Ein See in der Speyside

Immer mehr Speyside im Glas (Teil 3)

Der Sommer geht dem Ende zu und bevor die Sonne dann weg, da ist nochmal ein Rundflug durch die Speyside angesagt. Wieder viel von den Thompson Brüdern, aber auch Originalabfüllungen und ein kleines Einhorn.

Strathmill 23-year-old – Cadenhead

Eine Flasche Strathmill 23-year-old von Cadenhead

Und damit fangen wir gleich an. Auch weil es gerade viel Gesprächsbedarf um diesen Abfüller gibt. Cadenhead beliefert bald die Shops in Europa nicht weiter und das sorgt, verständlicherweise, für Aufregung. Bei diesem Dram allerdings handelt es sich um ein Mitbringsel aus Schottland. Aus der Cask Selection des Managers bei Cadenhead stammt dieser Strathmill. Ich hab ihn mir aus Edinburgh aus dem Cadenhead Shop mitgebracht. Das 20cl Sample stammt aus einem Bourbon Hogshead und wurde mit 47,2% abgefüllt. Link zur Whiskybase

Nase: Eine fruchtige Bourbonnase. Ein wenig Vanille, Getreide und Malz. Dann kommen die Früchte. Ananas und Zitrone vor allem. Dann noch etwas milder Jogurth.

Mund: Trockenes italienisches Gebäck, Grisini, Bruschettini, Crostini. You name it. Dazu ein Glas Milch. Salz, Pfeffer und Chili. Dazu auch noch Getreide und ein wenig Metall. Ein Klecks Honig.

Abgang: Sirup, Cracker ein Metalllöffel. Die Länge ist nicht beeindruckend. Die Trockenheit macht ihn irgendwie trinkig. Man möchte nachfassen.

Fazit: Er ist was er ist: Ein nettes Mitbringsel, dass mir eine schöne Erinnerung bereitet. Nicht mehr und nicht weniger. Für einen 23y hätte ich mir mehr Tiefe, mehr Reife erhofft. Er hat aber auf jeden Fall Spaß gemacht. 84/100.

Glenfiddich Orchard Experiment

Eine Flasche Glenfiddich Orchad Experiment

Der aktuelle Vertreter aus Glenfiddichs Experimental Cask Series. Diesmal mit einer Reifung in einem Apfelschnappsfass. Ob das so eine gute Idee ist? Abgefüllt wurde auf jeden Fall mit 43% in unbekanntem Alter in eine unbekannte Anzahl von Flaschen. Link zur Whiskybase

Nase: Süße und junge Fruchtnote. Mehr Birne als Apfel. Dazu noch Zucker und Melasse. Auch Getreidenoten kommen recht klar durch.

Mund: Der erste Eindruck: Seife. Dann Zitrone und noch mehr Seife. Dann Salz, Litschi, Apfel und ein Duschgel. Ich weiß gar nicht wie ich es geschafft habe von der Seife noch das Duschgel zu differenzieren…

Abgang: Seife, Birne, Apfel, ein paar Bitterstoffe. Nicht besonders lang, aber das was bleibt ist ziemlich übel. Ich musste wirklich erstmal neutralisieren nach diesem Dram.

Fazit: Das ist übel. Die Seife ist vollkommen drüber. Das fängt in der Nase noch harmlos an. Aber im Mund war ich schon abgeneigt davon ihn überhaupt kreisen zu lassen. Das hat mich insgesamt wirklich Überwindung gekostet hier Notes zu schreiben. 40/100

Glen Grant 1998 – Phil & Simon Thompson

Eine Flasche Glen Grant 1998 von Phil & Simon Thompson

Ein Glen Grant mit 24 Jahren aus einem Refill Bourbon Barrel. Das ist schon mal an sich spannend, was die Thompson Brothers hier abgefüllt haben. 51,4% hatte er da noch und 207 Flaschen ergab das UK exklusive Bottling. Link zur Whiskybase

Nase: Wunderbar. Hier kann ich quasi die Notes von der Flasche abschreiben. Kamille, süße Blüten, Ingwer, Kalk, Äpfel, Zitronen, Honig, ausgelutschte Vanille, Pinie. Da ist so viel los im Glas und dennoch ist alles weich und stimmig.

Mund: Eine leichte Würze, die wieder durch Ingwer und jetzt auch durch Pfeffer vorgebracht wird. Bitterstoffe eines Milchkaffees, zusammen mit angeklatschten Kräutern. Malz und Zitronen und auch wieder die Blumen.

Abgang: Brot und Honig, Malzbonbons. Röstmalz leitet die trockene Seite ein. Da ist dann auch etwas laktisches, vielleicht ein Frischkäse. Zitronen sind auch wieder da und auch die Kräuter.

Fazit: Ein sehr schönes Bottling. Es tendiert vielleicht dazu etwas zu viel zu geben. Die Sinne brauchen immer wieder mal Orientierung. Und das aus einem Bourbon Barrel. Scheint als könnte das Destillat hier einiges! 88/100 Wasser kann übrigens hier zwar verbinden, bringt aber auch eine ganz leichte Veilchen- oder Parfümnote. Muss man sich gut überlegen.

Secret Speyside Distillery 1997 – Phil & Simon Thompson

Eine Flasche Secret Speyside Distillery 1997 von Phil & Simon Thompson

Und da ist sie wieder, die Geheimniskrämerei. Eine 24 Jahre alter Secret Speyside aus 2 Barrels. Der Name darf nicht genannt werden. Typischerweise geben Phil & Simon Hinweise durch die Labels. Ich weiß allerdings nicht was Katze, Stuhl und der Kaffeetassen- oder Weinflaschenrand bedeuten. Es sind ingesamt 540 Flaschen und fassstarke 50,3%. Link zur Whiskybase

Nase: Eine wunderschöne Nase. Erstmal trockenes Sägemehl mit etwas Pfeffer dazwischen. Das geht aber schnell über helle in Trockenfrüchte und auch eingelegtes Obst. Dazu ein milder Käse und Baumsaft (die Originalnotes sagen Birke). Auch Hefen, Essig und Öle. Das ist schon herausfordernd, aber auch geil.

