The Fèis Chronicles – Caol Ila

Eigentlich ist der zweite Tag des Fèis der Bruichladdich-Tag, dieser wird aber erst einmal aufgeschoben, aber nicht aufgehoben. Im zweiten Teil geht es um Caol Ila, die vom Ausstoß größte Islay-Brennerei mit einer Produktionsmenge von über 6 Millionen Litern reinen Alkohols im Jahr. Derzeit wird 24/7 gebrannt und die Maximalkapazität nahezu ausgelastet. Auch sie gehört zum Spirituosenkonzern Diageo, wie Lagavulin und Port Ellen. Letztere befindet sich derzeit noch in der Fertigstellung.
Erwähnenswert ist noch, dass dies das erste Fèis Ìle nach Fertigstellung des neuen Besucherzentrums ist. Daher stand der Caol Ila-Tag unter dem Motto „A new dawn“, was auch das Motto dieses Beitrags sein wird.

Caol Ila – A new dawn

Da ich ein Fan der Brennerei bin war ich schon in freudiger Erwartung des Tages und bin vielleicht auch deswegen morgens gegen 5 aufgewacht und war sofort hellwach. Da die Unterkunft nur wenige Meter von der Brennerei entfernt war, war es dann möglich live mitzuerleben wie die Brennerei erwacht und Last-Minute-Vorkehrungen getroffen wurden. Und man konnte die Schlange beobachten, die sich vor dem Einlass bildete, denn es wurde via Social Media verkündet dass es eine limitierte Einzelfassabfüllung zur Feier des neuen Besucherzentrums geben werde.

Die Brennerei Caol Ila zum Sonnenaufgang

Der Einlass erwies sich als etwas langwieriger. Alle Besucher wurden durch das Nadelöhr des Besucherzentrum-Eingangs geführt. Da der Eingang direkt in den Shop führt, wo sich die Besucher ihre Fèis Abfüllung oder das Single Cask abholten, wurde der Zustrom reguliert. Das macht schon Sinn um Überfüllung des Shop zu vermeiden, aber dafür dauerte der Einlass entsprechend lang. Glücklicherweise war meiner Wahrnehmung nach die Besucherzahl geringer als bei Lagavulin oder Bruichladdich, ansonsten wäre die Wartezeit wohl sehr lang gewesen.
Das neue Besucherzentrum hat mich total überzeugt. Das Dachgeschoss des alten Warehouses wurde sehr schön ausgebaut: Die Bar direkt vor den Fenstern zum Meer platziert, alles hell und gut ausgeleuchtet aber nicht zu klinisch. Die Auswahl an Caol Ila und anderen Diageo-Brennereien und Johnnie Walker, in allen Preissegmenten, war ebenfalls gut.
Die Festivalabfüllung war ein 13 Jahre alter Caol Ila aus PX und Oloroso-seasoned Fässern für 185 Pfund. Das Single Cask war zugegeben etwas sehr Spezielles: Ein first fill american oak hogshead, 20 Jahre alt – und unpeated. Die unpeated Caol Ila sind schon seit einigen Jahren nicht mehr Teil der jährlichen Sonderabfüllungen, das war eine Überraschung. So wie der Preis: 650 Pfund.

Aber dann ging es auch direkt zum ersten Tasting: Connoisseurs of Caol Ila. Ein preisintensives Tasting, für das angekündigt wurde man werde hier Whiskies verkosten können die man sonst nicht ins Glas bekommt. Geführt wurde durch das Tasting vom Diageo „Rare & Exceptional“ Team, in einem schön eingerichteten Separée. Zur Begrüßung ein Caol Ila Cocktail, der sehr sehr gut war, dessen Zutaten ich aber leider nicht notiert habe. Die folgenden Notes sind eine Mischung aus Kurznotes und detailierten für die Whisky von denen es ein Rest nach Hause geschafft hat. Sofern es nur Kurznotes sind, sind Bepunktungen nur als grobe Richtung und Momentaufnahme zu verstehen.

Die 5 Whisky, die es zum "Connoisseurs of Caol Ila" Tasting gab.

