
Quintett aus grauer Vorzeit
Fünf Blends, allesamt mit Tin Caps oder Spring Caps. Auf drei der fünf Flaschen steht „By Appointment to Her Majesty the Queen“, was auf die 1950er/60er hindeutet, bei den anderen beiden „By Appointment to the (late) King George VI“ und können somit zeitlich noch etwas früher verortet werden. Zwei stammen aus dem Hause Buchanan und zwei sind von John Haig, den Anfang macht jedoch ein Dewar:
White Label – Dewar’s Finest Scotch Whisky Of Great Age
Eichenfässer / Link zur Whiskybase
Seit 1898 ist die Geschichte von Dewar’s Blend eng mit der Aberfeldy-Brennerei verknüpft, weshalb ich jetzt mal davon ausgehe, dass hier ein guter Teil Aberfeldy im Mix enthalten ist.
Nose: Ich hatte heute ein Honigbrot zum Frühstück, das war nicht so intensiv. Es wimmelt nur so vor Bienenwaben, wachsigen Honigsorten mit halb auskristallisiertem Zucker, Apfelmet und Manuka. Doch auch Aprikosen-Bananen-Marmelade, verfeinert mit Vanille und Zimt, schafft es auf’s Brot. Der Sherry wird klebriger, wodurch Trockenfeigen, säuerlich-spritzige Orange und Haselnusscreme einen Schub erhalten. (88)
Taste: Honig und Früchte sind quasi verschwunden, übrig bleibt aber immer noch einiges: Dunkler Met, Bienenwachs, Tabak, Leder und Nüsse – sehr harmonisch. Der brotige Charakter wird um würziges Eichenholz und Möbelpolitur ergänzt. Hat einen metallischen Touch. (87)
Finish: Dezent und aromatisch. Die dunklen Bienenwachsnoten haben Leder und Tabak aufgesogen. Besonders die Haselnüsse ragen nochmal grasig, holzig und würzig hervor. (86)
Fazit: Hat sich gut gehalten, in der Nase sind teilweise richtig frische Aromen am Werke. Ein voluminöser Blend, der viele der heutigen 10- bis 12-jährigen Standards in die Tasche steckt. Hintenraus merkt man zwar, dass er etwas eintöniger wird und die Balance ist nicht mehr so ganz gegeben ist, aber das ist kaum der Rede wert.
Black & White – Buchanan’s Choice Old Scotch Whisky
Eichenfässer / Link zur Whiskybase
Wie der Dewar’s hat auch dieser Blend seine Ursprünge im 19. Jahrhundert. Der Lead-Malt könnte hier Dalwhinnie sein. Dieses Exemplar wurde wahrscheinlich in den 1950ern gebottled.
Nose: Staubig und aschig. Angekohltes Schwarzbrot wird von erdigen, muffigen und rostig-metallischen Tönen begleitet. Der Sherry ist recht wachsig, etwas süßlich und weniger fruchtig als beim Dewar’s, hat aber immerhin einen Hauch von Pflaumenmus. Dazu die malzigen Zitrusnoten eines Desperados und Vegetatives, wie grüne Paprika. (70)
Taste: Flach und müde, bringt wenig neues. Das verrostete Metall ist noch deutlicher. Außer dem verkohlten Schwarzbrot und wachsigem Sherry, dringt auch der Despo ein bisschen durch. (55)
Finish: Um es mit den Worten von James auszudrücken: ‚Huuuhh, I’ll kill that cat!‘ Ich mag Katzen, aber dieser Abgang ist grausam. (10)
Fazit: Erinnert mich auf unangenehme Weise an einen anderen B&W, den ich mal im Glas hatte, aber der war noch schlimmer. Es kann durchaus passieren, dass sich bei so alten Flaschen die Metallfolie auf der Innenseite der Caps abgelöst hat, wodurch ein gewisses Risiko für eine Metallvergiftung besteht – im Zweifel besser nicht trinken.
Buchanan’s „De Luxe“ – Finest Blended Scotch Whisky
Eichenfässer / Gradi 43° / Link zur Whiskybase
Quasi ein Schwesterblend von Black & White. Diese konkrete Edition war für den Export nach Italien an einen in Turin ansässigen Händler bestimmt gewesen.
