Von Königinnen und weißen Pferden
Alte Blends eignen sich hervorragend, um den Whiskystil vergangener Zeiten zu ergründen. Nicht zuletzt, weil sie auch den Geldbeutel deutlich mehr schonen, als vergleichbar alte Single Malts. Freilich wurden Blends schon immer dafür kreiert, um die eher kantigen, charaktervollen Malts einem breiteren Publikum schmackhaft zu machen, doch vor einigen Jahrzehnten ist die Art und Weise der Whiskyherstellung noch eine andere gewesen. Dagegen mutet die Produktion heutzutage fast schon steril an. Dementsprechend hatten die Blender früher auch andere Whiskys, mit denen sie arbeiten konnten.
Highland Queen 15 Jahre
Eichenfässer / 43%Vol. / Link zur Whiskybase
Die Marke „Highland Queen“ wurde in 1893 von den beiden Whiskyblendern Macdonald und Muir etabliert. Diese konkrete Abfüllung war in den 1960ern für den Import nach Italien bestimmt. Die Macdonald & Muir Ltd. ist viele Jahrzehnte Eigentümer von Glenmorangie gewesen, sehr wahrscheinlich stammt nicht wenig des Maltanteils in diesem Blend aus dieser Brennerei.
Nose: Nüsse in Vanillesauce sowie gesetzte Trockenfrüchte in in wachsigem Honig, ein vielseitiger und gefälliger Start. Leicht staubig-würziges Eichenholz, Politur wurde aufgetragen. Ansätze von Kaffeeschokolade, Salz und reifer Grapefruit tragen zur Komplexität bei. (86)
Taste: Kräftig, denn Eichenholz und Gerstenmalz haben einiges an (schokoladigen) Tanninen da gelassen. Die Würze lässt einen nicht unerheblichen Grainanteil vermuten. Nüsse und Wachs in einer staubigen, fast schon rauchigen Umgebung. Durchaus unterhaltsam. (85)
Finish: Nüsse und würziges Eichenholz all over the place. Verkohlte Zündholzköpfe grüßen. Darüber hinaus ist er dezent grainy und auch das Wachs ist natürlich wieder vertreten. (84)
Fazit: Einerseits schade, dass die Früchte nicht den ganzen Weg mitgehen, andererseits ist hier eh schon viel los, wenn man bedenkt, dass es sich um einen Blend handelt, der weit über 50 Jahre in der Flasche herumgelungert hat. Zu viel Zeit sollte man sich beim Genießen nicht nehmen, die Aromen bauen sonst spürbar ab.
Highland Queen Scotch Whisky
Eichenfässer bis 1975 / 43%Vol. / Link zur Whiskybase
Hier fehlt die Altersangabe. Bekannt ist jedoch, dass die Flaschen am 14.08.1975 befüllt und im Anschluss nach Belgien transportiert worden sind. Ebenso gibt das Etikett preis, dass Glenmorangie und Glen Moray die Leadmalts in diesem Blend sind.
Nose: Deutlich leichter und delikater als der 15-Jährige. Keine Spuren von Sherry, ausschließlich für Bourbonfassreifung typische Aromen umwehen die Nase. Vanille und Äpfel zuerst, Honig und Mürbteig folgen. Ein harmonischer, etwas eindimensionaler Blend mit einem Hauch von wachsig-staubigem Old School. (84)
Taste: Rund aber flach, abgesehen von mildem Gerstenmalz und nussigem Eichenholz findet sich anfangs wenig aufregendes. Trotzdem macht er eine gute Figur, er ist kräftig und sorgt mit sanften Tanninen für ein angenehmes Mundgefühl. Vanille, Honig und Mandeln mischen sich mit der Zeit unter die Bitterstoffe. (84)
Finish: Das Eichenholz gefällt mir immer besser. Gewürze und Honig hinterlassen einen wärmenden, belebenden Eindruck. Zum Ende hin entfaltet sich zusätzlich ein reichhaltiger Nussmix. (84)
Fazit: Wirkt eher wie 10-12 Jahre alt, das Profil ist nicht mehr unreif, lässt aber ein wenig die Tiefe missen. Keinerlei Fehlnoten trüben das Erlebnis. Spuren von Grain konnte ich im Übrigen nicht entdecken, es scheinen überwiegend Malts enthalten zu sein.
White Horse Fine Old Scotch Whisky
Eichenfässer / 43%Vol. / Link zur Whiskybase
Alte Blends gibt es viele, nur wenige davon lassen die Herzen der Genießer so hoch schlagen, wie der White Horse. In den Jahrzehnten seiner Geschichte ist eng verknüpft mit Brennereien wie Lagavulin, Cragganmore, Craigellachie, Malt Mill und Hazelburn. Hier eine Abfüllung aus den 1980ern.