Caol Ila 20yo Unpeated – first fill american oak, handfilled Single Cask

Und der erste servierte Whisky war auch direkt das Fèis Single Cask. Die Erwartungen sind nicht gerade niedrig. Zuerst wurde direkt das Mysterium „unpeated“ geklärt, da die Frage schon oft gestellt wurde: Caol Ila unpeated ist nicht zu 100% unpeated. Es ist schlicht nicht möglich die Malzsilos und alle Rohrleitungen und die Stills derart gründlichst zu reinigen dass keine „Kontamination“ mit rauchigem Malz stattfindet. Spuren von Rauch zu riechen oder zu schmecken sei also durchaus normal. Link zur Whiskybase
In der Nase ist der Whisky schon sehr ausdrucksstark. Auch ohne 1920 Blenders Glass drücken die Düfte dicht und voll aus dem Snifter.. Aromen von einem Fruchtkorb mit tropischen Früchten, Zitronenmeringuen und einer Pina Colada. Leicht geröstete Haselnüsse, Limettenschalenabrieb und geröstete Bienenwabe.
Im Mund ein wenig weißer Pfeffer im Antritt und dann etwas mineralisches im Hintergrund, feuchter Kiesel. Das gibt dem Malt fast ein wenig „old-school“ Vibes. Auch hier ist das Spannungsfeld aus süßen, vanilligen, tropenfruchtigen und zitrusfrischen Aromen in Balance, mit gerösteter Haselnuss im Hintergrund. Ein Tastingteilnehmer hatte noch Wachs und wurde an Clynelish erinnert. Er wirkt stellenweise etwas leicht im Mund, vor allem bei zu kleinen Schlücken.
92/100

Caol Ila 25yo OA (2023 Batch)

Die Caol Ila 25 Standardabfüllung ist momentan in der Brennerei bei 449 Pfund angekommen. Dies hat man wohl zur Rechtfertigung dafür genommen, diese Abfüllung in das Line-Up zu packen. Für mich ist es schwer zu verdauen, dass diese Abfüllung hier im Line-Up ist wenn ich vergleiche wie die Veranstaltung angekündigt wurde. Nun gut. Das aktuelle Batch in der Whiskybase: Link.
Das diesjährige Batch ist erstaunlich kräftig im Rauch. Ansonsten ist es ein solides Batch, mit Zitrus, Algen am Strand, Sesam, etwas Mandelöl in Mund und Nase. Ein Mittellanges Finish rundet den Whisky ab. 89/100

Caol Ila 1982 Select Cask – European oak

Dieser Whisky hat dann zum Glück über die Enttäuschung des Caol Ila 25 hinweggetröstet. Ein „Select Cask“ mit 57,1%, ein Einzelfass aus Diageos „Schatzkammer“ welches für Asien abgefüllt wurde. Diageo Rare & Exceptional unterscheidet in der „Cask of Disctinction“ Serie in „Select Cask“ und „Single Cask“. Single casks haben ihr ganzes Leben in dem spezifizierten Fass verbracht, „Select Casks“ nicht. Es wurde also beispielsweise re-racked, oder zwei Hogsheads in einem Butt vermählt. Link zur Whiskybase
In der Nase direkt ein für diese Jahrgänge kräftiger und vielschichtiger Rauch. Sehr maritim mit Flammlachs und Algen am Strand, dezent rote Früchte im Hintergrund. Leichte Mentholnoten. Im Mund kurz etwas knackig im Antritt, aber dann schön cremig. Im Mund ist die Rauchigkeit am ehesten eine mineralische Asche, wieder ein Hauch rote Beeren und dazu Tabak.
Ein langes Finish.
91/100

