Lady of the Glen – Onlinetasting mit Andy McNeill
Christian: Lady of the Glen ist einer der Abfüller, für den ich eine besondere Sympathie hege. Ich kann gar nicht genau sagen woher es kommt, außer dass ich bisher nur leckeren Whisky von Ihnen hatte, ich die Flaschen schick finde, Gregor nett und seine Story authentisch ist. Das sollte als Grund aber auch reichen Leider sind die Preise der Flaschen mittlerweile echt sportlich und sie gehen dennoch recht zügig weg. Wäre ja also evtl. schön mal ein paar mehr von denen probieren zu können. Soweit so gut. Im Corona-Frühsommer hatte Gregor dann über Instagram aufgerufen, dass man sich doch melden soll, wenn man ein Onlinetasting machen möchte. Schöne Idee dachte ich mir, ich könnte ja ein kleines Onlinetasting mit 3-4 Freunden von unserem lokalen Whiskyclub machen. Nach ein paar Nachrichten und fröhlichem aneinander vorbeischreiben kam dann heraus, dass dies eher für UK gedacht war und für Deutschland wohl eher schwierig wird. Ich hatte die Sache dann schon eigentlich begraben, da hat Gregor aber noch den Kontakt zu Andy McNeill von Celtic Events in Aschaffenburg hergestellt, der den deutschen Import von u.a. LotG übernimmt. Nach ein einigen netten Telefonaten mit Andy haben wir uns dann geeinigt, dass wir das Tasting dann eben hier in Deutschland als Onlinetasting machen. Einige von euch kennen Andy bestimmt, für die anderen lohnt es sich ihn kennen zu lernen. Andy ist echt ein spannender, sehr liebenswürdiger und vor allem authentischer Schotte. Nachdem wir die Flaschen dann ja aber eh aufmachen, hat er dann auch direkt angeregt, dass wir es dann ja auch etwas größer machen können und so wurde es ein Tasting mit mehr als 25 Personen.
Tobias: Als Christian mir von seinen Gesprächen und der Idee erzählt hat, hab ich ihn ein wenig belächelt. „Verrückt“ sagte ich. „Weißt du was das für ein Aufwand ist? Aber klar bin ich dabei.“ Und so ging es in die Vorbereitung. Menschen und Tasting zusammen bringen. Zahlungen eintreiben, auch wenn es Selbstkosten sind will man ja nicht drauf sitzen bleiben. Versand und Übergaben organisieren. Technik aufsetzen und mit Andys und seinem Sohn testen (schöne Grüße an dieser Stelle :-)). Und damit waren wir bereit…
Tamdhu 2007 Lady of the Glen
Nach 11 Jahren in einem Bourbon Hogshead wurde dieser Tamdhu 2018 in 159 Flaschen entlassen. Knallharte 61,6% hatte er dabei noch. Keine Zeit oder keine Notwendigkeit für weitere Reifung? Link zur Whiskybase
Nase: Deutich merkbarer Alkohol. Fühlt sich sehr jung an. Dazwischen sehr süß. Honig und Sirup. Ganz leichte Holznoten und etwas gekochte Früchte.
Mund: Zwickt ordentlich in der Zunge. Mit Pfeffer und Schärfe. Nach ein paar Drehungen im Mund kommt vor allem Malz und auch Bitterstoffe durch.
Abgang: Äpfel und Honig ein wenig Zitrusnoten. Relativ kurz. Der Alkohol ist deutlich präsent. Eine irgendwie künstliche Vanillenote bleibt.
Fazit: Ganz schön jung für 11 Jahre im Fass. Damit auch etwas turbulent. Man kann ihn immer noch gut trinken für den hohen Alkoholgehalt und gleichzeitig ist der Alkohol nicht gut intergriert, wie man so schön sagt. Klingt vielleicht spannend, wie ein Wiederspruch. Dennoch eher kein Dram den ich oft brauche. 81/100
Tormore 1995 Lady of the Glen
Ein Bourbon Cask Tormore aus 1995? Da bin ich sofort dabei. 19 Jahre reifte er bis 2015. Die 232 Flaschen haben einen Alkoholgehalt von 54,0%. Link zur Whiskybase
Nase: Eine schöne Nase von Vanille und gelben Früchten. Bananen, Aprikosen, Orangen und Mandarinen. Gewürzt mit einer Prise Exotik, inklusive Kokos.