Mund: Schön rund und weich mit mit nur einem ganz leicht würzigen Touch. Den würde ich auch eher frischen Früchten zuschreiben als echten Gewürzen. Dazu Sirup und Honig in Hülle und Fülle. Triefend über ein Gebäckstück gegossen.

Abgang: Wunderschön süß geht es dem Ende zu. Eingekochte Früchte und alles was man da mit hinein gibt. Gewürze, etwas Saures für die Balance. Abgepackt wird das muss in Holztigel, verschlossen mit Wachs und dekoriert mit Salz.

Fazit: Ein fantastischer Whisky. Schön balanciert und mit viel Tiefe. Wenn man sich dann darin verloren hat, dann verführt er einen mit Süßkram zum nächsten Glas. Und so weiter. 89/100

Dailuaine 2010 – Phil & Simon Thompson

Eine Flasche Dailuaine 2010 von Phil & Simon Thompson

Ein weiteres Bottling der Brüder aus Dornoch: Diesmal mit dem Dachs, der das Label von Dailuaine ziert. Die Abfüllung ist 12 Jahre alt und hat davon 6 Monate im PX-Fass verbracht. 328 Flaschen mit 55,4% wurden abgefüllt. Link zur Whiskybase

Nase: Süße und dunkle Aromen. Getrocknete Beeren, Leder, Tabak und auch etwas Erde. Eine süßliche Gewürzmischung für ein Fleischgericht. Dazu gibt es dunkle Beeren in dunkler Schokolade.

Mund: Würzige und florale Noten zwischen einem Rub und einem Potpourri. Dazu dunkle Schokolade und beschwibste Beeren. Leder, Tabak und Erde sind auch dabei. Eine Reduktion aus Balsamicoessig, Sake und Sojasauce. Salz und Umami werden auf der Zunge damit auch gut bedient.

Abgang: Extrem erdig, trocken und würzig. Eine salzige Bouillon, Herbstlaub und dunkle Früchte. Feigen, Schwarzbeeren, Brombeeren. Alles schon überreif und teilweise getrockent. Dann aber auch noch wachsige Zitrusnoten. Das ist ein echtes Abschlussfeuerwerk!

Fazit: Der Dachs hat es in sich. Extrem fordernd feuert er Aromen um sich, da bleibt kein Auge trocken. Ob man danach bald was anderes trinken kann wage ich zu bezweifeln. Der Dachs braucht den Raum für sich. Ich mag den Dachs. 88/100

Glen Moray 2007 Hand Bottled

Eine Flasche Glen Moray 2007 hand bottled

Diese Abfüllung stammt aus einem Fässer aus denen man bei Glen Moray vor Ort eine Flasche abfüllen kann. Für mich hat das der Nürnberger Whiskystammtisch übernommen. Oder auch Emma vor Ort für den Stammtisch. Vielen Dank euch! Zu Buche stehen 10 Jahre Bourbon Cask, 5 Jahre Marsala Cask und 55%. Link zur Whiskybase

Nase: Frisch eingeschenkt strömt einem druckvoll der Alkohol zusammen mit Traubenmost entgegen. Nach ein paar Runden im Glas kommt auch Trester und Schale dazu. Etwas Birne und Zimt, getrocknete Orangenspalten. Dazwischen legt sich aber auch immer wieder ein Schleier von Alkoholdämpfen darüber. Das ist irgendwie gar nicht störend, sondern löst Vorfreude aus.

Mund: Zuckerguss und Birnendrops, der Salzrand an einem leeren Margaritaglas. Dann ist der Wein beziehungsweise Tresterbrand wieder da. Dazu kommen Bitterstoffe, Kaffe, Schokolade, sogar etwas Nougat.

Abgang: So endet es auch. Cremig und schokoladig. Mit ein paar fruchtigen Einschlüssen und etwas Hagelsalz, wie bei den Ultrapremiumschokoladen. Dazu gibt es einen Espresso, helle Röstung und einen Birnenbrand. Mit der Zeit wird es trocken.

Fazit: Ein ganz wunderbarer Geselle, mit dem man vielen Menschen eine Freude machen kann. Ich hatte die Flasche auf einer Geburtstagsfeier dabei, hab sie reichlich zum probieren ausgeschenkt. Immer eine schöne Gelegenheit zum unbeschwerten Genuss und Philosophieren. Durch die fruchtige Süße und die Schokolade ist er auch für „Nicht-Whisky-Trinker“ gut geeignet. 87/100

Wir reden nicht über…

… den kurzen Ausflug in die Reviewhölle sondern lieber über die Highlights. Der Dachs hat es mir angetan und auch der Glen Grant ist eine Wucht. Bei extrem ausdrucksstark und auch als Einzeldram für einen ganzen Abend geeignet. Wenn man allerdings was zum Teilen mit Freunden haben möchte, so wie oben schon beschrieben, dann ist der Glen Moray genau richtig. Den Secret Speyside halten wir lieber geheim. Der ist für die sehr guten Freunde. (Ok na gut, meine Flasche ist schon leer, weil ich sie geteilt habe ;-))

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Bilder: Eigene Anfertigung und freundliche Überlassung der Whiskybase
Samples: Eigene Flaschen und beim Händler gekauft