Ex-Bourbon Old Pulteney
Genauso wie dieses Blog ist Tasting- bzw. Reviewflights zusammenzustellen auch ein schöner Bereich meines Whisky-Hobby. Mit tatkräftiger Mithilfe (vielen Dank lieber The Ghost) habe ich heute eine besonders schöne Variante am Start: Eine Destillerie, sechs Drams, alle Ex-Bourbon. Drei davon Originalabfüllungen aus 2006 und drei unabhängige Abfüllungen. Also: Alles die gleiche Suppe aus dem Haus des „Maritime Malt“ Old Pulteney? Wir werden sehen.
Old Pulteney 2006 bottled for Glenfahrn #1818
Ein einzelnes Bourbon ex-Bourbon-Barrel macht den Anfang. Abgefüllt 2021 für den schweizer Händler Glenfahrn. Er wurde mit 50,8% auf 264 Flaschen gezogen. Link zur Whiskybase
Nase: Viel Frucht. Grüne, unreife Beeren. Dann Käsekuchen, mit Salz und Vanille. Dezenter Rauch, Orange, Orangenschale, trockene Erde ergeben einen Gegenpart. Über alles wird Puderzucker gestreut.
Mund: Erst schön süß, leicht fruchtig. Mit Banane und Stachelbeere. Dann kommen Gewürze. Vanille, Zitronenabrieb, Pfeffer, eine ganze Menge Bitterstoffe, geröstetes Getreide, angebrannter Zucker, Milchkaffee mit Mandelmilch.
Abgang: Die grünen eher unreifen Früchte sind zurück. Die wurden zu Sirup verarbeitet. Dann wird es auch leicht trocken und salzig. Vanille, Honig, Bananenblatt und eine milde Fischsuppe.
Fazit: Schönes, solide gereiftes Bourbon Bottling. Ich mag es ja sehr, wenn sowas auch mal abgefüllt wird und nicht noch bis zur Unkenntlichkeit gefinished wird. 86/100
Old Pulteney 2006 bottled for Glenfahrn #736
Es geht direkt weiter mit einer Abfüllung für Glenfahrn. Wieder ein Bourbon Barrel, diesmal aber 2022 abgefüllt. Hier kamen 204 Flaschen mit 53% heraus. Link zur Whiskybase
Nase: Zu Beginn sehr verhalten und leicht alkoholisch. Dauert einen Moment bis er aufgeht. Dann kommt Birne, weiße Traube, unreife Mango, Malz und Schiefer. Auch angebrannter Zucker und ganz dezent Vanille.
Mund: Würzig und auch süß. Vanille und Zitronen, mit einem leichten Hang zum Seifigen. Dazu eine herbe, eher raue Note. Wie ein herbes Männerparfüm.
Abgang: Leicht betäubend. Salzige Zitronen, etwas Vanille und auch Bitterstoffe. Der bleibt in dieser Tonaliät gefühlt ewig. Zwar nicht komplex, aber schön!
Fazit: Insgesamt das bessere Bottling von den beiden für mich. Der Abgang brennt sich quasi in die Sensorik, das fand ich ziemlich geil. Beim Geschmack hatte er allerdings ganz kurz die Tendenz durch die Seife ein wenig drüber zu kippen. Zum Glück hat er die Balance gehalten. 87/100
Old Pulteney 2006 for Kirsch Import
Eine letzte Originalabfüllung. Diesmal für den deutschen Großimporteur Kirsch. Das Single Cask mit 53% war ein American Oak Ex-Bourbon und enthielt 253 Flaschen. Abgefüllt in 2020 hatte er 13 bzw. 14 Jahre darin verbracht. Link zur Whiskybase
Nase: Apfel, Honig, Sägemehl, Pfirsichjogurt, Vanille, dezenter Rauch. Mit Wasser sehr nussig.
Mund: Fruchtig und leicht würzig. Mit Zitronensäure und einer Spur Pfeffer. Auch wieder leicht laktisch. Relativ viel Holz kommt durch. Das ist an der Grenze zum „zuviel“. Alkohol ist auch sehr präsent. Wasser macht ihn etwas weniger garstig, dafür aber auch deutlich flascher. Bitterstoffe kommen dazu
Abgang: (Zu) Stark wärmend, relativ trocken und salzig und damit mineralisch. Nur noch dezent fruchtig. Auch wieder deutlich Holz. Mit Wasser verliert er fast alle Aromen, wird aber dafür deutlich laktisch.
Fazit: Kein gut eingebundener Alkohol und etwas zu viel Fass. Dafür sammelt er Pluspunkte bei den Aromen. Das wäre schon ein recht stimmiges Paket. Schade. 83/100 mit Wasser wird es anders aber nicht wirklich besser.