Nose: Flüssiger Honig, schaumig geschlagen und mit zartem Karamellschmelz, bestimmt lange Zeit die Szenerie. Es geht langsam über in frische Datteln, Nüsse und Kaffee. Die Frucht liegt irgendwo zwischen Orange und Grapefruit. (87)
Taste: Immer noch Honig, aber nicht mehr ganz so viel. Gerstenmalz mischt sich mit ein. Getragen von Gewürzen und Eichenholz sorgt Butterscotch für Cremigkeit. Einige Tannine, Harz und Orangen bilden einen spannenden Kontrast. Eine angenehme Schwere und Vollmundigkeit macht sich breit. (86)
Finish: Es bleibt schwer und sämig, die Eiche entfaltet sich in zahlreiche nussige und würzige Facetten. Darüber schwebt die Zitrusnote, leicht und frisch. Die Tannine erinnern immer mehr an Traubenkerne. Schon wieder Butterscotch. (87)
Fazit: Ich mag Honig, aber ich war froh, als dann doch irgendwann noch andere Aromen hinzugekommen sind. Ab dem Punkt hat er mich dann richtig überzeugt, vor allem die Nüsse und die Cremigkeit sind eine Schau und haben dem Blend Charakter verliehen. Leider wirkt er manchmal ein bisschen unrund, ich vermute einen geringfügigen Qualitätsverlust durch die lange Flaschenlagerung.
White Horse Fine Old Scotch Whisky
Eichenfässer / 43%Vol. / Link zur Whiskybase
Zum direkten Vergleich eine zweite Edition aus den 80ern, diese war allerdings bestimmt für den japanischen Markt.
Nose: Nice, wieder dieser schaumige Honig. Kaffee und Nüsse sind auch sofort da. Das Eichenholz benötigt ein paar Momente, um sich zu entwickeln, wirft dann aber mit schönen Zimtnoten um sich. Ein Hauch von Datteln geht über in dunkle Schokolade, Malz und Orange stoßen hinzu. (86)
Taste: Auch hier läuft es sehr ähnlich ab; erst Honig und Gerstenmalz, dann eine große Portion würzig-haselnussiges Eichenholz. Cremigkeit und wohlakzentuierte Tannine fehlen ebenfalls nicht. Orange und Harz für’s Volumen. (87)
Finish: Cremig. Der Schwerpunkt liegt auf dem Eichenholz, eine Menge Gewürze und Nüsse machen die Runde. Schokoladige Tannine und leicht wachsiger Honig bilden ein Zweigespann, welches gerne länger bleiben dürfte. Zitrus gesellt sich in der Kopfnote hinzu. (87)
Fazit: Die beiden Schimmel unterscheiden sich nur in Nuancen. Der zweite ist in der Nase nicht ganz so intensiv, kann dafür beim Trinken einen Ticken besser überzeugen. Der erste wiederum ist insgesamt leicht fruchtiger mit mehr Honig und Butterscotch, während beim zweiten das nussige Eichenholz mehr im Fokus steht. Aber von der Aromenkomposition und -struktur her sind die beiden wirklich nicht weit voneinander weg.
White Horse Blended Scotch Whisky
Eichenfässer / ?%Vol. / Link zur Whiskybase
Den White Horse gab’s auch in der 4,5-Liter-Flasche. Die Flasche, aus der das Sample stammte, wurde um 1967 gebottled.
Nose: Vanilleeis auf Bienenwachs. Äpfel, Nüsse und klein wenig Orange vereinen sich mit der Würze des Eichenholzes. Im weiteren Verlauf melden sich auch noch dunkle Schokolade und Gerstenmalz. (85)
Taste: Süß und ölig, die Textur ist honigartig mit sanftem Wachs. Spuren von Frucht werden von prickelnden Gewürzen überrollt, das Eichenholz macht da einen ziemlich lebendigen Eindruck. Das Gerstenmalz fügt sich gut ein und leitet über zu einem ausgeprägtem Nussmix. (86)
Finish: Gewürze und Eichenholz, viel aber nicht zu viel. Ein grasiger, wachsiger Touch bringt Erfrischung. Dunkle Nussschokolade für einen gelungenen Abschluss. (86)
Fazit: Reicht in Sachen Ausdruckskraft und Komplexität nicht ganz an die beiden jüngeren Pferdchen heran. Vor allem mehr Frucht wäre schön gewesen. Ist vielleicht der längeren Flaschenlagerung geschuldet. Aber auch hier: Die Aromen sind sich oft zum Verwechseln ähnlich.
Wesentlich interessanter als die meisten modernen Blends. Der Vorteil für Blender mit eigenen Brennereien ist, dass sie sich die Fässer selbst aussuchen und ungeeignete aussortieren können. Zudem war damals der Grainanteil tendenziell noch nicht so hoch, verallgemeinernd gesehen. Jedenfalls hatte ich allesamt sehr harmonische Profile im Glas.
Mehr zu: Blends und Blended Malt
Samples privat gekauft | Bilder mit freundlicher Genehmigung der Whiskybase
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