Die schottischen Lowlands, ID 52142138 © Garyellisphotography | Dreamstime.com

Old & Rare Flight 013 – Lowlands

Es wird endlich mal wieder Zeit für einen Old & Rare Flight, nicht wahr? Auch wenn zwischendrin schon wieder der eine oder andere Kandidat mit in meinem Flights war, so dediziert ist es schon eine Zeit lang her. Und es gibt einen Anlass: Ich hab Samples von einem Duo Littlemill erhalten, von dem man wirklich mit Fug und Recht sagen kann: Old & Rare. Das Ganze fügt sich dann in zwei weitere Littlemill und zwei St. Magdalene ein. Old & Rare Lowlands Style!

Littlemill 1992 – Single Cask Collection

Eine Flasche Littlemill 1992 von Single Cask Collection

Einer meiner ersten Littlemill überhaupt. Von dem hatte ich damals als er raus kam eine eigene Flasche. Diese fiel dann irgendwann aus dem Regal. Das Trauma hab ich bis heute nicht überwunden 😉 Gut, dass ich ihn nochmal zum Review probieren kann. Das hilft sicher. 21 Jahre, Bourbon Hogshead, 318 Flaschen, 55,6%. Das sind die Fakten. Link zur Whiskybase

Nase: Irgendwo zwischen einer hoch stehenden Wiese und einem Obsthain braut jemand Limonade in einem Holzfass.

Mund: Eine wunderschöne Textur begleitet Aromen zwischen Früchten, von der Schale über das Fruchtfleisch bis zu den Kernen. Dazwischen Salz und ein Brandteig. Ein milder Kräuterschnaps oder ein wilder Tresterbrand.

Abgang: Ein fantastisch fruchtiger Abgang. Exotische Früchte, eine Melange aus allem was man wohl so in der Südsee finden magen, abgespritzt mit etwas Ingwersud. Dazu ein Süßwein. Manchmal hat man auch das Gefühl, jemand hat eine Packung Haribo Tropi Frutti in Schnaps aufgelöst.

Fazit: Ich weiß warum ich damals dieser Flasche so nachgetrauert habe. Bzw. den ca. 15cl, die der Unfall gekostet hat. Danke lieber Whiskygott (und auch danke lieber Christian), dass ich nochmal diesen Stoff ran durfte! 90/100 Als Randnotiz: „damals“ hab ich diesem Whisky 92 Punkte gegeben. Den Unterschied kann man relativ problemlos der gestiegenen Erfahrung zuschreiben. Spannend, dass an diesem Beispiel festzustellen.

Littlemill 1989 – Glen Fahrn

Eine Flasche Littlemill 1989 von Glen Fahrn.

Wenn wir schon dabei sind: Ein weiterer Littlemill. Abgefüllt 2011 vom deutschen Abfüller Glen Fahrn war er ingesamt 22 Jahre im Oak Cask. Die 310 Flaschen hatten 55,1% Link zur Whiskybase

Nase: Zitrone und fruchtiger Schnaps, sowie auch grüne und grasige Noten. Milde Kernöle über einer leicht gärenden Ananas.

Mund: Wunderschön fruchtig mit Bananen, Mandarinen und Zitronen. Und da ist auch wieder die grasige Seite, die man den Lowlands zuschreibt.

Abgang: Die Früchte bleiben und bilden einen wunderschönen Abgang. Dazu kommt eine herbere Süßholznote und einige Bitterstoffe aus den Fruchtschalen.

Fazit: Auch dieser Littlemill-Vertreter ist wunderbar. Ich kann mich nicht entscheiden, ob ich diesen oder den Single Cask Collection vorziehen würde. Danke an Tilman fürs Teilen in Limburg und die Erlaubnis die letzten Tropfen zum Review mitzunehmen. 90/100

Littlemill 1967 – Signatory Vintage

Eine Flasche Littlemill 1967 von Signatory Vintage

Es gibt Abfüllungen die sind selten. Dann gibt es Abfüllungen die sind superselten. Und dann gibt es das hier. Einen Littlemill aus 1967 überhaupt ins Glas zu kriegen ist schon nicht sehr wahrscheinlich. Hinzu kommt: Es gab ihn nur im Set von Sigantory Vintage, zusammen mit dem Dunglass, der als nächstes dran ist. Nach 36 Jahren wurden 325 dieser Sets mit 50cl Flaschen verkauft. Der Littlemill stammt aus mehreren Oak Hogsheads und ist 41,2% „stark“. Link zur Whiskybase