Mund: Es geht so weiter. Vielleicht ein wenig leiser und mit ein etwas Schale bei den Früchten. Weisse Schokolade bindet das Ganze. Den Job hat in der Nase die Vanille übernommen.
Abgang: Hinten raus wird es etwas dünner. Bei den Früchten ist vor allem die Banane noch da. Leicht trocken, etwas sauer und auch die Bitterstoffe von den Zesten sind wieder da.
Fazit: Sehr lecker, auch wenn ich schon bessere 1995er Tomore hatte. Aber das ist ein guter Jahrgang für diese Speyside Destillerie! 87/100
Caperdonich 1997 Lady of the Glen
Wenn es in einem Tasting genau ein Bottling einer geschlossenen Destillerie gibt, dann ist dieses immer ein Highlight, häufig DAS Highlight. Nun hier kommt es: Eine Abfüllungen der für immer verlorenen Schwester der Glen Grant Destillery: Caperdonich. 22 Jahre im Bourbon Barrel und dann mit 60,5% in 171 Flaschen gefüllt. Link zur Whiskybase
Nase: Eine feine Eichenwürze ist das erste was mir entgegenweht. Danach wirkt er etwas angestaubt. Fast schon ausgetrocknet. Man wünscht sich sehnlich eine belebende Fruchtnote oder etwas ähnliches.
Mund: Hier zeigt er glaube ich sein Potential am meisten. Eine Fruchtbombe! Frische wie auch vergorene Südfrüchte und alles in Richtung Zitrus. Ananas, Drachenfrucht, Papaya, Mango. Zitronen, Orangen, Mandarinen. Dazu noch eine schöne Würze eines getoasteten Fasses.
Abgang: Sehr süß geht es dann dem Ende entgegen. Ein paar Zitrusfrüchte sind noch da. Inklusive der Schalen für eine Schwung Beitterstoffe. Das ist ganz ordentlich. Die Länge passt auch. Der Wunsch nach mehr bleibt drängend.
Fazit: Ich mochte einiges an diesem Dram. Ich wünschte mir mehr für diesen Dram. Die Erwartungen sind hier nun mal, so wie auch der Preis hoch. Ich denke die werden einfach nicht erfüllt. 86/100
Linkwood 2006 Lady of the Glen
Ein 12 Jahre alter Linkwood mit einem PX Sherry Finish. Und zwar ein Octave um genau zu sein. Damit sind es es logischerweise auch wenige Flaschen: Das Achtelfass ergab 63 davon mit 59,9%. Mal sehen ob die verkürzte Reifezeit den Aufwand wer war. Link zur Whiskybase
Nase: Süßlich und alkoholisch geht es los. Aber nicht unangenehm. Ein paar Nüsse, Rosinen und Honig dazu. Klingt vielleicht nicht so spannend. Ist auch kein Überflieger.
Mund: Süß geht es weiter. Dazu gibt es eine würzige Note. Ein wenig Menthol dazu. Vanille, Karamell und es kommt auch Malz heraus.
Abgang: Süß geht es auch weiter. Als Abschluss kommt etwas Schokolade und auch ein paar hellen Früchten. Grüne Trauben?