Caol Ila 24yo, 175th anniversary

Schön, dass dieser Whisky zum Tasting ausgesucht wurde, ich finde er zeigt in den Hauptaromen sehr klar die Caol Ila DNA wie ich sie empfinde und hat interessante Nebenaromen. Hier auch schonmal von Tobias verkostet, gibt es jetzt noch meinen Senf dazu. Link zur Whiskybase
In der Nase feuchtes Tau am Hafen (der Tastingraum hatte kein Fenster, ich kann ausschließen dass der Duft von draußen kam 😉 ), Krabbenchips, Vanille und Croissant, grüner Apfel und Birne, Limetten und Schwarztee. Schwarze Oliven und Sesamöl. Im Mund ein geschmeidiger, aber ausdrucksstarker Antritt. Auch etwas tropische Früchte, Seewasser und Nori-Blätter. Austern mit Limette. Ein langer, aschig-maritimer Abgang untermalt von etwas Vanille.
92/100

Caol Ila 12yo „The Manager’s Dram“ 2021

Und das ist so ein Whisky für den man in dieses Tasting geht. Nur für Diageo Mitarbeiter*Innen abgefüllt, sonst nirgends erhältlich. Es wurde übrigens korrigiert, dass es ein Ex-Rotweinfass ist, kein Sherryfass wie in der Whiswkybase angegeben. Link zur Whiskybase
Vorab, ich bin kein großer Freund von Rotwein-Vollreifung und Peat, insbesondere mit STR Fässern. Daher war das schon eine Überraschung, dass mir dieser hier gut gefiel.
In der Nase hatte er üppig Beeren, vor allem Himbeere und Johanissbeere, dazu ein trockener Rauch, insgesamt eher auf der süßen Seite. Etwas ging mir das maritime der vorherigen Drams verloren. Im Mund war er dann schon kräftig im Holz, aber durchaus erträglich. Die Beerensüße konnte noch gut dagegenhalten, und vor allem wirkte sie nicht künstlich.Der Abgang war lang, leichte Espressonoten mit einem Touch Erdbeere.
88/100

Insgesamt also ein tolles Tasting, mit der kleinen Ausnahme. Etwas enttäuschend der Caol Ila 25, vor allem da das Lagavulin Tasting in dieser Hinsicht ganz andere Geschütze auffuhr, wie ich später hörte. Aber als Caol Ila-Fan ist man das von Diageo gewohnt.

Dann hieß es einen Happen essen. Die Schlangen waren hier deutlich kürzer, was sehr angenehm war. Etwas Pommes und Austern, und von einem Free Dram Token einen Caol Ila Moch besorgt um mit diesem die Austern zu verfeinern – großartig. Es gab noch einen Cocktailstand und ein Geschicklichkeitsspiel, aber vor allem schöne Sitzplätze direkt am Meer:

Es war allerschönstes Wetter, keine Wolke ist am Himmel zu sehen.

Nach etwas Entspannung ging es zum letzten Tasting: Sams Whisky Journey. Und wir wurden direkt mit einem Caol Ila 12yo Standard begrüßt und einer schlechten Nachricht. Sam, Hale, der Brennereimanager, hört auf. Dementsprechend hat er sein letztes Fèis Tasting zu einem besonderen gemacht.

Das alte Warehouse wurde ausgebaut, hier ist ein Tastingraum zu sehen, in dem auch viele Fässer ausgestellt sind. Vorne ist ein Caol Ila Fass von 1991 zu sehen, in dem aber lediglich wenige Jahre alter Whisky ruht.

Die fünf Flaschen in denen die Whisky zum Tasting "Sams Whisky Journey" ruhen

Caol Ila 12yo Cask sample – Bourbon cask

Um zu zeigen welchen Einfluss es hat dass der Standard Caol Ila 12 ausschließlich aus Refill Fässern kommt, gab es hier ein first fill Boubon cask, und der Unterschied war deutlich: deutlich vanilliger, die Zitrusfrüchte präsent aber etwas subtiler, der Rauch wirkt etwas weniger trocken. Mehr heimisches Obst, Apfelmus. 88/100

Caol Ila 12yo Cask Sample – Rejuvenated red wine cask

Gegenüber dem „The Manager’s Dram“ mehr Holz, etwas unausgewogener. Aber zum Glück im Gegensatz zum Lagavulin aus dem Tasting zwei Tage früher nicht mit künstlicher Süße. Aber dennoch eines der besseren Rotweinfässer, helle Beeren (Himbeeren), etwas Stachelbeere und Kohlerauch. Kaum maritime Einflüsse. 86/100