Nase: Fruchtkerne und Zitrusschalen. Frisch geschält, mit Wachs drauf und viel vom Mesokarp, der weißen Fruchtwand. Dann kommt etwas Rauch. In Richtung Räucherstäbchen. Die Zitrusfrucht wird langsam eindeutiger. Limette. Das kommt auch über eine leichte Seifigkeit rüber.

Mund: Seife. Und Potpourri. Rosenblüten. Dazu eine leichte Schärfe von Pfeffer. Das ist wie das viel zu Süße Parfüm der Oma oder Tante, nur ohne die Süße. Das ist schon… speziell würde ich sagen.

Abgang: Trocken und wachsig aber auch wieder dieser extremen Note zwischen Parfüm und Seife. Ein wenig Orange oder Mandarine blitzt zwischendurch, das hilft ein wenig. Wenn man lange wartet, dann legt sich die Seifennote komplett. Das ist dann der Moment wo man den Littlemill gut erkennen kann. Es würd süßer, mit Honig und reifen Zitrusfrüchten. Ein paar Bitterstoffe, in Richtung Milchkaffee.

Fazit: Das ist schwer zu bewerten. Auf der einen Seite ist es schön solche Experimente probieren zu dürfen (und ich kann die nicht genug dafür danken Bernd!). Auf der anderen Seite… puh. Also mehr als 1-2cl davon muss ich ehrlich gesagt in meinem Leben dann doch nicht trinken. Deshalb verzichte ich auch auf Punkte. Das kann man nicht mit anderen Whisky vergleichen und so machen Punkte auch keinen Sinn. Man kann hier übrigens auch mit Wasser spielen, obwohl er nur 41% hat. Das ändert auch noch mal was.

Dunglass 1967 – Signatory Vintage

Eine Flasche Dunglass 1967 von Signatory Vintage

Wenn man den Littlemill von eben schon verrückt fand, dann ist man hier genau an der richtigen Adresse für mehr Verrücktheit. Nur im Jahr 1967 hat die Brennerei Littlemill den Brennstil „Dunglass“ in einige wenige Fässer gebracht. Dafür wurde einige experimentelle Einstellungen am Gleichrichter der Brennblasen angewendet. Es gibt bis heute nur sieben Abfüllungen dieser Marke. Eine davon im Set von Signtory. 45,8% und 37 Jahre stehen zu Buche und diesmal ein Single Cask. Natürlich gab es auch hiervon 325 Flaschen, da es ja ein Set war. Link zur Whiskybase

Nase: Grüne Weintrauben und Kerne. Zitrusfrüchte, auch wieder mit Mesokarp. Wachs, Honig und Malz. Auch mal ein Apfel dazwischen. Wenn ich tief und intensiv rieche, dann kommt grüner Tee und vielleicht sogar etwas Rauchtee.

Mund: Ähnlich wie beim Littlemill ist Seife und Pfeffer vorhanden. Aber diese parfümierte Note ist zum Glück nicht da. Das Mundgefühl ist sehr trocken, der Speichel wird immer weniger.

Abgang: Im Abgang ist nach einiger Zeit im Mund nicht mehr so viel los. Etwas Honig, etwas Malz. Dazwischen unreife Mandarinen und Wachs.

Fazit: Das hier fühlt sich für mich weit weniger wie ein Experiment an als der korrespondierende Littlemill. Es ist aber auch kein totales Highlight. Die Freude darüber ihn probiert haben zu dürfen überwiegt die Freude am Dram selbst deutlich. 81/100

Linlithgow 1982 – Signatory Vintage

Eine Flasche Linlithgow 1982 von Signatory Vintage

Ein Ausflug in die Lowlands ohne meine Lieblingsdestillerie? Unmöglich. Dieser Vertreter wurde von Signatory Vintage in ihrer Cask Strength Collection abgefüllt. 28 Jahre ist er alt und war (am Ende?) in einem „Wine treated Butt“. Also wurde das Fass vor der Befüllung mit Whisky mit Wein aktiviert. 351 Flaschen mit 63,1% wurden abgefüllt. Link zur Whiskybase

Nase: Wenn man ihn nicht atmen lässt, dann bläst einen der Alkohol erstmal weg. Die Behandlung mit Wein gibt noch eine ordentliche Zimtnote dazu. Das ist wahrscheinlich nicht die Erwartung! Mit etwas Sauerstoff kommen grasige Noten. Genauso wie ein paar Früchte und auch ein wenig Parafine.