Nose: Der dunkle Sherry ist wachsig und süß, wartet mit einigen roten Beeren und Mandarinen auf, wird dabei aber auch ein wenig fleischig – ölige Bratensoße und so. Dicke Kekse mit ganzen Nüssen und flüssigem Karamellkern. Salzgeladene Luft in einem feuchten Erdkeller, in dem Pilze gezüchtet werden. (83)
Taste: Sehr stringent, der Sherry bleibt sich treu, hat allerdings kaum mehr Fruchtkomponenten und wird stattdessen ziemlich ledrig. Die Nussbiskuits klammern sich am Karamell fest und im Erdkeller werden jetzt keine Pilze mehr gezüchtet, sondern uralte Akten eingeäschert und Salami gepökelt. Morsches Holz. (82)
Finish: Hua, das Holz morscht einem unter der Zunge weg. Ein Wimmelplatz für mineralische, aschige, nussige, erdige, ledrige und würzige Noten. Viele Tannine. (82)
Fazit: Auch dieser Buchanan hat an den Jahrzehnten in der Flasche gelitten. Der Sherry war von vornherein wohl nicht sonderlich hochwertig, die Nase verträgt Sauerstoff nicht so gut und beim Trinken wird er wässrig. Bietet aber auch einige schöne Akzente, die einem sonst nicht so häufig über den Weg laufen. Ich hoffe, die beiden Haig haben die Zeit besser überstanden.
Haig’s Dimple Scots
Eichenfässer / 70° Proof / Link zur Whiskybase
Ein Blend aus einer der größten schottischen Whisky-Dynastien – Haig. Der ‚Royal Warrant‘ bezieht sich noch auf den verstorbenen König George VI, daher vermute, dass dieser Abfüllung aus der Zeit um 1952/53 stammt.
Nose: Cremiger Sherry, sticky und wachsig mit einigen Orangen und Marzipan – im Prinzip wie bei den vorherigen Blends, nur etwas dezenter in der Präsentation. Abgesehen von einer Messerspitze Asche ist allerdings auch bereits viel von dem morschen, verfaulten Holz vorhanden. Daneben lässt sich immerhin eine gewisse Tropik erahnen. (75)
Taste: Trotz des dichten Geflechts aus öligem Sherry und feuchten Eichenholzdauben bleibt der Malt relativ flach und ereignislos. Gebäck, Bitterstoffe, Aschepartikel und Rost… eigentlich nicht der Rede wert. (65)
Finish: Tja, morsches Holz halt. Recht nussig bis grasig tatsächlich. Asche und Paraffine mit Sherryfragmenten im Schlepptau. (55)
Fazit: Satz mit i(e)cks. Auch dieser Blend lässt mich hängen. Die Flasche war äußerlich in Ordnung, aber es kommt eben auf die inneren Werte an. Letzter Versuch noch…
Haig’s Gold Label – Blended Scotch Whisky
Eichenfässer / kein Eintrag in der Base
Nun gut, auch Haig soll eine zweite Chance erhalten. Auf dem Etikett scheint der sechste George noch zu leben, regiert hat er jedenfalls von 1936 bis 1952, wobei ich vermute, dass die Flasche nach dem Ende des zweiten Weltkriegs befüllt worden ist.
Nose: Herrlich! Im wachsigen Honig sind allerlei heimische wie tropische Früchte eingeschlossen, Trockenfrüchte auch. Es geht zu, wie in einem Smoothie. Vor lauter Banane und Mangomarmelade, Rosinen und Aprikosen, roten Beeren und Orangenkompott dauert es einen Moment, bis man die ölige Haselnusscreme bemerkt. Ein Hauch von Lederpolitur liegt in der Luft. Eiche und Zartbitterschokolade wirken leicht rauchig. (91)
Taste: Extrem ölig, Möbelpolitur und Haselnusscreme treffen auf flüssige Zartbitterschokolade. In diesen nussigen, erdigen, würzigen Gefilden wandeln Leder, Tabak und Balsamico. Staubige und rauchige Akzente hangeln sich um’s Eichenholz. Bei den Früchten ist Fehlanzeige, bis auf so typische Old School-Komponenten wie Rosine und Orange. (88)
Finish: Leder und gemahlenes Eichenholz sind fest verankert. Haselnüsse und Mandeln wirbeln durch’s Gebälk. Ein paar Ascheflocken können sich halten. Erdig wird es, richtig ölig, wie feinstes Nussöl in Begleitung von Schweröl. (88)
Fazit: Die Frucht in der Nase steht so manchem Highlight aus den 70ern in nichts nach. Einfach nur krass, dass es nach über 70 Jahren so obstelt. Am Gaumen fehlt das ein bisschen, schwer zu sagen, ob es da mal fruchtig gewesen ist, anno dazumal. Nichtsdestotrotz hat der Blend auch da Gewicht und Klasse.
Verderbnis in verschiedenen Graden. Drei von fünf weisen Langzeitschäden auf – aber mit sowas muss man in dem Segment leider rechnen. Bei jahrzehntelanger Lagerung kann einiges schief gehen. Immerhin zwei – White Label und Gold Label – haben die Zeit gut überdauert und haben richtig Spaß gemacht im Glas und das ist für mich die Hauptsache.
Mehr zu: Blends & Blended Malts
Samples privat gekauft | Bilder von Cairdean (Dewar & Gold Label), eigenangefertigt (Profilbild) bzw. mit freundlicher Genehmigung der Whiskybase
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.