Old Pulteney 2007 – SMWS 52.30
Ein Wechsel zu den unabhänigen Abfüllern. Konkret zur Scotch Malt Whisky Society. Bei den Geheimkrämern vom Dienst steht Destillerie 52 für Old Pulteney. Und natürlich gibt es wie üblich auch für diese Abfüllung einen Untertitel: „Nae man can tether time nor tide„. Die 12-jährige Abfüllung stammt aus dem Bourbon Hogshead und wurde mit 58,4% in 254 Flaschen gefüllt. Link zur Whiskybase
Nase: Erstmal komplett verschlossen. Honigmelone und Neutralalkohol. Auch nach einiger Zeit tu ich mich sehr schwer was zu greifen. Sägespäne vielleicht. Mit (viel) Wasser kriegt man noch etwas Vanille und Zitrone dazu.
Mund: Es bleibt schwierig. Früchte in Alkohol eingelegt und dann in der Gischt gefinished. Dazu getrockneter Rosmarin und die Süße eines New Make.
Abgang: Salmiakki verdünnt auf 1:50. Dazu nochmal dunkle Beeren. Wo kommen die eigentlich her bei einem Bourbon Cask? Eichenwürze ist auch da. Malz. Das ist alles so verstörend wenig balanciert.
Fazit: Och. Das ist schon eher eine sehr komische Abfüllung. Total unrund und ohne Highlights. Wasser hilft erst was wenn man wirklich viel rein gibt und dann wird er irgendwann sehr dünn. Keiner für mich. 75/100
Nach diesem Dram musste ich auch den Flight erstmal unterbrechen, weil die Sensorik ermüdet war. Das spricht auch für sich.
Old Pulteney 2001 – SMWS 52.29
Geben wir den SMWS Old Pulteney eine zweite Chance. The wicker dram. 17 Jahre in einem ex-Bourbon Barrel. Die 171 Flaschen wurden mit 58,2% abgefüllt. Link zur Whiskybase
Nase: Eine riesige Menge an Kräutern. Minze, Wacholder, Pinie. Auch Sonnenblumenöl, Hefe und Getreide. Dazu etwas Zitrus und Muschelkalk.
Mund: Zitrone und Salz, Wacholder, würzig mit Pfeffer, Sonnenblumenöl, Limette, helle Früchte in Richtung Aprikose.
Abgang: Es bleibt bei den Zitrusnoten mit Salz. auch wieder Malz. Ein paar Bitterstoffe Marke Milchkaffee. Eine schöne brotige Note. Leicht betäubend.
Fazit: Nicht schlecht, allerdings fühlt er sich jüngern an als er ist. Insgesamt auch eher ein Gin oder so. Solide 86/100 Mit „wicker“ als Weidenkörben oder dergleichen, bringe ich den Whisky übrigens nicht wirklich in Verbindung.
Old Pulteney 1998 – Gordon & MacPhail
Noch einmal wechseln wir den Abfüller. Diesmal ist es ein Batch aus zwei 1st Fill Bourbon Casks. Das ergab die magischen 46% (oder er wurde doch reduziert?). Egal wie, 528 Flaschen wurden auf jeden Fall abgefüllt. Link zur Whiskybase
Nase: Wunderschöne Nase. Zwischen Malz und teigigen Noten kommen Harze und Piniennadeln. Dann kommen Zitrusnoten und wieder ein Tropfen Sonnenblumenöl. Dazu eine schöne Mineralität und Salz. Eine leicht schräge Fruchtnote kommt noch dazu.
Mund: Salz, Malz, Vanille. Sonnenblumenöl. Trauben, Brot. Mit ein paar Schwüngen durch den Mund kommen weitere Früchte. Orange, Zitrone aber auch ein etwas muffiger Gegenpart. Das Meer spielt auch noch mit. Ein Eintopf mit Pilzen, Früchten und Meeresfrüchten.
Abgang: Ölig, zitronig. Dazu ein getreidiges Frühstück. Ein paar Trockenfrüchte sind dazwischen, genauso wie etwas dunkle Schokolade und auch Salz.
Fazit: In der Base findet jemand Kiwi in allen Bereichen. Ich weiß, nicht ob ich so konkret mitgehen kann, aber ich verstehe was gemeint ist. Der fruchtige „Funk“, der davon ausgeht, ist schon ungewöhnlich. Und das ist eine schöne Besonderheit dieser auch sonst schon wirklich guten Borubon-Reifung. Gut gemacht G&M! 88/100
Probieren geht über Studieren
Welches Fazit kann ich aus so einer Session ziehen? Old Pulteney aus dem Ex-Bourbon Fass kann toll sein. Aber für mich ist eindeutig, Old Pulteney muss ich vorher probieren, bevor ich eine Flasche kaufen würde. Das gilt natürlich fast immer, denn Whisky hat ja eine große Bandbreite. Das war auch hier der Fall aber das war schon deutlich mehr Bandbreite als ich vorher vermutet hätte!
Mehr zu: (Old) Pulteney
Bilder: Titel: Alan Jamieson, CC BY-SA 3.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons | Flaschen: Freundliche Überlassung der Whiskybase
Samples: Privat und im Handel gekauft
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