Mund: Unmengen an Sonnenblumenöl und Honigmelone. Dazu Pfeffer und auch Salz. Danach Äpfel und Orangen auf eine hoch stehenden Wiese.

Abgang: Salzig und süß geht es dem Ende entgegen. Leider ist hier hier nicht mehr die große Aromenvielfalt am Start. Bitterstoffe mischen sich noch darunter und man kann den Wein wohl noch erahnen.

Fazit: Sicherlich nicht mein liebster St. Magdalene. Er hat viele sehr gute Ansätze, kommt aber, um es mit einer Fußballmetapher zu umschreiben, nicht zum Abschluss. Mir fehlt ein wenig die Dreckigkeit. Der Abgang kann mit dem Taste und erst recht der Nase nicht mithalten. 88/100

St. Magdalene 1975 – Cadenhead

Eine Flasche St. Magdalene 1975 von Cadenhead

Zum Abschluss noch ein älterer St Magdalene, an den ich durch wunderbare und verwundene Wege gekommen bin (danke Tomas und vor allem Helen!). 23 Jahre alt, aus einem Bourbon Butt und von Cadenhead 1999 in 618 Flaschen gebracht. Bei 41,5% und St. Magdalene scheint mir was mit dem Fass nicht gestimmt zu haben, normalerweise behalten die immer ganz gut ihren Alkoholgehalt (s.o.). Link zur Whiskybase

Nase: Verhaltene Nase. Ein paar grüne Früchte, Frischkäse oder Sauerrahm. Saftiges Gras und Tankstelle sind auch vorhanden, aber eher auf Globoli-Konzentrationsniveau.

Mund: Wieder unreif fruchtig. Der Käse ist jetzt etwas reifer geworden. Hat vielleicht auch etwas Salzlake gesehen. Es quetscht sich etwas Holz dazwischen.

Abgang: Milchkaffee mit Salzrand und Sour Creme. Dazu ein Schwubs Sirup oder Honig. Ich bin mir sicher Starbucks würde daraus ein erfolgreiches Produkt machen.

Fazit: Eine sehr spezielle Abfüllung. Sie bietet gerade noch genug der St. Magdalene-Pracht, dass sie nicht abrutscht. Trotz des niedrigen Alkoholgehaltes habe ich mit ein paar Tropfen Wasser gespielt. Das bringt die Aromen für Motorsportbegeisterte stärker raus, was ich durchaus gut fand. 86/100

Vollkommen Lost

Aber worin hab ich mich verloren? Die Drams haben definitiv nicht verloren. Das war alles mit seiner eigenen Berechtigung. Von den geilen Littlemill würden das natürlich viele sagen. Der Linlithgow wird wahrscheinlich auch noch einige Freunde finden. Aber was ist mit dem Rest? Dem Grenzgänger und dem was schon drüber ist? Sollte man dafür horrende Summen in Auktionen ausgeben? Ich sage: Ja. Um sie danach aufzumachen und zu teilen. Mit anderen Verrückten. Um Samples zu tauschen und möglichst vielen Maltheads neue Erfahrungen zu ermöglichen. Deshalb nochmal danke an diejenigen, die das tun. Hier speziell an Bernd S., Christian, Tilman und Tomas. Und genau darin habe ich mich verloren. In der meiner Meinung nach besten Community von Hobbyisten und Genießern.

Mehr zu: Littlemill, St. Magdalene
Bilder: Titel: ID 52142138 © Garyellisphotography | Dreamstime.com | Flaschen: Freundliche Überlassung der Whiskybase und von Bernd S., sowie eigene Anfertigung
Samples: Eigene Flaschen und privat getauscht