Fazit: Das ist voll ok. Schön trinkbar. Allerdings nicht ganz so besonders wie ein Octavefass einen hoffen lässt. Da bin ich mir mittlerweile sowieso nicht mehr sicht, ob das wirklich das Mittel der Wahl ist. Die Ergebnisse sind zu unterschiedlich. 84/100
Tomintoul 2005 Lady of the Glen
Auch in der Speyside befindet sich Tomintoul. Diese Abfüllung von LotG war 15 Jahre im Fass. Zuerst im Bourbon Cask und zum Schluß im Amontillado Sherry Cask. Eine seltenere Sherryart, zumindest wird sie selterner so explizit bei Whiskyreifungen benannt. Amontillado liegt geschmacklich irgendwo zwischen Fino und Oloroso. 251 Flaschen mit 55,7% wurden dann 2020 abgefüllt. Link zur Whiskybase
Nase: Eine schöne Sherry-Süße mit einigem an Rosinen, Rum und auch Pflaumen, Datteln. Es kommt auch noch ein wenig Kirschschnapps dazu. Gebunden wird das ganze von Eichenwürze. Die dominiert nach einer Weile ziemlich. Deshalb habe ich ihn och ein wenig stehen lassen. Dann kam noch ein Vanilleplunder dazu. Schön.
Mund: Die Sherrynoten bleiben präsent. Dazu kommt Schokolade, Zuckerrohr und auch Ingwer. Eine würzige Note in Richtung Walnuss und Pinienhonig.
Abgang: Schöne Bitterstoffe. Kaffee, mittlere Röstung und dunkle Schokolade. Die Sherrynoten begleiten nur noch hinaus. Kirsche und Rosinen sind vor allem noch präsent.
Fazit: Der ist klasse. Natürlich dominiert der Sherry. Aber das ist für mich nicht nur so ein guter Sherrywhisky, ohne weiteres Profil. Das Wechselspiel in der Nase hat mir am besten gefallen. 88/100
Ardmore 2009 Lady of the Glen
Zum Schluß noch was mit Rauch. So macht man das, nicht wahr? Diesmal nicht die einfache Variante „Islay“, sondern ein Ausflug in die Highlands. Ein Ardmore aus dem 1st Fill Bourbon mit einem Finish in einem Pedro Xemenez Cask. Acht Jahre jung war er bei der Abfüllung mit 59,3% und es gab nur 58 Flaschen. Fass mit Loch? Geteiltes Fass? Wissen wir nicht. Link zur Whiskybase
Nase: Süßlicher Rauch steigt auf. Ein Hauch Vanille begleitet ein Karamellbonbon. Erinnerungen an „Werther’s Echte“ und schlechte Fernsehwerbung kommen hoch. Dazu Seegras und ein paar Tropfen Jod.
Mund: Ein wenig Torf geht über in leichte Sojasauce und würd abgelöst von einer leicht bitteren Pflaumensauce. Das ist die Glasur für einen mild geräucherten Schinken.
Abgang: Im Abgang gibt es dann deutlichen Sherry. Kaffee, Armaro, Schokolade. Er bleibt gefühlt sehr lange. Leicht trocken und klebrig auf der Zunge und am Gaumen. Cola und Sherry.
Fazit: Ein schöner Abschluss. Schmeckt nicht so jung wie er ist. Die rauchigen Aromen ergänzen den PX und umgekehrt. Mindestens grundsolide! 86/100
Das hat Spaß gemacht
Christian: Es war ein toller Abend und wir hatten in der geselligen Runde viel Spaß und einen tollen Austausch, der auch über die 6 Drams hinausging. Andy war ein netter, kompetenter Begleiter der auch für eine Menge Entertainment gesorgt hat. Die Whisky waren lecker, leider war aber diesmal kein echter Überflieger dabei. Egal, wir hatten eine Menge Spaß und machen sowas verrücktes bestimmt mal wieder.
Tobias: Absolut hat sich das gelohnt. Das war ein großer Spaß. Vielen Dank an alle, die sich daran beteiligt haben. Wir hatten bekannte Gesichter dabei und neue, tolle Bekanntschaften gemacht. Und Andy hat alle am Ball gehalten. So soll es sein. Das verbindende Element: Wasser. Wasser der Lebens. Slàinte!
Bilder: Eigene Anfertigung | Samples: Von mcneills-whisky.de für das Tasting gekauft
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