaube ich immer bei diesen Laga, nichts zu finden. Link zur Whiskybase

Nase: Hell-fruchtig, leicht maritim. Peat ist deutlich erkennbar, aber dabei recht angenehm. Etwas Tabak und Erde kommt mit der Zeit auf, auch wieder ohne aufdringlich zu werden.

Mund: Süß und rauchig. Die Früchte sind etwas zurückgedrängt, dafür kommt deutlich mehr Holz rum. Weiterhin aber gut integriert.

Abgang: Schön wärmend, mit einer deutlich maritimen Zitrusnote. Rauch und Erde sind zurück, zusammen mit ein wenig Vanille. Auch schön.

Fazit: Sehr gut trinkbar, trotz ordentlichem Peat Level. Damit könnte man Menschen an torfigere Whisky heranführen. Er hat nicht die größte Komplexität, da er aber wahrscheinlich durchschnittlich recht jung ist auch kein Wunder. Das macht alles nix, lecker ist er. Ehrlich gesagt hab ich bei dem deutlich mehr genossen als über Tastingnotes nachgedacht. Auch mal kein schlechtes Zeichen. 89/100

Lagavulin 12-year-old Pure Islay Malt

Eine Flasche Lagavulin 12-year-old Pure Islay Malt

Nachdem ich jetzt recht viel modernen Lagavulin hatte ist vielleicht Zeit für einen Zeitsprung. Wieder ein 12 Jahre gereifter Whisky, diesmal aber aus den 1970ern. Die Zeit, in der die Destillerie noch den White Horse Distillers gehörte. Über die Fässer und Anzahl Flaschen machte man da noch keine Angaben. Alkoholgehalt musste man schon aufdrucken, der liegt hier bei 43%. Link zur Whiskybase

Nase: Der Geruch beginnt sehr fruchtig. Orange, Blutorange, getrocknete Orangenscheiben. Dann kommen Gewürze und Kräuter. Zimt, Muskat, Pfeffer getrocknete Minze. Dann kommen Kakaopulver und eine schöne Süße. Und erst als letzten Eindruck vor dem Ansetzen an die Lippen kommt ein Touch Jod und dezenter Rauch.

Mund: Erst auch wieder Orange. Das wird aber, noch bevor sie süß werden kann, von Holzwürze und Olivenwasser weggeschwemmt. damit wird es dann auch intensiver. Kalter Rauch und Gewürze, etwas Karamell. Und bereits im Mund erstaunlich viele Bitterstoffe. Ab dem Punkt kaum noch „Restsüße“.

Abgang: Kalter Rauch und ein trockenes Mundgefühl. Wenn man ihn schnell schluckt transportiert er auch noch gut die Gewürze und ist fast schon pfeffrig und wärmend (und das bei 43%!). Die Frucht ist jetzt weniger, wir dafür aber wieder etwas süßer.

Fazit: Oha. Der Ruhm dieses Laga eilt ihm weit voraus. Und ich hatte schon etwas Sorge, dass hier mein Sample vielleicht schon durch ist. Weit gefehlt. Er mag in der Vergangenheit noch besser gewesen sein, aber viel Luft nach oben ist da meiner Meinung nach nicht. Trinkbarkeit und Komplexität, sowie auch Nosebarkeit auf sehr hohem Level. Love it. 93/100

Quo Vadis?

Ich wollte ja schon schreiben Lagavulin. Aber eigentlich muss man ja fragen Quo Vadis Diageo? Mit einem fantastischen Destillat und wohl auch Stock müssten sie bei Lagavulin eigentlich mit Leichtigkeit die Whiskyszene zufrieden stellen können. Nur zeigt mir der Feis Ile von 2022: ich bin scheinbar nicht mehr Zielgruppe für sie. Absurd schnell steigende Preise und aus meiner Sicht sinkende Qualität. Da spare ich doch lieber auf eine Flasche aus den 1960ern, wie mir scheint.

Ist jetzt aber unfair wegen dem einen Dram, den ich nicht so sehr mochte, rumzujammern. Viel mehr sollte ich die fantastischen Bottlings, die es vor Ort gibt, und die gelungenen 12er aus den 2010er Jahren loben. Und demütig an meinem Nosingglas in die Vergangenheit riechen. Tolles Zeug.

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Bilder: Eigene Anfertigung und freundliche Überlassung der Whiskybase
Samples: Eigene Flaschen und privat gekauft