Caol Ila 1988 Cask Sample – 1st fill Oloroso butt

Diesen gab es blind ins Glas und es wurde ein kleines Ratespiel daraus gemacht. Zu Gewinnen gab es Merchandise, und es war ganz lustig. Nicht ganz so lustig war für mich der Geschmack des Whisky. Für den einen ein kräftiges Zündholzaroma, war er für mich bezüglich Schwefel zart besaitete Person ein ganzes Feuerwerks-Arsenal. Von Caol Ila war für mich nichts mehr da, alles plattgewalzt unter dunkler Frucht und dem Geruch der Luft am 01.01 um 00:20.
Aber hey, als Trostpflaster konnte ich ein schönes Cocktailglas einsacken für das Erraten des Jahrgangs. Zugegeben mit deutlichem Vorteil, da mir dieser Whisky verdammt bekannt vorkam – und tatsächlich wurde ein altes Fass aus der „Cask strength experience“ aus grauer Vorzeit (vor 306 Wochen laut meinem Smartphone) für dieses Tasting „recycled“, beziehungsweise gefunden. 82/100

Caol Ila 13yo Fèis Ìle 2023 – PX/Oloroso butt

Die diesjährige Fèis Abfüllung kommt aus erstbefüllten Fässern die mit PX/Oloroso geseasoned wurden. Das ist erstmal spannend, sind Originalabfüllungen mit 1st fill Sherry-Vollreifungen doch eher selten. Link zur Whiskybase
Vor Ort fand ich ihn unscheinbar, wollte aber unbedingt nochmals zu Hause in Ruhe probieren. Daher hier detailierte Notes:: Farblich schon einmal keines dieser Dark Sherry Bretter, die mitunter mehr nach Holz denn nach Whisky oder Sherry schmecken.
Ohne Wasser ist der Alkohol in der Nase sehr prägnant im 1920 Blenders Glass. Mit Wasser, 3 Tropfen reichen, und etwas Zeit im Glas sind da Reifen, die auf einer mit Seetang übersäten Straße durchdrehen. Walnuss, Shisha-Tabak der Sorte „Doppel-Apfel“. Bacon Jam und schokolierte Brombeere. Zartbitterschokolade und ein Hauch Erkältungssalbe.
Im Mund kommt das Destillat schön zur Geltung, mit Orangenabrieb und Limettensaft, Algensalat. Dazu Sesam. Auch Trockenfrüchte, Rosinen, und wieder Schokoaromen.
Im Finish wird es dann geringfügig trocken, leichte Aschenoten und rote Beeren. 89/100

Caol Ila 20yo Unpeated – first fill american oak, handfilled Single Cask

Außerordentlich praktisch, dass es den hier nochmals gab. So wanderte ein Drivers Dram für ein Re-Tasting ins Gepäck 🙂

From dawn to dusk

Und so endete das Tasting, welches Sams letztes Fèis Tasting war. Daher ließ er sich noch Zeit zum Schnacken und ich konnte mir meine eingesackten Flaschen unterschreiben lassen.
Auf dem Gelände war inzwischen kaum noch etwas los. vereinzelte Grüppchen lauschten der Musik und dann war auch fast Schicht im Schacht. Noch ein paar tolle Gespräche mit dem ehemaligen Caol Ila Manager vor Sam, Pierrick, und mit Colin Dunn, einem Diageo Urgestein.
Und plötzlich läuft man mit persönlich gewidmeten Flaschen und einer signierten Fassdaube in den Händen in die Unterkunft zurück, fassungslos über die Freundlichkeit all der Menschen die bei der Lieblingsbrennerei arbeiten und diesen unglaublich schönen Tag so unvergesslich gemacht haben. Und die vorherigen Generationen, die so tollen Whisky gefühlt nur für heute, gebrannt haben.

Bildmaterial: eigene Anfertigung